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Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 15.03.2012 – 14 K 164/11

§ 7g Abs 1 S 2 Nr 2 EStG 2002 vom 14.08.2007,

Ist die Betriebseröffnung im Wirtschaftsjahr noch nicht abgeschlossen, wobei die Betriebseröffnung von der Gesellschaftsgründung zu unterscheiden ist, liegen die Voraussetzungen für Investitionsabzugsbeträge nicht vor. Dies gilt insbesondere, wenn es sich bei der Gesellschaftsgründung um eine bloße Vorratsgesellschaft handelt, die noch keinen Betrieb eröffnet und auch keine Steuererklärung abgegeben hat.

Im Hinblick auf die Anforderungen, die an die Konkretisierung und Ernsthaftigkeit einer „voraussichtlichen“ Investition zu stellen sind, enthält § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG n.F. andere Anforderungen als die Vorgängervorschrift des § 7g Abs. 3 EStG a.F. (BFH-Beschluss vom 18.3.2010 X B 124/09, BFH/NV 2010, 1278). Das zusätzliche Tatbestandsmerkmal „beabsichtigt“ in § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG n.F. stellt eine Konkretisierung gegenüber dem beibehaltenen Tatbestandsmerkmal „voraussichtlich“ in § 7g Abs. 3 EStG a.F. dar, die auf die zu § 7g Abs. 3 EStG a.F. entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze Bezug nimmt (FG Nürnberg, Urteil vom 28.7.2011 7 K 655/10, EFG 2011, 1964).

Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags hängt u.a. davon ab, dass „der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, die in Abs. 1 S. 2 Nr. 1 der Vorschrift genannten Größenmerkmale nicht überschreitet. Nach der Rechtsprechung des BFH zur Vorgängervorschrift war die Bildung einer Ansparrücklage in Fällen der Betriebseröffnung bereits möglich, bevor die Betriebseröffnung vollendet ist. Andererseits reichte es für die Annahme eines Betriebes i.S.d. § 7g Abs. 3 EStG a.F. nicht aus, wenn lediglich die ersten Vorbereitungshandlungen getroffen waren. Um in Fällen, in denen die Betriebseröffnung noch nicht vollendet ist, eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Förderung zu vermeiden, hat der BFH verlangt, dass die Investitionsentscheidung ausreichend konkretisiert sein muss; das setze in Anschaffungsfällen die verbindliche Bestellung der betreffenden wesentlichen Betriebsgrundlagen voraus. Im Falle der Herstellung eines Wirtschaftsgutes müsse eine Genehmigung verbindlich beantragt oder – falls eine Genehmigung nicht erforderlich ist – mit dessen Herstellung tatsächlich begonnen worden sein (BFH-Urteile vom 19.4.2007 IV R 28/05, BStBl II 2007, 704, vom 25.4.2002 IV R 30/00, BStBl II 2004, 182; vom 19.9.2002 X R 51/00, BStBl II 2004, 184; vom 15.9.2010 X R 16/08, BFH/NV 2011, 33; BFH-Beschlüsse vom 28.11.2003 III B 65/03, BFH/NV 2004, 632, vom 26.7.2005 VIII B 134/04, BFH/NV 2005, 2186, vom 7.10.2004 XI B 210/03, BFH/NV 2005, 204). Die Finanzverwaltung ist dem gefolgt (BMF-Schreiben vom 25.2.2004 IV A 6 – S 2183b – 1/04, BStBl I 2004, 337, Rdnr. 18).

Im Schrifttum und in der Rechtsprechung ist im Hinblick auf die mit der neu gefassten Vorschrift verbundenen geminderten Missbrauchsgefahr umstritten, ob das von der BFH- Rechtsprechung entwickelte Nachweiserfordernis für die Bildung einer Ansparrücklage im Falle einer noch nicht abgeschlossenen Betriebseröffnung ohne Modifizierung für das Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht nach § 7g Abs. 1 S, 2 Nr. 2 Buchst. a EStG n.F. in gleich gelagerten Fällen zu übernehmen wäre (verneinend: FG München, Urteil vom 26.10.2010 2 K 655/10, EFG 2011, 521; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 3.5.2011 13 K 12121/10, EFG 2011, 1601 und FG Nürnberg, Urteil 7 K 655/10; bejahend: Kulosa in Schmidt, Kommentar zum EStG, 31. Aufl., § 7g, Rz 13).

Der erkennende Senat ist mit Kulosa der Auffassung, dass die von der gesetzlichen Neuregelung ab 2007 erstmals ausdrücklich geforderte Investitionsabsicht eine Verschärfung gegenüber der Vorgängervorschrift darstellt und dazu zwingt, insbesondere in den Fällen der Betriebseröffnung auch weiterhin einen Nachweis der Investitionsabsicht zu verlangen. Das Gericht hält insoweit an dem Erfordernis einer verbindlichen Bestellung der wesentlichen Wirtschaftsgüter, für die ein Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird, fest. Hierbei geht es davon aus, dass es sich bei der Investitionsabsicht um ein inneres Tatbestandsmerkmal handelt, das sich anhand von äußeren objektivierbaren Umständen manifestieren muss. Schon aus Gründen der Rechtsklarheit erfordert dies nach Ansicht des Senats Rechtshandlungen vom Steuerpflichtigen, die – äußerlich erkennbar – darauf hindeuten, dass er bereits im Jahr der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ernsthaft und endgültig zur Anschaffung des Wirtschaftsguts entschlossen war. Das bloße Einholen von Angeboten reicht insoweit nicht aus. Denn die unverbindliche Einholung von Angeboten deutet darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt lediglich eine vage Investitionsplanung besteht, die noch nicht zu einem konkreten Entschluss gereift ist. Die verbindliche Bestellung des Wirtschaftsguts hingegen stellt ein äußeres Indiz dafür dar, dass der Steuerpflichtige diesen konkreten Entschluss gefasst und damit die vom Gesetz geforderte Investitionsabsicht nach außen hin hinreichend dokumentiert hat.

Der Senat geht vorliegend davon aus, dass die Betriebseröffnung im Streitjahr noch nicht abgeschlossen war. Zwar ist die Klägerin bereits in 2002 gegründet worden; hierbei handelte es sich aber um eine bloße Vorratsgesellschaft, da die Klägerin zuvor noch keinen Betrieb eröffnet und auch keine Steuererklärung abgegeben hatte. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BFH ist die Eröffnung eines Betriebs ein Vorgang, der erst abgeschlossen ist, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs vorhanden sind, d.h., wenn man vom Vorhandensein eines Betriebs sprechen kann (BFH-Urteil vom 10.7.1991 VII R 125/86, BStBl II 1991, 840). Nach diesen Grundsätzen kann bei einer Gesellschaft, deren Zweck das Betreiben und die Errichtung einer Biogasanlage ist, von einem eigentlichen Betrieb in diesem Sinne erst mit der Errichtung der Biogasanlage gesprochen werden. Da diese unstreitig im Streitjahr noch nicht erfolgt war, war die Betriebseröffnung zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht abgeschlossen.

Schlagworte: Investitionsabzugsbetrag, Vorratsgesellschaften