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LG Saarbrücken, Urteil vom 01. September 2016 – 4 O 406/15 

§ 819 Abs 1 BGB, § 134 InsO, § 135 Abs 1 Nr 2 InsO, § 143 Abs 1 InsO, § 143 Abs 2 S 1 InsO, § 143 Abs 2 S 2 InsO

1. In einem Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung des Schuldners als unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO zu qualifizieren, wenn ihr aus dem betreffenden Rechtsgeschäft keine Leistung gegenübersteht und dem Leistenden entsprechende Gegenleistung zufließen soll, die dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entspricht (Anschluss BGH, 17. Oktober 2013, IX ZR 10/13, NJW 2013, 3720).

2. Der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verlierende Leistungsempfänger ist gegenüber den Gläubigern des Schuldners nicht schutzwürdig, da er ohne dessen Leistung, die ihm nicht zustand, seine Forderung nicht hätte durchsetzen können. Im Fall der Erbringung der Leistung durch den Leistungsempfänger (hier: Stundung der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens auf unbestimmte Zeit zwecks Überwindung der Krise der Gesellschaft), bemisst sich die Entgeltlichkeit der Zuwendung nach dem Wert seiner Forderung. Bei mangelnder Werthaltigkeit dieser Forderung aufgrund ihres eigenkapitalersetzenden Charakters zum Zeitpunkt der Gegenleistung (hier: Barabhebung) ist von einer unentgeltlichen Leistung auszugehen (Anschluss BGH, 30. März 2006, IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957).

3. Der infolge der Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel (bzw. das Stehenlassen eines Darlehens mit der Folge seiner Umqualifizierung in Gesellschaftskapital) eintretende Rangrücktritt des Rückzahlungsanspruchs, der in der Insolvenz wirtschaftlich wertlos wird, wird ohne ausgleichende Gegenleistung der Gesellschaft gewährt. Im umgekehrten Fall der Befriedigung eines kraft Eigenkapitalersatzrechts gesperrten Zahlungsanspruchs ist wegen der verbotenen Zahlung aus dem Stammkapital von einer unentgeltlichen Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter auszugehen (Anschluss BGH, 5. März 2015, IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231).

4. Die Anfechtung von Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter ist in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht abschließend geregelt; vielmehr ist § 134 InsO grundsätzlich neben allen anderen Anfechtungstatbeständen anwendbar.

5. Gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO haftet der Empfänger einer anfechtbar erhaltenen Leistung nur bereicherungsrechtlich. Eine Haftungsmilderung entfällt gemäß § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO, wenn der Anfechtungsgegner weiß oder umständehalber wissen muss, dass die Gläubiger durch die unentgeltliche Leistung benachteiligt werden (§ 819 Abs. 1 BGB, § 143 Abs. 1 InsO).

 

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