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LG Düsseldorf, Urteil vom 03. Februar 2017 – 10 O 239/15

§ 280 Abs 1 BGB, § 159 HGB, § 160 HGB, § 171 HGB, § 172 Abs 4 HGB, § 30 GmbHG, § 31 GmbHG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der „…“ Verwaltungs- und Bereederungsgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: „Fondsgesellschaft“), einem geschlossenen Schiffsfonds.

Die Beklagte zu 1) ist freie Anlageberaterin. Die Beklagte zu 2) ist Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft.

Der 1947 geborene Kläger war bei Zeichnung des Fonds Elektrotechniker. Er beteiligte sich zwischen 1996-2007 an mindestens 18 geschlossenen Fonds, einschließlich Schiffsfonds und Medienfonds, von denen er 15 bereits vor der hiesigen Zeichnung zeichnete. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageerwiderung (Bl. 53) Bezug genommen.

Zu einem gegen Anfang Februar 2006 liegenden Zeitpunkt, der zwischen den Parteien streitig ist, übersandte die Beklagte zu 1) den Prospekt, der als Anl. K2 zur Akte gereicht worden ist, zu der streitgegenständlichen Beteiligung. Der Kläger überflog den Prospekt jedenfalls „grob“. Mit der seitens des Klägers unter dem 10.02.2006 unterschriebenen Beitrittserklärung trat er der Fondsgesellschaft mit einer Einlage i.H.v. 20.000,00 EUR zzgl. 5 % Agio i.H.v. 1000,00 EUR bei. Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.

In den Jahren 2007 und 2010 erhielt der Kläger Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 2700,00 EUR. Er erhielt in den Jahren 2010 und 2012 Geschäftsberichte hinsichtlich der Fondsgesellschaft. Der Geschäftsbericht für das Jahr 2012 wies auf eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung hin.

Mit Güteantrag vom 29.12.2013 (Anl. K4) leitete der Kläger ein Güteverfahren ein, unter anderem gegen die Beklagten. Die Gütestelle bescheinigte das Scheitern des Schlichtungsverfahrens mit Schlichtungszeugnissen vom 19.01.2014 und 01.04.2014.

Der Kläger behauptet, mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) habe er ein 5-minütiges Beratungsgespräch über die Beteiligung geführt, nach dem dieser an den Kläger herangetreten sei. Darin sei er weder anleger- noch objektgerecht beraten worden. Er habe keine „vertieften“ Vorerfahrungen bezüglich geschlossener Schiffsfonds gehabt. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) habe unzutreffende Anpreisungen getätigt und vom Prospekt abweichende, beschönigende Angaben gemacht. Hinsichtlich der Risiken habe er den Kläger nicht aufgeklärt. Wegen der Einzelheiten der Anpreisungen und Mängel der Risikoaufklärung, wie sie der Kläger behauptet, wird auf Bl. 6 und 7 der Akte Bezug genommen. Der Prospekt habe weniger als eine Woche vor der Zeichnung vorgelegen. Der Kläger rügt zudem zahlreiche Prospektfehler. Er sei zudem nicht über Provisionen und Rückvergütungen aufgeklärt worden. Bei zutreffender Aufklärung und fehlerfreiem Prospekt hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet. Ihm sei ein Schaden in Höhe der Zeichnungssumme abzüglich der Ausschüttungen entstanden; Steuervorteile seien ihm nicht anzurechnen, weil sie nicht außerordentlich hoch seien. Ihm stünden zudem Zinsen in Höhe von 4 % p. a. als entgangener Gewinn zu. Die Rechenschaftsberichte habe er nicht gelesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten „samtverbindlich“ zu verurteilen, an ihn 18.300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. vom 10.02.20061) bis 31.03.2014 hinsichtlich der Beklagtenpartei zu 1.,2) bis 09.01.2014 hinsichtlich der Beklagtenpartei zu 2.und 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz1) seit 01.04.2014 hinsichtlich der Beklagtenpartei zu 1.,2) seit 10.01.2014 hinsichtlich der Beklagtenpartei zu 2.,zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Vermögensrechte der Klagepartei aus ihrer Beteiligung an der „…“ Verwaltungs- und Bereederungsgesellschaft mbH & Co. KG über EUR 20.000,00 vom 10.02.2006;

2. die Beklagten „samtverbindlich“ zu verpflichten, ihn von allen seinen Verpflichtungen, die ihn aus seiner Beteiligung an der „…“ Verwaltungs- und Bereederungsgesellschaft mbH & Co. KG über 20.000,00 EUR vom 10.02.2006 treffen, freizustellen;

3. festzustellen, dass die Beklagten ihm samtverbindlich sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen haben, die ihm aus der Beteiligung an der „…“ Verwaltungs- und Bereederungsgesellschaft mbH & Co. KG entstehen;

4. festzustellen, dass sich die Beklagtenpartei zu 1. seit 01.04.2014 und die Beklagtenpartei zu 2. seit 10.01.2014 mit den Leistungen der Klageanträge Ziffer 1. – 3. in Annahmeverzug befinden;

5. die Beklagten samtverbindlich zu verpflichten, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.546,01 EUR zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, beim Kläger habe es sich um einen erfahrenen Anleger gehandelt. Der Kläger sei durch den rechtzeitig übergebenen und fehlerfreien Prospekt ausreichend über die angestrebte Beteiligung informiert worden und habe darauf selbst den Zeitpunkt der Zeichnung gewählt. Sie bestreiten die Kausalität etwaiger Beratungsfehler und Prospektfehler. Im Übrigen reden sie Verjährung ein.

Die Beklagte zu 1) behauptet, es habe kein Beratungsgespräch stattgefunden, da sie solche generell nicht führe. Daher könne auch der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) keine falschen Angaben zu Risiken oder falsche Anpreisungen getätigt haben.

Die Beklagte zu 2) bestreitet das Stattfinden und den vorgetragenen Inhalt angeblichen Beratung mit Nichtwissen. Sie bestreitet ihre Passivlegitimation hinsichtlich einer etwaigen nicht anlegergerechten Beratung sowie etwaiger Anpreisungen durch die Beklagte zu 1).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zu.

1. Gegen die Beklagte zu 1) folgt ein solcher Anspruch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB als der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.

a) Entgegen der Darstellung des Klägers wurde die Beklagte zu 1) nicht als Anlageberaterin, sondern nur als Vermittlerin tätig.

Einen Anlageberater wird der Kapitalanleger im Allgemeinen hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (BGH, Urteil vom 13.05.1993, Az. III ZR 25/92; Urteil vom 18.04.2013, Az. III ZR 83/12). Dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Emission im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat und deshalb einem Handelsvertreter oder Verkäufer ähnlich dafür wirbt, tritt der Anlageinteressent dagegen selbstständiger gegenüber. An ihn wendet er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussage im Vordergrund steht. Daher zielt der Vertrag, der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zu Stande kommt, lediglich auf Auskunftserteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 25.11.1981, Az. IV ZR 286/80; Urteil v. 19.10.2006, Az. III ZR 122/05).

Ein solches Tätigwerden als Vermittler hat die Beklagte zu 1) substantiiert dargelegt, indem sie vorgetragen hat, sie versende auf Anfrage Emissionsprospekte an Interessenten, die dann den Zeichnungsschein ausgefüllt zurücksenden. Soweit sie vorträgt, ein Beratungsgespräch habe nie stattgefunden, tritt der Kläger dem nicht mit Substanz entgegen. Hinsichtlich eines Datums verweist er nur auf das Datums des Zeichnungsscheins. Diese Angabe hat die Klägerin im weiteren Lauf des Rechtsstreits insofern korrigiert, dass das Gespräch „etwa eine Woche“ vor der Zeichnung stattgefunden habe. Jedoch trägt der Kläger weder vor, ob das Gespräch in einem Geschäftslokal, etwa der von ihm genannten VR-Bank oder dem Geschäftssitz der Beklagten zu 1) in Münster, oder telefonisch stattgefunden habe. Demgegenüber räumt er aber ein, dass ihm tatsächlich der Prospekt postalisch zugeschickt worden sei.

b) Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit dem Bond-Urteil zu behandeln ist, zustandegekommen ist, oder lediglich ein Anlagevermittlungsvertrag. Auch nach dem weitergehenden Pflichtenkreis eines Anlageberaters lässt sich ein Beratungsfehler nicht feststellen.

Aus einem Anlageberatungsvertrag ist der Berater zur vollständigen und richtigen Anlageberatung verpflichtet.

aa) Inhaltlich hängt die konkrete Ausgestaltung der dem Berater obliegenden Pflichten von den Umständen des Einzelfalles ab, namentlich der Person des Kunden einerseits und dem konkreten Anlageprodukt andererseits (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1993, Az. XI ZR 12/93). Zu den in der Person des Kunden liegenden, die sogenannte anlegergerechte Beratung prägenden Umständen gehören insbesondere dessen – unter anderem durch seine Anlageerfahrung bestimmter – Wissensstand, seine Risikobereitschaft und sein Anlageziel. Hinsichtlich des Anlageobjektes hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dies sind sowohl allgemeine Risiken wie die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes als auch spezielle Risiken, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes ergeben, also bei Finanzmarktprodukten etwa Kurs-, Zins- und Währungsrisiko (vgl. BGH, ebd.). Im Unterschied zum Anlagevermittler schuldet der Berater nicht nur eine zutreffende, vollständige und verständliche Mitteilung der für den Anlageentschluss relevanten Tatsachen, sondern darüber hinaus eine fachmännische Bewertung, um eine dem Anleger und der Anlage gerecht werdende Empfehlung abgeben zu können (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2009, Az. XI ZR 338/08). Während die dem Kunden geschuldete Aufklärung über die relevanten Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2006, Az. XI ZR 63/05).

Die danach von dem Berater geschuldete Aufklärung kann grundsätzlich sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Die Aushändigung eines Verkaufsprospekts ist eines von mehreren Mitteln für den Berater, die ihm obliegende Informationspflicht zu erfüllen. Dies ist für die Informationspflicht des Anlagevermittlers anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2006, Az. III ZR 205/05); für die Informationspflicht des Anlageberaters gilt dies ebenso. Sofern das übergebene Material nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann, genügt der Berater mit der Übergabe des Informationsmaterials seiner Aufklärungspflicht; anderes gilt, wenn der Berater mit von dem Prospekt abweichenden mündlichen Erklärungen ein Bild zeichnet, das die schriftlichen Hinweise entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. BGH, Urteil vom 19.06.2008, Az. III ZR 159/07) oder durch mündliche Erklärungen den Eindruck erweckt, der Interessent erhalte hierdurch – mündlich – die allein maßgebliche, vollständige Aufklärung und brauche sich den Prospekt überhaupt nicht (mehr) anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2007, Az. III ZR 145/06). Nichts Anderes kann gelten, wenn der Kunde zu erkennen gibt, das schriftliche Aufklärungsmaterial nicht zu verstehen, oder weiterführende Fragen stellt.

Die Beweislast für eine Verletzung dieser Aufklärungs- und Beratungspflichten trägt diejenige Partei, die sie behauptet, wobei die hierdurch für den Anleger mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten dadurch ausgeglichen werden, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vortragen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll; anschließend obliegt dem Anleger der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.2009, Az. XI ZR 152/08).

Daran gemessen ist eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nicht feststellbar.

bb) Dies gilt zunächst für die Frage der anlegergerechten Beratung. Eine entsprechende Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) hat der Kläger nicht dargetan.

Dass die Beteiligung an der Fondsgesellschaft seinen Anlagezielen und seinen für die Beklagte zu 1) erkennbaren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprach, lässt sich vor dem Hintergrund der von dem Kläger seit dem Jahr 1996 erworbenen Vielzahl geschlossener Beteiligungen, überwiegend Schiffsfonds, nicht feststellen. Angesichts der bereits vor dem ersten Kontakt zu der Beklagten zu 1) hinsichtlich der hier gegenständlichen Beteiligung von dem Kläger erworbenen über 10 Schiffsbeteiligungen war diese auch zu einer besonderen Ermittlung seiner Anlagezielen nicht verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2005, Az. XI ZR 363/04). Er macht auch nicht geltend, hinsichtlich sämtlicher zuvor erworbener Schiffsbeteiligungen davon ausgegangen zu sein, dass diese bereits ihrer Struktur nach keinerlei Kapitalverlustrisiken aufgewiesen hätten.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Behauptung des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) habe die streitgegenständliche Beteiligung als sichere Geldanlage angepriesen, die sich zur Altersvorsorge eigne. Insoweit ist dem Kläger bereits entgegen zu halten, dass der Begriff der „sicheren Anlage“ einer eindeutigen Definition nicht zugänglich ist. So ist allgemein bekannt, dass einem Kapitalanleger, der sein Geld nicht in ein Sparbuch, in Festgeld, Tagesgeld, Einlagen oder Kontensparpläne investiert, faktisch überhaupt keine sicheren Anlagen in dem Sinne angeboten werden können, dass ein (Teil-)Verlust des angelegten Kapitals in jedem Fall ausgeschlossen ist. Ebenfalls allgemein bekannt ist, dass bei Anlagen Rendite und Risiko insofern in einem Zusammenhang stehen, als eine erhöhte Rendite nur mit einem erhöhten Risiko einhergehen kann. Dies bedeutet, dass eine absolute Kapitalsicherheit erst recht nicht vorliegen kann, wenn die Anlage mit Renditeaussichten aufwarten soll, die den inflationsbedingten Geldwertverlust übersteigen. Die „Sicherheit“ einer Anlage ist vor diesem Hintergrund ein relativer Begriff und stellt, treten nicht weitere konkrete Vorgaben eines Anlegers hinzu, lediglich eine Abgabe eines Wahrscheinlichkeitsurteils dar.

cc) Auch eine nicht objektgerechte Beratung ist auf der Grundlage des klägerischen Vortrags nicht erkennbar.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger hinsichtlich der allgemeinen Risiken geschlossener Schiffsbeteiligungen in Anbetracht der hohen Anzahl der zuvor gezeichneten geschlossenen Schiffsfonds überhaupt noch aufklärungsbedürftig war. Die Pflichten zur Beratung und Information des Kunden bestehen nur, soweit dies durch die interessen des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang des beabsichtigten Geschäftes erforderlich ist. Daran kann es fehlen, wenn der anstehende Erwerb von Anlageprodukten dem bisherigen Anlageverhalten entspricht. In einem solchen Fall ist eine nochmalige Aufklärung über Aspekte, die dem Anleger aus seinem bisherigen Anlageverhalten geläufig sind, entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2011, Az. XI ZR 178/10 [unter B II 2 c bb (2)]). So gehören die die Einordnung als unternehmerische Beteiligung, das Verlustrisiko bis zum Totalverlust, die eingeschränkte Fungibilität („kein Zweitmarkt vorhanden“), das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB und die Unterschiede zu offenen Fonds zu den allgemeinen Risiken geschlossener Beteiligungen. Soweit der Kläger insofern vorträgt, er habe hinsichtlich der vorherigen Beteiligungen keine vertiefte Kenntnisse erworben und sei immer nur den Empfehlungen des jeweiligen Beraters gefolgt, kann aber der Umfang der vorangegangenen Beratungen dahinstehen.

Denn jedenfalls ist der Kläger durch die Übergabe des zu der Beteiligung gehörenden und als Anl. K2 zur Akte gegebenen Verkaufsprospekts erschöpfend über die Funktionsweise und die wesentlichen Risiken der Beteiligung, die er rügt, aufgeklärt worden. Soweit der Kläger die nicht rechtzeitige Prospektübergabe rügt, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die nicht rechtzeitige Übergabe (BGH, Urteile vom 11.05.2006, Az. III ZR 205/05; vom 19.11.2009, Az. III ZR 169/08 und vom 06.12.2012, Az. III ZR 66/12). Dabei ist nicht von starren Fristen im Sinne eines zeitlichen Mindestabstands zwischen der Prospektübergabe und der Zeichnung der Beteiligung auszugehen. Wenn, wie nunmehr unstreitig, der Anleger den Prospekt zur Einsicht erhält und er dann selbst über den Zeitpunkt der Zeichnung entscheidet, scheidet die Annahme einer nicht rechtzeitigen Übergabe aus. Der Kläger hatte unstreitig die Möglichkeit zur Einsichtnahme in den Prospekt. Er hatte zudem die Möglichkeit, die Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt zu zeichnen und auch einen etwa schon vereinbarten Beratungstermin – das Stattfinden eines solchen einmal unterstellt – im Hinblick auf eine längere Überlegungsfrist vor der Zeichnung zu verlegen.

Soweit der Kläger unzutreffende Anpreisungen im Gespräch rügt, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, nach welchen bereits die Umstände eines etwaigen Gesprächs nicht schlüssig dargelegt sind.

dd) Selbst wenn entsprechende Mängel in der anleger- und/oder objektgerechten Beratung zu unterstellen wären, wären solche für die Anlageentscheidung des Klägers jedenfalls nicht kausal geworden.

Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese „Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens“ gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler des Anlagenberaters (BGH Beschluss vom 09.04.2013, Az. XI ZR 337/10). Bei dieser Vermutung handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (vgl. auch BGH, Urteil vom 26.02.2013, Az. XI ZR 183/11). Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich aus vorhergehendem und dem nachfolgenden Anlageverhalten ergeben (BGH, Urteil vom 08.05.2012, Az. XI ZR 262/10).

Hier hat der Kläger der Darstellung der Beklagtenseite nicht widersprochen, zahlreiche Schiffsfonds vor und nach der streitgegenständlichen bei verschiedenen Vermittlern gezeichnet zu haben. Da diese nicht rückabgewickelt werden, obwohl sie dieselben typischen Risiken haben, fehlt es hier an der Kausalität. Soweit der Kläger anführt, es handele sich nur um Indizien, ist die Kammer aufgrund dieser Indizien hinreichend davon überzeugt, dass eine weitergehende Aufklärung den Kläger nicht von der Zeichnung des streitgegenständlichen Fonds abgehalten hätte.

d) Soweit der Kläger rügt, auch die Risikodarstellung im Prospekt sei fehlerhaft, so dass die Beratung durch die Beklagte zu 1) aufgrund der unzureichenden Plausibilitätsprüfung bezogen auf denselben pflichtwidrig gewesen sei, dringt er damit nicht durch. Die Kammer kann anhand des klägerischen Vortrags keine Prospektfehler erkennen.

aa) Über das Totalverlustrisiko klärt der Prospekt auf den Seiten 2, 10, 11, 14 und 74 ausreichend auf.

bb) Über das sog. Leveragerisiko, also den Verlust des Baranteils und gleichzeitig fortbestehender Haftung auf Rückzahlung aus Darlehen, klärt der Prospekt auf S. 13 und 52 auf.

cc) Die Rüge des Klägers, der Prospekt kläre nicht hinreichend über die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommandistenhaftung nach den §§ 171, 172 Abs. 4 HGB auf, greift nicht durch. Auf Seiten 13 und 14, des Prospekts wird dem Anleger unter der Überschrift „Entnahmen“ ausführlich und verständlich erläutert, dass Entnahmen, soweit das Kapitalkonto nach vorhergehenden Verlusten den Stand der Einlage noch nicht wieder erreicht hat, gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft als nicht geleistete Einlagen gelten und in der Höhe solcher Entnahmen die an sich beschränkte HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Kommanditisten wiederauflebt. Dieser Hinweis führt dem Anleger deutlich und verständlich das mögliche Wiederaufleben der Kommandistenhaftung und die Nachschusspflicht vor Augen. Eines darüberhinausgehenden Hinweises – insbesondere Angaben zu einer Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Risikos aufgrund der Fondskonzeption – bedurfte es nicht. Auch die Seiten 39, 50, 54 und 62 des Prospekts enthalten weitergehende Risikohinweise zu diesem Thema.

dd) Auch hinsichtlich des gerügten fehlenden Hinweises auf die Haftung nach §§ 30, 31 GmbHG ist ein solcher nach der Rechtsprechung der Kammer sowie des OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und des Bundesgerichtshofs nicht aufklärungsbedürftig. Bei einem Verstoß der Geschäftsführung gegen §§ 30, 31 GmbHG handelt es sich um ein rechtswidriges Vorgehen, da die Geschäftsführung verpflichtet ist, das Stammkapital zu erhalten. Verstößt sie dagegen, ist dies ein Rechtsverstoß, auf den im Prospekt nicht hinzuweisen ist. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 27.03.2015, Az. I-16 U 112/13, zitiert nach Juris, dort Rn. 51). Entgegen der Ansicht des Klägers muss der Anleger auf das Risiko der Folgen eines pflichtwidrigen Handelns nicht ungefragt hingewiesen werden. Das allgemeine (abstrakte) Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei (zumal planmäßigen oder wiederholten) Pflichtwidrigkeiten der Person, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, kann als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden und bedarf grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spezifisches Risiko einer Kapitalanlage (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2014, Az. III ZR 365/13, zitiert nach Juris, Rn. 24). Dafür, dass diese das Haftungsrisiko nach §§ 30, 31 GmbHG aus strukturellen Gründen sehr naheliegend sei, ist in Bezug auf die streitgegenständliche Anlage weder etwas vorgetragen noch sonst ein Anhalt ersichtlich (vgl. für diese Ausnahme bei Duldungs- oder Anscheinsvollmacht BGH a.a.O.).

ee) Ein Prospektfehler im Zusammenhang mit der Darstellung der eingeschränkten Fungibilität der Beteiligung ist nicht erkennbar. Auf Seite 16 des Prospekts befinden sich unter der Überschrift „Fungibilität“ Erläuterungen zu den Voraussetzungen einer Veräußerung und zu der Preisbildung auf dem Zweitmarkt. Inwiefern diese Risikohinweise unzureichend oder falsch seien, legt der Kläger nicht dar.

Dass im Prospekt nicht ausdrücklich auf die fünfjährige Nachhaftung bei einem Ausscheiden aus der Gesellschaft nach den §§ 159, 160 HGB hingewiesen wird, führt nicht zu einem Prospektfehler. Eines entsprechenden Hinweises bedurfte es nicht (vgl. OLG BrandenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Brandenburg
, Urteil vom 17.11.2010, Az. 4 U 98/10). Dies gilt im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb, weil im Prospekt klare und umfangreiche Hinweise sowohl auf die fehlende Fungibilität als auch auf die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung enthalten waren. Da der Anleger angesichts der Ausführungen zu den Veräußerungsmöglichkeiten auf dem Zweitmarkt ohnehin nicht davon ausgehen konnte, die Beteiligung während der Laufzeit veräußern zu können – erst recht bei einem schwachen wirtschaftlichen Verlauf – handelt es sich dabei um einen Umstand von geringer praktischer Relevanz. Sofern ein Anleger nähere Informationen zu den Folgen seines Ausscheidens aus der Gesellschaft wünscht, kann er deshalb darauf verwiesen werden, weitere Erkundigungen zu der geltenden Rechtslage einzuholen.

ff) Soweit der Kläger eine Notwendigkeit sieht, auf das Risiko einer Insolvenz der persönlich haftenden Gesellschafterin (der Komplementär-GmbH) hinzuweisen, folgt die Kammer dem nicht und sieht auch das vermeintliche Risiko der Umwandlung in eine offene Handelsgesellschaft mit der Folge der unbeschränkten persönlichen Haftung der vormaligen Kommanditisten nicht.

Ein solches Risiko bestünde nur, wenn die verbleibenden Gesellschafter beschlossen hätten, dass das Handelsgeschäft fortzuführen sei, ansonsten führt das Ausscheiden zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(vgl. LG München I, Urteil vom 16.03.2010, Az. 28 O 1377/09, zitiert nach Juris, Rdnr. 62). Nach § 19 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages (abgedruckt auf Seite 92 des Verkaufsprospekts) ist beim Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters aus der Gesellschaft unverzüglich durch die Gesellschafterversammlung eine neue persönlich haftende Gesellschafterin als Nachfolgerin zu bestimmen. Bei Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters entsprechend § 177 HGB wird die Kommanditgesellschaft (KG) weder kraft Gesetzes zur oHG, noch besteht sie als werdende Kommanditgesellschaft ohne persönlich haftenden Gesellschafter weiter, sondern wird zunächst zu einer KG in Liquidation, §§ 145, 131 HGB. Die Kommanditisten können aber einen neuen persönlich haftenden Gesellschafter suchen und sind dazu auch grundsätzlich kraft ihrer Treuepflicht, hier zusätzlich noch gemäß § 19 des Gesellschaftsvertrages, verpflichtet. Tritt der neue persönlich haftende Gesellschafter ein, kann die KG in Liquidation als werbende KG fortgeführt werden. Mangels abweichender Bestimmung im Gesellschaftsvertrag bedarf es dazu eines Fortsetzungsbeschlusses. Erst wenn die Kommanditisten – pflichtwidrig – die Kommanditgesellschaft ohne persönlich haftenden Gesellschafter als werbende Gesellschaft weiter führen, wird diese dadurch in der Regel zur oHG (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB-Kommentar, 37. Aufl. 2016, § 177 Rdnr. 1 m.w.N.). Somit handelt es sich entweder um eine unternehmerische Entscheidung, an der der Kläger als Kommanditist zu beteiligen war, oder um eine drohende Pflichtwidrigkeit, auf die der Kläger nach den unter dd) getätigten Ausführungen nicht hinzuweisen war. Zudem handelte es sich um ein unternehmerisches Risiko für den Kläger, dem die Natur als unternehmerische Beteiligung an der Fondsgesellschaft bekannt war (so auch schon Urteil der Kammer vom 18.12.2015, Az. 10 O 203/15).

gg) Hinsichtlich des angeblich ebenfalls aufklärungspflichtigen Risikos der Insolvenz der Treuhänderin sieht die Kammer keine Notwendigkeit der Aufklärung. Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagtenseite, diese nehme nur unechte Verwaltungstreuhandaufgaben wahr, nicht entgegen getreten.

Soweit der Kläger rügt, über die Schlechterstellung der Treugeber gegenüber Direktkommanditisten sowie über das Insolvenzrisiko der Gründungskommanditistin werde nicht aufgeklärt, sieht die Kammer ebenfalls keine Notwendigkeit der Aufklärung. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten waren bei der vorliegenden Anlage keine mittelbaren Beteiligungen (Treugeber) vorgesehen und sind auch nicht erfolgt.

hh) Soweit der Kläger die Nichtaufklärung über das Risiko der erlaubnispflichtigen Geschäfte rügt, tritt er dem Vortrag der Beklagten, dass solche Geschäfte nicht vorlägen, nicht konkret entgegen.

ii) Soweit der Kläger die Nichtaufklärung über Insolvenzrisiken der Vertragspartner rügt, wird auf das Vertragserfüllungsrisiko auf S. 17 des Prospekts ausreichend hingewiesen. Weitergehende Risiken bestehen auch im Falle der Insolvenz eines Vertragspartners nicht.

jj) Soweit der Kläger eine etwaige Haftung vor Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Handelsregister
für aufklärungspflichtig hält, besteht nach § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags (im Verkaufsprospekt auf Seite 86 abgedruckt) bis dahin eine reine Innenbeteiligung.

kk) Soweit der Kläger das Risiko einer „Verwässerung“ durch Kapitalerhöhung für aufklärungspflichtig hält, kann dem nicht gefolgt werden. Neben der Aufklärung über den Totalverlust ist das Risiko eines solchen Teilverlusts nicht aufklärungsbedürftig (LG Dortmund, Urteil vom 31. Oktober 2014 – 3 O 450/13 -, Rn. 144, juris). Daneben wäre eine solche Kapitalerhöhung nur durch Gesellschafterbeschluss möglich, so dass der Kläger Einfluss nehmen könnte.

Auch das angebliche Risiko nach § 1365 BGB, also das Risiko, dass andere Fondsbeitritte verheirateter Anleger im gesetzlichen Güterstand mangels einer etwa erforderlichen Zustimmung des Ehegattens unwirksam wären, würde maximal einen Totalverlust bedeuten. Zudem handelt es sich um ein fernliegendes, nicht aufklärungsbedürftiges Risiko, dass ein Anleger sein ganzes Vermögen oder annähernd einen Betrag, der seinem ganzen Vermögen entspricht in einen einzigen geschlossenen Fonds investiert.

Auch das Risiko, dass andere Anleger widerrufen, ist aus den Gründen nicht aufklärungspflichtig. Zudem entspricht die Belehrung dem damals geltenden Muster nach BGB-InfoV in der bis 31.03.2008 geltenden Fassung.

ll) Auch das angebliche Risiko der Haftung des Schiffs für Heuer der Besatzung würde maximal einen Totalverlust bedeuten. Zudem unterscheidet sich das Risiko strukturell nicht vom allgemeinen Betriebs- und Vertragserfüllungsrisiko sowie vom Charterrisiko.

Insoweit hat das Landgericht Hamburg ausgeführt, die Rechte der Schiffsgläubiger stellten vielmehr eine Ausprägung des allgemeinen Betriebs- und Vertragserfüllungsrisikos dar: „Soweit in Bezug auf Forderungen aus Treibstofflieferungen klägerseits geltend gemacht wird, dass insoweit die Einschiffsgesellschaften nicht ohnehin bereits neben dem Charterer hafteten, dem Lieferanten aber wegen seiner Forderung in diversen ausländischen Rechtsordnungen ein Pfandrecht an dem Schiff eingeräumt sei, kann das Gericht ebenfalls offenlassen, ob dies zutrifft. Denn jedenfalls würde auch dies keine gesonderte Aufklärungspflicht im Prospekt begründen. […] Vergleicht man dieses Risiko mit dem Fall, dass der Charterer von vornherein wirtschaftlich nicht in der Lage ist, für den Schiffsbetrieb notwendige Treibstofflieferungen zu bezahlen und keinen Kredit von Treibstofflieferanten erhalten würde, wäre dieser gezwungen, den Betrieb des Schiffes einzustellen und das Schiff würde ebenfalls keine Einnahmen erzielen, die es dem Charterer ermöglichen würden, die vertraglich geschuldeten Charterraten an die Schiffsgesellschaft zu zahlen. In dieser Lage mag der Schiffsgesellschaft ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Chartervertrages wegen vertragswidrigen Verhaltens des Charterers zustehen. Bis die Kündigung und die Herausgabe des Schiffes durchgesetzt werden können, wäre die Schiffsgesellschaft jedoch ebenfalls faktisch gezwungen, Treibstofflieferungen für das Schiff selbst zu bezahlen, um den Betrieb des Schiffes aufrechtzuerhalten und damit die Erzielung von Einnahmen aus dem Schiffsbetrieb sicherzustellen. Wie dieses Beispiel zeigt, stellt das Pfandrecht des Schiffsgläubigers „Treibstofflieferant“ wirtschaftlich kein derart gesteigertes oder außerordentliches Betriebsrisiko des Schiffes dar, mit dem kein Anleger rechnen musste, dass darüber neben dem allgemeinen Betriebsrisiko ausdrücklich aufgeklärt werden müsste“ (LG Hamburg, Urteil vom 14.12. 2015, Az. 318 O 111/15, Rn. 80, juris). Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung in vollem Umfang an.

Soweit der Kläger anführt, dass 2015 ein Frachter arrestiert worden sei und dass sich solche Fälle häuften, sagt dies nichts über die Relevanz des Risikos zum Zeichnungszeitpunkt aus.

mm) Soweit der Kläger eine mangelnde Aufklärung über Weichkosten rügt, wird dies nicht substantiiert dargetan. Auf S. 44 – 47 des Prospekts wird die Kostenstruktur der Fondsgesellschaft ausführlich dargestellt.

nn) Auf das Risiko der Charter wird hingewiesen, etwa auf S. 11 f. Auch auf steuerliche Risiken wird hingewiesen, insbesondere auf die Tonnagesteuer auf S. 14 unter der Überschrift „Steuerliche Risiken“/“Tonnagesteuer“.

oo) Auf das Risiko der Fremdfinanzierung und auf Fremdwährungsrisiken wird ebenfalls hingewiesen.

Die in dem Prospekt enthaltene Aufklärung über das Währungsrisiko ist ausreichend. Auf Seite 12 befinden sich nicht nur eine ausführliche Erläuterung, sondern auch die von dem Kläger als fehlend beanstandeten Hinweise auf spezielle Auswirkungen des Währungsrisikos. So wird unter der Hauptüberschrift „Kursentwicklung des US-Dollars“ erläutert, dass bei schwächerem US-Dollar gegenüber dem EUR mehr Liquidität zur Bedienung von Zinsen und Tilgung benötigt werde, wodurch sich die zur Auszahlung an die Anleger zur Verfügung stehende Liquidität reduzieren könne. Dass ungünstige – im Einzelnen erläuterte – Kursverhältnisse zum Zeitpunkt der Auszahlung von Entnahmen an den Anleger dazu führen können, dass diese niedriger als prognostiziert ausfallen, wird unter dem Unterpunkt „Entnahmen“ mitgeteilt. Daneben wird auch bei der Erläuterung der Prognosen jeweils an entsprechender Stelle auf die Folgen der Währungsabhängigkeit hingewiesen (vgl. insbesondere Seite 52), so dass bei dem Anleger auch diesbezüglich kein falscher Eindruck entstehen kann.

Aus einer fehlenden Darstellung der speziellen Risiken der Fremdfinanzierung, insbesondere der sogenannten „105 %-“ oder „Loan-to-value-Klausel“, folgt kein Prospektfehler. Bei dieser Klausel handelt es sich um eine in den von der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Darlehensverträgen mit den finanzierenden Banken enthaltene Regelung, wonach die Fondsgesellschaft als Darlehensnehmer dann, wenn der Wert der Sicherheit eine bestimmte Grenze – häufig 105 % – unterschreitet, entweder zusätzliche Sicherheiten stellen oder einen Teil des Darlehens vorzeitig zurückzahlen muss. Hintergrund ist zum einen die durch den gesunkenen Wert der Sicherheit erhöhte Wahrscheinlichkeit, bei ihrer Verwertung mit einem Teil der Forderung auszufallen. Zum anderen sind Banken unter Umständen aus aufsichtsrechtlichen Gründen verpflichtet, das Darlehen mit mehr Eigenkapital zu unterlegen, wenn die Sicherheit dem Wert der Forderung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis gegenübersteht. Sowohl in der Schiffsfinanzierung als auch in der Immobilienfinanzierung sind solche Klauseln verbreitet (vgl. Schmid-Burgk, WM 2015, 57 ff). Die Existenz dieser Klausel in den mit den finanzierenden Banken geschlossenen Darlehensverträgen hat im Prospekt keinen Niederschlag gefunden, wie der Kläger zu Recht ausführt. Indes bedurfte es eines ausdrücklichen Hinweises darauf nicht (ebenso LG Dortmund, Urteil vom 11. Juli 2014 – 3 O 218/13; vgl. auch OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 17 U 155/13 [unter 3 b bb 8]). Dass finanzierende Banken ein Interesse daran haben, sich gegen einen Ausfall ihres Sicherungsmittels zu schützen und entsprechende Regelungen in ihre Darlehensverträge aufnehmen, ist allgemein bekannt und auch für einen Anleger ohne spezielle Kenntnisse ohne weiteres nachvollziehbar. Dementsprechend werden im Grundsatz Nachbesicherungsrechte der Banken und Sparkassen auch dann für zulässig, insbesondere nicht für überraschend, gehalten, wenn diese in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1979 – III ZR 93/76; Urteil vom 18. Dezember 1980 – III ZR 157/08; Urteil vom 3. Dezember 1998 – IX ZR 313/97 [unter 3 b aa]). Zwar unterscheidet sich die Situation bei der Schiffsfinanzierung von diesen üblicherweise auf einer Veränderung der Risikolage beruhenden Nachbesicherungsrechten dadurch, dass allein auf den Wertverlust der Sicherheit abgestellt wird. Es liegt aber ebenfalls auf der Hand, dass der Wert des Sicherungsmittels bei einer objektbezogenen Finanzierung und insbesondere dann, wenn neben dem finanzierten Objekt keine weiteren Vermögenswerte zur Verfügung stehen, für die finanzierende Bank entscheidend ist und sie sich gegen einen Wertverlust während der Laufzeit des Darlehens absichern muss und wird. Einer ausdrücklichen Aufklärung über das Recht der finanzierenden Banken, bei einem Wertverlust des Schiffes eine Nachbesicherung zu verlangen, bedarf es deshalb nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Anleger – wie hier – die für das Entstehen solcher Nachbesicherungsrechte maßgeblichen Umstände in dem Prospekt aufgezeigt werden. So wird die Fremdfinanzierung des fondseigenen Schiffs umfangreich erläutert (vgl. Seiten 12 und 45 f.). Dass Verluste eintreten können, wird ebenfalls ausführlich beleuchtet (vgl. Seiten 11 und 17). Schließlich enthält der Prospekt hinreichend deutliche und nicht zu beanstandende Hinweise auf das Währungsrisiko. Soweit bei Schiffsbeteiligungen die Loan-to-value-Klausel auch durch Wechselkursschwankungen zum Tragen kommen kann, insbesondere durch das Kursverhältnis zwischen dem US-Dollar und dem japanischen Yen, wird dem somit ebenfalls Rechnung getragen. Sind dem Anleger diese Umstände bekannt, handelt es sich bei der konkreten Ausgestaltung der Regelung um ein Detail der Darlehensverträge, das keinen für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstand darstellt. Der Anleger kann vielmehr darauf verwiesen werden, bei einem besonderen Interesse an den Einzelheiten bei der Fondsgesellschaft um die Übersendung der Darlehensverträge zu bitten.

pp) Die Rüge zu nicht hinreichender Aufklärung über Schiffsbetriebskosten ist unsubstantiiert. Hinsichtlich der von Versicherungen nicht abgedeckten Risiken, legt der Kläger nicht substantiiert dar, woraus sich ein Risiko ergeben soll.

e) Über etwa an sie geflossene Rückvergütungen, Provision oder sonstige Zuwendungen musste die Beklagte zu 1) den Kläger nicht aufklären.

Ein freier, nicht bankmäßig gebundener Anlageberater ist nicht verpflichtet, den Anleger ungefragt über den Umstand und die Höhe einer Provision aufzuklären. Für den Anleger liegt es bei einer Beratung durch einen freien Anlageberater auf der Hand, dass dieser von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solcher sein Geld verdienen muss, kann berechtigterweise nicht angenommen werden, dass er diese Leistung insgesamt kostenlos erbringt. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen bezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Soweit es um die genaue Höhe der dem Anlageberater zukommenden Provisionen geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers – dem generell das Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, deshalb bei den Anlageberatern nachzufragen (BGH, Urteil vom 6.12.2012, Az. III ZR 307/11; Urteil vom 19.07.2012, Az. III ZR 308/11).

Nach diesen Grundsätzen war angesichts des in der Beitrittserklärung klar ausgewiesenen Agios für den Kläger offensichtlich, dass die Beklagte zu 1) an der Vermittlung der Beteiligung etwas verdient, und eine weitergehende Aufklärung entbehrlich.

f) Die geltend gemachten Nebenforderungen auf Zinsen, vorgerichtliche Anwaltskosten und entgangenen Gewinn, sowie der Freistellungsantrag bezüglich aller Verbindlichkeiten aus der Beteiligung und der Antrag auf Feststellung einer weiteren Schadensersatzpflicht scheitern am Nichtbestehen der Hauptforderung. Da eine Verpflichtung zur Annahme der Fondsbeteiligung nicht bestand, konnte auch kein Annahmeverzug festgestellt werden.

2. Dem Kläger stehen auch gegen die Beklagte zu 2) keine Ansprüche zu. Ein Anspruch aus der sogenannten Prospekthaftung im engeren Sinne wäre jedenfalls verjährt. Auch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB besteht jedoch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2).

Zwar ist die Beklagte zu 2) als Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft Prospektverantwortliche (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az. II ZR 211/09 [unter B II 1 a]; Beschluss vom 29.01.2009, Az. III ZR 74/08 [unter II 2 b aa]; Urteil vom 04.05.2004, Az. XI ZR 41/03 [unter II 2 b]). Prospektfehler sind indes nicht ersichtlich. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

Beratungsfehler der Beklagten zu 1), die sich die Beklagte zu 2) nach § 278 BGB zurechnen lassen müsste, konnten ebenfalls aus den oben aufgeführten Gründen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Die geltend gemachten Nebenforderungen auf Zinsen, vorgerichtliche Anwaltskosten und entgangenen Gewinn, sowie der Freistellungsantrag bezüglich aller Verbindlichkeiten aus der Beteiligung und der Antrag auf Feststellung einer weiteren Schadensersatzpflicht scheitern am Nichtbestehen der Hauptforderung. Da eine Verpflichtung zur Annahme der Fondsbeteiligung nicht bestand, konnte auch kein Annahmeverzug festgestellt werden.

Schlagworte: GmbHG § 30, GmbHG § 31, HGB § 171, HGB § 172 Abs. 4