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OLG Brandenburg, Urteil vom 26.02.2013 – 6 U 32/11

GmbHG § 64; InsO § 19

1. Der Insolvenzverwalter ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Insolvenzschuldnerin zum behaupteten Zeitpunkt überschuldet i. S v. § 19 Abs. 2 InsO war. Der Insolvenzverwalter hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Nicht ausreichend ist es, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen. Weist eine Handelsbilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus, hat dies lediglich indizielle Bedeutung (BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 236/06, ZIP 2008, 267 m. w. N.). Der Insolvenzverwalter hat die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muss er nicht jede denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur nahe liegende Anhaltspunkte und insoweit von den Gesellschaftern aufgestellte Behauptungen widerlegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2005 – II ZR 138/03, ZIP 2005, 807 Rn 6 m. w. N.).

2. Mit „Zahlungen“ im Sinne des Gesetzes sind alle Leistungen gemeint, die das Gesellschaftsvermögen schmälern. Das kann zunächst eine Zahlung von einem im Haben geführten Konto sein oder aber auch die Lieferung von Waren, die Übertragung von Rechten oder die Leistung von Diensten. Zahlungen – oder sonstige Leistungen – liegen insoweit vor, als dadurch die Verteilungsmasse geschmälert wird. Der Begriff der „Zahlung“ i. S. v. § 64 GmbHG wird weit ausgelegt. Erfasst werden nicht nur Zahlungen im klassischen Sinne, die von der Gesellschaft aktiv eingeleitet werden. Unter den Begriff der Zahlungen fallen auch Zahlungszuflüsse auf ein debitorisch geführtes Konto. Mit solchen Zahlungen von Gläubigern werden Forderungen der kreditgebenden Bank der Gesellschaft befriedigt. Sie gelten, weil sie von der Gesellschaft durch Angabe ihrer Bankverbindung gegenüber ihren Gläubigern verursacht werden, als Zahlungen der Gesellschaft an die Bank (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2000 – II ZR 370/99, NJW 2001, 304).

3. Zahlungen, die der Geschäftsführer dem Verbot des § 64 GmbHG zuwider geleistet hat, sind von ihm ungekürzt zu erstatten. Ihm ist in dem Urteil vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen. Etwa bestehende Erstattungsansprüche der Masse gegen Dritte sind Zug um Zug an den Geschäftsführer abzutreten (vgl. BGH, 8. Januar 2001 – II ZR 88/99. BGHZ 146, 264).

4. Der Ersatzanspruch der Gesellschaft auf Wiederauffüllung des Gesellschaftskapitals gemäß § 64 GmbHG stellt einen Schadensersatzanspruch eigener Art dar, der auf den Ersatz abgeflossener Zahlungen gerichtet ist. Es handelt sich nicht um einen deliktischen Anspruch und deshalb um keine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (vgl. OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, Urteil vom 31. Mai 2012 – I-27 U 25/12, ZIP 2012, 2106).

Schlagworte: Darlegungs- und Beweislast, Dienstleistungen, Ersatzanspruch eigener Art, Gläubiger- und Aktiventausch, GmbHG § 64 Satz 1, Handelsbilanz, Insolvenzverwalter, Sonstige vermögensschmälernde Leistungen, stille Reserven, Überschuldung, Überschuldungsbilanz, Warenlieferungen, Zahlung, Zahlung auf debitorisches Konto, Zahlung von debitorischem Konto, Zahlung von kreditirischen Konto, Zahlungen, Zahlungen nach Insolvenzreife, Zahlungen- weite Auslegung