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KG, Urteil vom 04.12.2007 – 7 U 77/07

§ 9a Abs 4 GmbHG, § 242 BGB, § 631 Abs 1 BGB

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Durchgriffshaftung von GmbH Gesellschaftern, nach denen deren persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
in Betracht kommt, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist, kommen auch dann zur Anwendung, wenn jemand als faktischer GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
faktischer Geschäftsführer
Geschäftsführer
einer GmbH einen Strohmann eingesetzt und keine ordnungsgemäße Buchführung veranlasst bzw. vorgenommen hat. Wenn jemand sich eines formellen Gesellschafters und Geschäftsführers als Strohmann bedient, kann es nicht darauf ankommen, dass er selbst formell kein Gesellschafter der GmbH ist. Das ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 9a Abs. 4 GmbHG. Wenn die Rechtsfigur der GmbH ausschließlich benutzt wird, um sich der persönlichen Haftung für die eingegangenen Verbindlichkeiten zu entziehen, liegt darin, dass ein Beklagter sich nur der Hülle der GmbH bedient hat, um der Eigenhaftung zu umgehen, ein missbrauch, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu seiner Durchgriffshaftung führt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Haftung
persönliche Haftung
von GmbH Gesellschaftern in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist; denn dann können die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen ist, nicht funktionieren. Dies kann es rechtfertigen, ausnahmsweise den Gläubiger außer dem nicht mehr wirksam geschützten Haftungsfond der Gesellschaft das Privatvermögen der Gesellschafter zur Verfügung zu stellen (BGH NJW 1994, 1801 f, m.w.N.). Generell wird von der Rechtsprechung eine Durchgriffshaftung auf den Gesellschafter einer GmbH dann zugelassen, wann die Verwendung der Rechtsfigur der juristischen Person dem Zweck der Rechtsordnung widerspricht, sie also missbraucht wird, oder die Berufung auf die förmliche Verschiedenheit zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gegen Treu und Glauben verstößt (BGHZ 22, 226 ff, 230).

Von einer „Vermögensvermengung“ zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, die trotz gesellschaftsrechtlich einwandfrei begründeter Haftungsbeschränkung unter Umständen zu einer persönlichen Inanspruchnahme der Gesellschafter führen kann, ist auszugehen, wenn sich nicht ermitteln lässt, welcher Vermögensgegenstand zum Gesellschafts- und welcher zum Privatvermögen gehört. Das wird in der Regel nur der Fall sein, wenn das Gesellschaftsvermögen in den Büchern der Gesellschaft unzureichend ausgewiesen, die Buchführung aus anderen Gründen undurchsichtig oder die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern sonst verschleiert worden ist. Die deutliche, aus den Büchern zu belegende Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für die beschränkte HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
beschränkte Haftung
Haftung
, die die Gesellschafter von Rechts wegen durch die Errichtung von Kapital- oder Kommanditgesellschaften mit jeweils eigenem Gesellschaftsvermögen herbeiführen können; die zum Schutze der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Kapitalerhaltungsvorschriften beruhen geradezu darauf, dass ein selbständiges Gesellschaftsvermögen gebildet und seinem Umfange nach vom Eigenvermögen der Gesellschafter abgegrenzt feststellbar bleibt (BGH NJW 1985, 740).

Diese Grundsätze der Durchgriffshaftung sind auf den Beklagten anzuwenden. Es kommt nicht darauf an, dass der Beklagte formell kein Gesellschafter der B&S war. Er hat sich insoweit unstreitig der formellen Gesellschafterin und Geschäftsführerin C… B… als Strohfrau bedient. Zwar ist Frau B… damit rechtswirksam die Stellung einer Gesellschafterin erlangt und muss sich im Außenverhältnis gegenüber Dritten als solche behandeln lassen (BGH WM 1971, 306). Das schließt aber nicht aus, die Grundsätze der Durchgriffshaftung auch auf den Beklagten anzuwenden; denn nicht zuletzt aus seiner verantwortlichen Vernehmung im Strafverfahren 22 Ds 127/04 vor dem Amtsgericht Rostock und dem Bericht des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt D… vom 15. April 2002 (Anl. K 17, Bl. 91 R ff. d.A.) folgt, dass der Beklagte wirtschaftlich Träger der B&S war. Er hatte mit 24.500,00 DM den wesentlichen Anteil des Stammkapitals in Höhe von insgesamt 25.000,00 DM Frau B… zur Verfügung gestellt, weil er wegen seiner Alkoholprobleme nicht „in der ersten Reihe“ stehen wollte. Dieses Geld hatte er sich geliehen und musste es auch wieder zurückzahlen. Den Notartermin zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages hatte er organisiert. Die Geschäfte der B&S hat er aufgrund einer von Frau B… erteilten Generalvollmacht alleine wahrgenommen und auch die Verträge mit der Bauherrin und der Klägerin für die B&S abgeschlossen. Irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten der B&S, an denen Frau B… beteiligt war, gab es nicht. Deshalb muss der Beklagte sich gegenüber der Klägerin so behandeln lassen, als sei er der Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der B&S gewesen.

Dass der Beklagte wie ein Gesellschafter verantwortlich ist, ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 9 a Abs. 4 GmbHG. Nach dieser Vorschrift sind neben den Gesellschaftern solche Personen in gleicher Weise verantwortlich, für deren Rechnung die Gesellschafter Stammeinlagen übernommen haben. Das ist hier unstreitig der Fall; die Strohfrau B… hat die Stammeinlage in Höhe von 24.500,00 DM unstreitig für Rechnung des Beklagten übernommen. Unter diesen Umständen verstößt die Berufung des Beklagten auf die Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern gegen Treu und Glauben (vergl. Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbH- Gesetz, 18, Aufl. § 13 Rdn. 10 m.w.N.). Hier wird die Rechtsfigur der GmbH ausschließlich benutzt, um sich der persönlichen Haftung für die eingegangenen Verbindlichkeiten zu entziehen. Es ist bereits fraglich, ob unter diesen Umständen nicht von einem Eigengeschäft des Beklagten auszugehen ist. Jedenfalls liegt darin, dass der Beklagte sich nur der Hülle der GmbH bedient hat, um der Eigenhaftung zu umgehen, ein missbrauch, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zur Durchgriffshaftung des Beklagten führt.

Schlagworte: Durchgriffshaftung, faktischer Geschäftsführer, Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter, Rechtsmissbrauch, Strohmann, Treu und Glauben, undurchsichtige Buchführung, Vermischung von Gesellschafts- und Privatvermögen, Vermögensvermischung