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KG Berlin, Beschluss vom 12. Februar 2016 – 22 W 93/15

§ 8 Abs 1 AktG, § 192 Abs 1 AktG, § 133 BGB, § 157 BGB

Eine Satzungsregelung, nach der das Grundkapital bedingt durch Ausgabe von Nennbetragsaktien erhöht wird, verstößt trotz Einteilung des Grundkapitals in Stückaktien nicht gegen § 8 Abs. 1 AktG, wenn eine Auslegung auf objektiver Grundlage ergibt, dass hier eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt.

Nach § 192 Abs. 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft eine Erhöhung des Grundkapitals beschließen, die nur so weit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird. Der Beschluss über eine solche bedingte KapitalerhöhungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
bedingte Kapitalerhöhung
Kapitalerhöhung
muss den Erfordernissen des § 193 AktG genügen und ist nach § 195 Abs. 1 AktG zum Handelsregister anzumelden und einzutragen. Diesen Anforderungen genügt der Beschluss vom 11. Mai 2009. Der Beschluss ist auch nicht nach § 241 Nr. 3 AktG wegen eines Verstoßes gegen § 8 Abs. 1 AktG nichtig. Denn anders als die zugleich gefasste Satzungsregelung geht der Beschluss über die bedingte KapitalerhöhungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
bedingte Kapitalerhöhung
Kapitalerhöhung
von einer Erhöhung durch Ausgabe von auf den Inhaber lautenden Stückaktien aus.

Der Wirksamkeit der beschlossenen bedingten Kapitalerhöhung steht auch nicht die Fassung des § 5 Abs. 4 der Satzung entgegen. Die Regelung sieht allerdings, wie das Amtsgericht zu Recht beanstandet, die bedingte Ausgabe von Nennbetragsaktien vor. Dies steht im Widerspruch zu § 5 Abs. 1 der Satzung, nach dem das Grundkapital in Stückaktien eingeteilt ist, und zu dem Beschluss vom 11. Mai 2009, nach dem eine bedingte Erhöhung durch Stückaktien erfolgen soll. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 8 Abs. 1 AktG kann das Grundkapital aber nur entweder in Stückaktien oder in Nennbetragsaktien unterteilt werden (vgl. BegrRegE zum StückAG, BT-Drs. 13/9573, S. 14; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 8 Rdn. 4; Münchener Kommentar zum AktG/Heider, 4. Aufl., § 8 Rdn. 43). Die Satzungsregelung in § 5 Abs. 4 wäre daher auf der Grundlage ihres Wortlautes gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG unwirksam. Die Regelung ist allerdings grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Diese hat auf einer objektiven Grundlage zu erfolgen, so dass es nicht allein auf die Absichten der Verfasser der Regelung des § 5 Abs. 4 ankommen kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Oktober 21993, II ZR 155/92, BGHZ 123, 347 = NJW 1994, 51; Urteil vom 26. November 2007, II ZR 227/06, NJR-RR 2008, 309 = WM 2008, 540). Denn die Regelungen wenden sich an eine unbekannte Vielzahl von Adressaten, sei es, dass diese bereits Gesellschafter sind oder auch nur Gesellschafter werden wollen. Insoweit kommt es dann aber nicht nur auf den Wortlaut, Zweck und die systematische Stellung der Regelung an, sondern zur Auslegung sind auch alle allgemein zugänglichen Unterlagen heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2007, II ZR 227/06, NJR-RR 2008, 309 = WM 2008, 540; Hüffer/Koch, aaO, § 23 Rdn. 39). Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Regelung in § 5 Abs. 4 offensichtlich fehlerhaft ist und aus diesem Grund dahin verstanden werden muss, dass sich die bedingte KapitalerhöhungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
bedingte Kapitalerhöhung
Kapitalerhöhung
auf Stückaktien bezieht, wie dies auch in dem Beschluss vom 11. Mai 2009 zum Ausdruck kommt. Der Wortlaut des Beschlusses vom 11. Mai 2009 ist zwar nicht in das Register eingetragen worden. Er ergibt sich auch nicht ausdrücklich aus dem Protokoll der Versammlung vom 11. Mai 2009. Denn dort wird nur auf die Beschlussvorschläge aus der Einladung zur Hauptversammlung Bezug genommen. Gerade diese Einladung ist aber öffentlich zugänglich, weil sie von der Gesellschaft bekannt zu machen war und demgemäß etwa auch über das Unternehmensregister einsehbar ist, vgl. §§ 121 Abs. 4 Satz 1, 25 Satz 1 AktG in Verbindung mit § 8b Abs. 2 Nr. 5 HGB. Darüber handelt es sich im vorliegenden Fall um eine börsennotierte Gesellschaft, so dass darüber hinaus § 121 Abs. 4a AktG gilt. Ist danach die Regelung des § 5 Abs. 4 dahin zu verstehen, dass eine bedingte KapitalerhöhungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Kapitalerhöhung
mit Stückaktien vorgesehen ist, kommt es nicht mehr auf die vom Amtsgericht aufgeworfene Frage an, ob es für die bedingte KapitalerhöhungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
bedingte Kapitalerhöhung
Kapitalerhöhung
tatsächlich einer (wirksamen) Satzungsregelung bedarf.

Schlagworte: Auslegung der Satzung, Auslegungsregeln, Ergänzende Vertragsauslegung, objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags, Vertragsauslegung