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LG Bielefeld, Urteil vom 28.08.2015 – 17 O 45/15

§ 47 Abs 1 GmbHG

1. Eine Stimmpflicht der Gesellschafter, die im Rahmen der Satzung grundsätzlich nach ihrem Ermessen Beschlüsse fassen oder Unterlassen können, ist ausnahmsweise zu bejahen, wenn ein bestimmter Beschluss im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
im Interesse der Gesellschaft
oder Mitgesellschafter objektiv unabweisbar notwendig und subjektiv auch für den widerstrebenden Gesellschafter zumutbar ist. Dies gilt u.a. für ein Vorgehen gegen Geschäftsführer, insbesondere für deren Abberufung, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt und das Unterlassen der Maßnahme den Bestand der Gesellschaft oder die Gesellschafterinteressen nachhaltig gefährdet.

Eine Stimmpflicht der Gesellschafter, die im Rahmen der Satzung grundsätzlich nach ihrem Ermessen Beschlüsse fassen oder Unterlassen können, ist ausnahmsweise zu bejahen, wenn ein bestimmter Beschluss im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
im Interesse der Gesellschaft
oder Mitgesellschafter objektiv unabweisbar notwendig und subjektiv auch für den widerstrebenden Gesellschafter zumutbar ist (Scholz-Karsten Schmidt aaO m.w.N.). Hauptfälle sind Satzungsänderungen, die unausweichlich sind, um den Bestand der Gesellschaft zu sichern. Auch für Einzelmaßnahmen kann es Stimmpflichten geben, wenn ebenso gewichtige Gründe vorliegen. Das gilt auch für ein Vorgehen gegen Geschäftsführer, insbesondere für deren Abberufung, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt und das Unterlassen der Maßnahme den Bestand der Gesellschaft oder die Interessen der GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
Interessen der Gesellschafter
nachhaltig gefährdet (aaO).

2. Ist eine von einem Gesellschafter behauptete vorsätzliche unwahre Aussage eines Geschäftsführers nicht festzustellen kann dieser behauptete Umstand keine Stimmpflicht des Mitgesellschafters begründen.

Der Hauptvorwurf des Klägers geht dahin, dass der Geschäftsführer U. bei seiner Zeugenaussage am 10.11.2014 vorsätzlich die Unwahrheit gesagt habe.Der Kläger will dies im wesentlichen damit beweisen, dass an dem als Tag des Telefonates genannten Datum des 25.06.1994 der schwer erkrankte und auf der Intensivstation des Universitätsklinikums N. befindliche B. T. ausweislich der Krankenunterlagen zu einem Telefongespräch nicht mehr in der Lage gewesen sei.Nach Wertung der Kammer ist durch die vorgelegten Unterlagen bislang nicht hinreichend bewiesen, dass Herr B. T. am 25.06.1994 zu „keiner bewussten Kommunikation“, also auch zu keinem Telefongespräch, mehr fähig gewesen sei. Der Hinweis in der vorgelegten ärztlichen Konsilsanforderung vom 30.06.1994, dass der Patient seit dem 24.06.1994 beatmungspflichtig sei (Anlage K 11), sagt nicht zwingend, dass Herr B. T. intubiert gewesen wäre; eine Beatmung ist auch durch einen Nasenschlauch denkbar, was ein Telefonat nicht hindern würde. Selbst eine Intubierung kann aber zeitweise unterbrochen werden. Der weiterhin vorgelegte „Pflegebericht“ vom 25.06.1994 (Anlage K 11) lässt nicht ohne weiteres erkennen, dass eine bewusste Kommunikation unmöglich gewesen wäre; dort ist nur von guter Sedierung und Relaxierung die Rede. Dem Antrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten über B. T.“ Kommunikationsfähigkeit anhand der Krankenunterlagen einzuholen, braucht die Kammer nicht nachzugehen. Denn selbst wenn man unterstellt, dass Herr B. T. am 25.06.1994 unfähig war, das vom Zeugen U. geschilderte Telefongespräch zu führen, kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Zeuge U. bewusst die Unwahrheit gesagt und womöglich das ganze Gespräch erfunden hätte, um Herrn C. T. sen. in dessen Prozess zu helfen. Wie das gerichtliche Protokoll vom 10.11.2014 zeigt, berichtete der Zeuge über zwei Gelegenheiten, bei denen eine paritätische Beteiligung des Bruders C. T. sen. zur Sprache kam. Die zweite Gelegenheit habe Ende Juni 1994, also nach der Nierentransplantation im Jahre 1994, stattgefunden. Der Zeuge berichtete über ein Telefongespräch und dessen Inhalt zunächst, ohne ein genaues Datum zu nennen. Danach beantwortete der Zeuge Nachfragen des Gerichtes; diese bezogen sich nicht auf den genauen Zeitpunkt des Gespräches, sondern darauf, ob über eine eventuelle Gegenleistung von C. T. für die Übertragung von GeschäftsanteilenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Übertragung
Übertragung von Geschäftsanteilen
gesprochen worden sei. Danach stellte der Anwalt des Klägers Fragen zu den Umständen des Telefonates, wobei der Zeuge sagte, das Telefonat habe an einem Samstag gegen halb drei Uhr stattgefunden. Als der Anwalt des Klägers unter Hinweise auf den Sachvortrag des C. T. sen. ein Gespräch vom 25.06.1994 erwähnte und fragte, ob es das gewesen sein könnte, bejahte der Zeuge das und fügte hinzu, er meine, es der 25.06.1994 gewesen; dieses Datum müsse dann ein Samstag gewesen sein; er müsste nachsehen, ob der 25.06.1994 sein Samstag gewesen sei. Er wisse das deshalb noch so genau, weil einen Tag nach B.s Tod seine – U’s Familie – in Urlaub gefahren sei und weil am 07.07. seine Frau Geburtstag habe.Dieser Ablauf der Zeugenaussage ergibt sich sowohl aus dem gerichtlichen Protokoll als auch aus dem Kläger vorgelegten Wortprotokoll; beide ergeben ein übereinstimmendes Bild. Danach ist es so, dass der Zeuge nicht von sich aus, sondern auf Vorhalt den Termin des 25.06.1994 genannt hat und sich auf diesen nicht eindeutig festgelegt hat, sondern vorbehaltlich einer Überprüfung. Von sich aus hat der Zeuge den Zeitraum Ende Juni 1994 angegeben, wozu allerdings das Datum des 25.06.1994 gut passt. Da der Zeuge von sich aus das streitige Datum nicht als Datum, an das er sich präzise erinnert, sondern nur als ein nach den Umständen passendes Datum genannt hat, ist nicht der Schluss gerechtfertigt, er habe das Datum vorsätzlich erfunden oder er habe das Datum ins Blaue hinein bestätigt. Da vielmehr schon nach dem Wortlaut der Aussage die Möglichkeit offenbleibt, dass das genannte Datum nicht das wirkliche Gesprächsdatum ist, ist kein sicherer Schluss auf eine böse Absicht des Zeugen möglich; vielmehr ist ein Irrtum des Zeugen nicht fernliegend.Es kommt hinzu, dass nach aller Erfahrung die wenigsten Zeugen bei über zwanzig Jahre zurückliegenden Ereignissen über alle Einzelheiten, auch Nebenpunkte, noch ein sicheres Wissen haben, dass sich vielmehr bei ihnen oft beim Nachdenken über die Ereignisse eine subjektive Gewissheit auch über Nebenpunkte einstellt. Eine unrichtige bzw. widerlegbare Aussage über solche Nebenpunkte erlaubt nicht den Vorwurf der bewussten Falschaussage und lässt auch keine Schlüsse auf eine Unrichtigkeit der Kernaussage zu.Soweit der Kläger behauptet, der Zeuge habe mit Herrn C. T. sen. seine Aussage abgesprochen, er habe in der Absicht, die Aussage glaubhafter zu machen, viele Details bekundet und das Datum des angeblichen Gespräches nahe an den Todeszeitpunkt des Herrn B. T. gerückt, aber ausweislich der Krankenakte zu nahe an den Todeszeitpunkt, und der Zeuge habe mit dieser Aussage Herrn C. T. sen. gefällig sein wollen, handelt es sich um bloße Verdächtigungen des Klägers. Der Inhalt der Zeugenaussage gibt keinen Anlass zu solchen Verdächtigungen.Dass Herr C. T. sen. zur Vorbereitung seines Prozessvortrages ein Gespräch mit Herrn U. geführt hat, ist nicht fernliegend, aber auch nicht beanstandenswert, da Herr T. über dieses Gespräch nur von Herrn U. Informationen bekommen konnte. Sollte der Zeuge U. schon in diesem Vorgespräch das Datum des 25.06.1994 erwähnt haben, so besagt das nichts, außer dass der Zeuge sich dann schon damals so geirrt hätte, wie auch bei der späteren Zeugenvernehmung. Dass C. T. sen. dieses Datum zu seinem Sachvortrag gemacht hat, beweist im übrigen nicht, dass das Zeuge damals dieses Datum genannt hat; es kann durchaus sein, dass der Zeuge nur den Zeitraum angab und dass Datum von Herrn C. T. sen. erschlossen wurde.Die Zeugenaussage des Herrn U. widerlegt sich auch entgegen der Meinung des Klägers nicht dadurch, dass der Zeuge nicht bekundet hat, nach diesem wichtigen Telefonat andere für das Unternehmen wichtige Personen davon verständigt zu haben. Insbesondere, soweit es dabei um Familienangehörige der Familie T. geht, durfte Herr U. wohl davon ausgehen, dass diese Kommunikation zwischen den Brüdern und Verwandten direkt verlaufen würde.Schließlich ergibt sich auch nichts aus der vom Kläger für wahr gehaltenen Aussage des Zeugen, es habe noch im Jahre 1993 heftige Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern T. gegeben. Denn das besagt nicht, das B. T. unmöglich die Absicht gehabt haben kann, seinem Bruder die Parität im Unternehmen zu gewähren. Vielmehr ist es möglich, dass B. T. aus Anlass seiner sich verschlechternden schweren Erkrankung sich entschlossen hat, der Forderung seines Bruders nach Parität nachzukommen, um diesen im Unternehmen zu halten und das Unternehmen auch nach B.s Ausscheiden oder gar Tod für die Familie zu bewahren. Da eine vorsätzliche unwahre Aussage des Herrn U. nicht festzustellen ist, kann dieser Umstand keine Stimmpflicht des Herrn C. T. sen. begründen, so dass es auf weitere Fragen in diesem Zusammenhang, etwa ob Unternehmensinteressen einer Abberufung entgegenstehen, nicht mehr ankommt.Der bloße Umstand, dass der Kläger Herrn U. einer Falschaussage verdächtigt und das Vertrauen zu ihm verloren hat, begründet keine Stimmpflicht des Mitgesellschafters C. T. sen., der das Vertrauen in Herrn U. noch hat und Herrn T. für das Unternehmen für wichtig hält.

Schlagworte: Abberufung aus wichtigem Grund, Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund, im Interesse der Gesellschaft, ordentliche Gesellschafterversammlung, Stimmpflicht für Mitgesellschafter, Stimmpflichten