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LG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2013 – 9 O 222/12, 9 O 222/12 U

§ 705 BGB, § 735 BGB, § 739 BGB

Enthält der Gesellschaftsvertrag einer sanierungsbedürftigen Publikumsgesellschaft die Regelung, dass nur betragsmäßig beschränkte Nachschusspflichten der Gesellschafter bestehen, so erlaubt das eingegangene Gesellschaftsverhältnis keine berechtigte Erwartungshaltung der Mitgesellschafter, dass aufgrund eines Sanierungsbeschlusses eine über diesen Betrag hinausgehende Zahlung zu leisten ist und der nicht sanierungsbereite Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet (Anschluss BGH, 25. Januar 2011, II ZR 122/09, NJW 2011, 1667).

Die Klägerin war dort eine OHG, an der sich die Beklagten als Minderheitsgesellschafter beteiligt hatten. Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der OHG beschlossen deren Gesellschafter mit der laut Gesellschaftsvertrag erforderlichen ¾-Mehrheit und gegen die Stimmen der dortigen Beklagten, dass Nominalkapital der Gesellschaft zunächst herabzusetzen und anschließend zu Sanierungszwecken zu erhöhen. Gleichzeitig wurde beschlossen, den Gesellschaftsvertrag dahingehend zu ändern, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, wenn er sich an der beschlossenen Kapitalerhöhung nicht beteiligt. Da die Beklagten jenes Falles sich an der Kapitalerhöhung nicht beteiligt hatten, klagte nun die OHG auf Zahlung des für die Beklagten ermittelten negativen Auseinandersetzungsguthabens. Der Bundesgerichtshof hielt die Änderung des Gesellschaftsvertrags für wirksam. Da die Beklagten jenes Falls die Kapitalerhöhung nicht gezeichnet hätten, seien sie aus der Gesellschaft ausgeschieden und daher dem Grunde nach zur Erstattung eines Auseinandersetzungsfehlbetrags verpflichtet (§§ 105 Abs. 3 HGB, 739 BGB). Die Beklagten müssten sich so behandeln lassen, als hätten sie dem Beschluss zugestimmt, da sie aus gesellschaftlicher Treuepflicht zur Zustimmung verpflichtet waren. Die Beklagten jenes Falles verhielten sich treupflichtwidrig, wenn sie zwar an den Sanierungspflichten nicht teilnähmen, aber in der Gesellschaft verbleiben wollten. Der Gesellschafter sei zwar im Allgemeinen nicht verpflichtet, einer solchen, seine Gesellschafterstellung aufhebenden Änderung des Gesellschaftsvertrags zuzustimmen. Eine Zustimmungspflicht komme jedoch dann in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander dringend erforderlich sei und die Änderung des Gesellschaftsvertrags dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar sei. Der Versuch, die Gesellschaft unter Aufbringung neuen Kapitals zu sanieren sei – verglichen mit den Folgen der ansonsten unstreitig unvermeidlichen Zerschlagung – wirtschaftlich sinnvoll. Eine Fortführung der Gesellschaft erscheine jedenfalls nicht von vornherein aussichtslos. Nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung sollte jeder Gesellschafter entscheiden können, ob er einen Betrag in Höhe von 60 % des ursprünglich von ihm bereits aufgebrachten Kapitals erneut riskieren wolle – verbunden einerseits mit der Chance der Sanierung der Gesellschaft, aber andererseits mit dem Risiko, auch noch diesen Betrag im Fall des Scheiterns zu verlieren – oder ob er lieber sofort den anteiligen Auseinandersetzungsfehlbetrag aufbringen und danach für die Zukunft von jeder Zahlungsverpflichtung frei sein wolle. Den risikobereiten Gesellschaftern sei nicht zumutbar gewesen, die Gesellschaft mit den nicht zu weiteren Investitionen bereiten Gesellschaftern fortzusetzen. Denn diese Gesellschafter wären im Fall einer gelungenen Sanierung an einem etwaigen Gewinn beteiligt. Eine Finanzierung der Schuldenfreiheit unter gleichzeitiger Ermöglichung einer Gewinnteilnahme sei den finanzierenden Gesellschaftern im Verhältnis zu den nicht zahlungsbereiten Gesellschaftern unzumutbar. Schützenswerte Belange der nicht zahlungswilligen Gesellschafter stünden dem nicht entgegen. Diese Gesellschafter würden durch ihr Ausscheiden jedenfalls nicht schlechter gestellt als sie im Fall der Liquidation der Gesellschaft gestanden hätten. Im Urteil vom 25. Januar 2011 – II ZR 122/09, NJW 2011, 1667 –  regelte der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft, dass eine Kapitalerhöhung auch im Krisenfall nur einstimmig beschlossen werden kann und dass nicht Erreichen der Einstimmigkeit zur Folge habe, dass die zustimmenden Gesellschafter berechtigt seien, ihre Einlagen zu erhöhen, während die nicht zustimmenden Gesellschafter eine Verringerung ihres Beteiligungsverhältnisses hinzunehmen haben. Für diesen Fall, so entschied der Bundesgerichtshof, seien die zahlungsunwilligen Gesellschafter nicht aus gesellschaftlicher Treuepflicht verpflichtet, einem Beschluss zuzustimmen, dass ein nicht sanierungswilliger Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.

Schlagworte: Beiträge der Gesellschafter der GmbH & Co. KG, Kapitalbeteiligung, Nachschusspflicht, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft, Sanieren oder Ausscheiden