Einträge nach Montat filtern

OLG Bamberg, Urteil vom 30.11.2000 – 1 U 72/00

GmbHG § 15; BGB § 140

1. Treuhand und Unterbeteiligung schließen sich nicht wechselseitig kategorisch aus; vielmehr kann auch die gesellschaftsrechtliche Unterbeteiligung treuhänderische Elemente aufweisen (BGH ZIP 1994, 1180 ff.; Schlegelberger-Schmidt, HGB, 5. Aufl., Rdnr. 38 Vorbem. (§ 230 n. F.) § 335 m.w.N.). Soweit nämlich der Hauptbeteiligte seinen Anteil nicht nur im eigenen Interesse, sondern — soweit die Unterbeteiligung an diesem Anteil reicht — zugleich für den Unterbeteiligten hält, unterliegt der Gesellschafter bei seinem Handeln in der Gesellschaft den zwischen ihm und dem Unterbeteiligten getroffenen schuldrechtlichen Bindungen (BGH a.a.O.). Entscheidend ist die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages. Hält der Hauptbeteiligte den Anteil an der Gesellschaft in vollem Umfang für den anderen Beteiligten, wird es im Innenverhältnis zueinander regelmäßig an der für ein Gesellschaftsverhältnis typischen Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks fehlen; dagegen liegt ein zur Anwendung der §§ 705 ff. BGB führendes Vertragsverhältnis vor, wenn der hauptbeteiligte Gesellschafter nur einen Teil seines Anteils für den Unterbeteiligten hält, im Übrigen aber eigene Interessen in der Gesellschaft verfolgt (BGH a.a.O.).

2. Eine sog. „Vereinbarungstreuhand“ unterliegt dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG. Verpflichtet sich ein Gesellschafter, seine Geschäftsanteile für einen Treugeber zu halten, bedarf diese Vereinbarung der notariellen Beurkundung (BGH NJW 1999, 2594 ff.; ZIP 1995, 1089 f.; Schlegelberger-Schmidt, a.a.O., Rdnr. 44; Scholz-Winter, GmbH-Gesetz, 9. Aufl., Rdnr. 16 zu § 15; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., Rdnr. 56 zu § 15). § 15 Abs. 4 GmbHG zielt nämlich nicht nur darauf ab, den im Hinblick auf § 16 GmbHG besonders wichtigen Beweis der Anteilsinhaberschaft zu gewährleisten, sondern soll auch vereiteln, dass GmbH-Geschäftsanteile Gegenstand des freien Handelsverkehrs werden. Dieser Zweck der Vorschrift würde verfehlt, wenn hinsichtlich eines bestehenden Geschäftsanteils formfrei ein Treuhandverhältnis begründet werden könnte, aufgrund dessen der Treugeber die Übertragung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsanteils
Übertragung
Übertragung des Geschäftsanteils
auf sich verlangen könnte, zumal es der Treugeber in der Hand hätte, seinerseits weitere Treuhandverträge zu schließen, nach denen er verpflichtet wäre, jenen Anteil selbst treuhänderisch für einen Dritten zu halten (BGH NJW 1999, 2594 ff.).

3. Ein Formmangel hat grundsätzlich die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zur Folge (§ 125 S. 1 BGB; vgl. BGH WM 1986, 823 f.; Scholz-Winter, a.a.O., Rdnr. 71; Baumbach-Hueck, a.a.O., Rdnr. 35; Hachenburg-Zutt, GmbHG, 8. Aufl., Rdnr. 60 zu § 15). Eine Ausnahme ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB für solche abtrennbaren Teile einer Vereinbarung zu machen, die für sich allein nicht formbedürftig gewesen waren und von denen anzunehmen ist, dass sie nach dem (mutmaßlichen) Parteiwillen auch ohne die Verpflichtung zur Abtretung des Geschäftsanteils geschlossen worden wären (BGH a.a.O.; Scholz-Winter a.a.O.).

4. Die Begründung einer Unterbeteiligung an einem Geschäftsanteil und die Aufhebung der internen rechnerischen Beteiligung bedürfen keiner Form (Scholz-Winter, a.a.O., Rdnr. 62 m.w.N.). Keiner Form bedarf ebenfalls die Verpflichtung zur Abtretung einzelner mit dem Geschäftsanteil verknüpften Rechte wie z.B. des Anspruchs auf Geschäftsgewinn und Liquidationserlös (Scholz-Winter, a.a.O., Rdnr. 60). Durch die Umdeutung eines formnichtigen Rechtsgeschäfts darf aber nicht der Zweck einer Formvorschrift vereitelt werden (BGH NJW 1980, 2517 f.; BGHZ 68, 204 ff.; Soergel-Hefermehl, BGB, 13. Aufl., Rdnr. 6 zu § 140; Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 7 zu § 140). Im Übrigen bedarf auch im Rahmen eines Unterbeteiligungsverhältnisses die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils oder eines Teiles davon nach § 15 Abs. 4 GmbHG der notariellen Form (BGH WM 1986, 823 f.; Scholz-Winter, a.a.O., Rdnr. 59). Eine Umdeutung einer „Vereinbarungstreuhand“ in eine rechtswirksame Unterbeteiligung kommt daher im Regelfall nicht in Betracht.

5. In subjektiver Hinsicht ist zudem Voraussetzung für eine Umdeutung, dass diese dem mutmaßlichen Willen der Parteien zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts entspricht. Entscheidend ist, ob die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit das Ersatzgeschäft im Hinblick auf die von ihnen verfolgten wirtschaftlichen Ziele vernünftigerweise vorgenommen hätten (Palandt-Heinrichs a.a.O.).

6. Die Abwicklung des nichtigen Vertragsverhältnisses richtet sich nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (§§ 812 ff. BGB); das in Erfüllung des nichtigen Vertrages Hingegebene kann zurückgefordert werden (Scholz-Winter, a.a.O., Rdnr. 71; Hachenburg-Zutt, a.a.O., Rdnr. 60). Des Rückgriffs auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft bedarf es schon deswegen nicht, selbst wenn die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht umständlich sein kann (BGH NJW 1990, 1915 f.; Baumbach-Hueck, a.a.O., Rdnr. 28).

Schlagworte: Beurkundung, Nichtigkeitsgründe, Notar, Treuhand, Treuhandverhältnis, Unterbeteiligung, Vereinbarungstreuhand