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OLG Bamberg, Beschluss vom 17. 07.2017 – 5 W 51/17

§ 6 GmbHG, § 12 GmbHG, § 35 GmbHG, § 38 GmbHG

1. Soweit in der Satzung nichts anderes geregelt, kann der Geschäftsführer einer UG/GmbH grundsätzlich sein Amt auch ohne wichtigen Grund mit körperschaftsrechtlicher Wirkung jederzeit und fristlos beenden. Die Beendigung in diesem Sinne ist aber dann rechtsmissbräuchlich, wenn es sich bei dem sein Amt niederlegenden Geschäftsführer um den einzigen handelt, dieser zugleich alleiniger Gesellschafter ist und zudem davon absieht, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 10. Juni 2015, I-25 Wx 18/15, ZInsO 2015, 1578).

2. Die Amtsniederlegung durch einen Fremd-Geschäftsführer, der weder unmittelbar noch mittelbar an der Gesellschaft beteiligt ist, bleibt dagegen selbst dann wirksam, wenn diese in der wirtschaftlichen Krise oder Insolvenz erklärt wird und zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führt. Denn hier haben es dann allein die – personenverschiedenen – Gesellschafter selbst in der Hand, zur Überwindung der Führungslosigkeit einen neuen Geschäftsführer zu bestellen.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Coburg vom 03.04.2017, Az. 3057, aufgehoben.

2. Das Amtsgericht Coburg – Registergericht – wird angewiesen, die eingereichte Anmeldung des Beteiligten zu 1) vom 28.02.2017 (UR-Nr. ) des Notars A., P..), ihn als Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) zu löschen, zu bearbeiten und dabei seine Bedenken, die es in dem aufgehobenen Beschluss geäußert hat, fallen zu lassen.

3. Das Beschwerdeverfahren ist kostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 2 ist im Handelsregister des Amtsgerichts Coburg -Registergericht- unter HRB 3057 eingetragen. Geschäftsführer der Beteiligten zu 2 ist der Beteiligte zu 1. Gesellschafterin lt. Gesellschafterliste (Bl. 92 Sonderband) ist die Firma K. mit dem Sitz in W., nunmehr firmierend unter A.. Deren Gesellschafter sind T., K. und J..

Mit Schreiben vom 28.2.2017 (Blatt 108 Sonderband) reichte der Beteiligte zu 1 seine Amtsniederlegung durch Schreiben vom 17.2.2017 (Bl. 105 Sonderband) bei dem Amtsgericht Coburg – Registergericht- ein mit dem Antrag, ihn im Handelsregister als Geschäftsführer zu löschen.

Das Amtsgericht Coburg – Registergericht hielt jedoch die Amtsniederlegung für rechtsmissbräuchlich und unzulässig, da sie zur Unzeit erfolgt sei, nämlich einem Zeitpunkt, als die Gesellschaft sich in einer wirtschaftlichen Krise befunden habe und in Insolvenz geraten sei. Die Gesellschaft werde durch seine Amtsniederlegung faktisch führungslos. Diese Bedenken teilte das Amtsgericht Coburg dem Beteiligten zu 1 mit Schreiben vom 9.3.2017 (Bl. 57 Hauptband) und dessen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 17.3.2017 (Bl. 62 Hauptband) mit.

Das Amtsgericht Coburg entschied schließlich durch Beschluss vom 03.04.2017 (Bl. 72 Hauptband), dass es den Antrag auf Eintragung der Löschung des Beteiligten zu 1) als Geschäftsführer zurückweise.

Gegen diese Entscheidung, die dem Beteiligten zu 1) am 07.04.2017 durch Zustellung an seinen Verfahrensbevollmächtigten bekanntgemacht wurde (Bl. 73 a Hauptband), legte er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 05.05.2017, eingegangen beim Amtsgericht Coburg am selben Tag (Bl. 75 Hauptband) Beschwerde ein.

Das Amtsgericht Coburg half der Beschwerde durch Beschluss vom 09.05.2017 (Bl. 87 Sonderband) nicht ab, sondern legte die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

II.

Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist gemäß §§ 59 Abs. 2, 61, 63 FamFG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Zurückweisung des Antrags auf Eintragung der Amtsniederlegung des Beteiligten zu 1) bezüglich seines Amtes als Geschäftsführer der betroffenen GmbH ist nicht gerechtfertigt.

Die Niederlegung des Amtes des Geschäftsführers einer GmbH ist im Grundsatz selbst dann wirksam, wenn objektiv kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. BGHZ 78/82 = NJW 1980, 2415BGHZ 121, 257, 260 BGH NJW 1995, 2820) oder sie zur Unzeit erfolgt.

Davon wird nur eine Ausnahme gemacht: Im Falle des Rechtsmissbrauchs gilt das nicht. Ein solcher liegt regelmäßig dann vor, wenn es sich bei dem sein Amt niederlegenden Geschäftsführer um den einzigen handelt, dieser zugleich alleiniger Gesellschafter ist und er davon absieht, einen neuen Geschäftsführer für die Gesellschaft zu bestellen (vgl. Baumbach/Huck/Zöllner/Noack § 38 GmbHG, Rdn. 87). Dies verlangt das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die anderenfalls vollständig beseitigt würde. Grund für die Missbilligung der Amtsniederlegung oder der Abberufung in derartigen Fällen ist die Zurückstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter durch den Versuch, sich freiwillig übernommener Verantwortung für die Gesellschaft (§ 43 GmbHG) und aller weiteren Pflichten zu entledigen, die besonders in wirtschaftlich schwierigen Situationen der Gesellschaft an das Amt ihres Geschäftsführers geknüpft sind. Es ist angesichts der Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorganen in der Gesellschaft im Interesse der Rechtssicherheit geboten, höhere Anforderungen an die Amtsniederlegung oder die Abberufung des Gesellschafter/Geschäftsführers zu stellen (vgl. OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Zweibrücken
, FGPrax2006, 132, 133). Anderenfalls könnte dieser nach freiem Belieben das Vermögen der Gesellschaft dem Zugriff der Gläubiger entziehen, indem er die Gesellschaft durch seine Amtsniederlegung oder seine Abberufung handlungsunfähig macht.

Diese Konstellation ist aber im Streitfall nicht gegeben, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Der Beteiligte zu 1 ist weder unmittelbarer noch mittelbarer GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschafter
mittelbarer Gesellschafter
der Beteiligten zu 2, sondern Fremdgeschäftsführer. Es besteht kein Grund, diese Rechtsprechung über ihren Geltungsbereich für Gesellschafter-Geschäftsführer von Ein-Mann-Gesellschaften auch auf Fälle wie den vorliegenden zu erstrecken, in denen ein Fremdgeschäftsführer vorhanden ist. Denn in diesem Fall haben die Gesellschafter die Möglichkeit, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (vgl. auch OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
GmbHR 2015, 1271).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nach § 70 Abs. 1 und 2FamFG nicht vor.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 36 Abs. 3 GNotKG).

Schlagworte: Abberufung des Fremdgeschäftsführers, Abberufung Fremdgeschäftsführer, Amtsniederlegung, Amtsniederlegung durch Fremdgeschäftsführer, Folgen der Amtsniederlegung des Alleingeschäftsführers, Haftung wegen Amtsniederlegung, Unberechtigte Amtsniederlegung, Unzeit und Rechtsmissbrauch