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LG Flensburg, Urteil vom 07.04.2004 – 6 O 17/03

§ 250 Abs 1 Nr 3 AktG

1. Schreibt die Satzung vor, dass Mitglieder des Aufsichtsrats ihr Amt durch schriftliche Erklärung an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder den Vorstand mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende niederlegen können, sind diese Voraussetzungen durch ein Rücktrittsschreiben an ein einfaches Aufsichtsratsmitglied nicht erfüllt, auch wenn dieses Schreiben dem Aufsichtsratsvorsitzenden per Fax zur Kenntnisnahme übersandt worden ist.

2. War die Niederlegung des Aufsichtsratsmandats unwirksam, kann die Wahl eines neuen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 3 AktG wegen Überschreitung der gesetzlichen Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nichtig sein.

Die Wahl des Herrn Dr. D. in der Hauptversammlung am 27.01.2003 zum Aufsichtsratsmitglied der Beklagten ist nichtig gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 3 AktG. Nach dieser Vorschrift ist die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung dann nichtig, wenn durch die Wahl die gesetzliche Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder überschritten wird (§ 95). Dabei ist Nichtigkeitsgrund nur die Überschreitung der gesetzlichen Höchstzahl i.S.d. höchstzulässigen Zahl, nicht der Regelzahl des § 95 AktG, nicht einer Satzungszahl, die hinter dem gesetzlichen Rahmen zurückbleibt (Hüffer, AktG 5. Auflage, Rn. 6 zu § 250). Da die Beklagte dem Mitbestimmungsgesetz 1976 unterliegt, ist für die Bestimmung der gesetzlichen Höchstzahl auch dieses Gesetz heranzuziehen. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG vom 04.05.1976 setzt sich der Aufsichtsrat eines Unternehmens mit in der Regel nicht mehr als 10.000 Arbeitnehmern aus je 6 Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammen. Die Beklagte gehört in diesen Bereich. Entsprechend bestimmt § 7 Abs. 1 ihrer Satzung, dass der Aufsichtsrat sich wie beschrieben zusammensetzt. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 MitbestG kann bei dem in Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Unternehmen die Satzung bestimmen, dass Satz 1 Nr. 2 oder 3 anzuwenden sind. Nach diesen Vorschriften kann der Aufsichtsrat aus je 8 bzw. aus je 10 Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer bestehen. Die höchstmögliche Zahl, die die Hauptversammlung am 27.01.2003 grundsätzlich hätte wählen können, wären also 10 Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner gewesen unter der Voraussetzung, dass dem Aufsichtsrat auch 10 Vertreter der Arbeitnehmer angehört hätten. Denn das Mitbestimmungsgesetz sieht vor, dass der Aufsichtsrat paritätisch zu besetzen ist, d.h. dass jeweils immer die gleiche Anzahl von Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zu wählen sind. Die Aktionäre können nur so viele Aufsichtsratsmitglieder wählen, als den Anteilseignern zustehen. Deshalb ist die Wahl eines oder mehrerer Aufsichtsratsmitglieder dann nichtig, wenn die Hauptversammlung mehr Personen wählt als sie nach mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften zu wählen hat. Anstelle der Gesamthöchstzahl maßgeblich ist die Zahl, die davon auf die Zuständigkeit der Hauptversammlung entfällt (Hüffer a.a.O. Rn. 8 zu § 250; Großkommentar AktG, Rn. 18 zu § 250).

Schlagworte: Nichtigkeit von Aufsichtsratswahlen nach § 250 AktG analog, Überschreitung der Höchstzahl von Aufsichtsratsmitgliedern nach §§ 250 Abs. 1 Nr. 3 und 95 AktG analog