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OLG Bremen, Beschluss vom 01.12.2008 – 2 W 71/08

AktG §§ 78, 121, 134, 135, 246, 246a

1. Für einen Antrag nach § 246a Abs. 1 AktG gilt gemäß § 51 Abs. 1 ZPO die Vertretungsregel des § 78 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG, d.h., dass die Gesellschaft durch den Vorstand vertreten wird. Für eine analoge Anwendung des § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
(ZIP 2005, 1457, 1458) und dem OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
(AG 2007, 284) keinen Raum (ebenso Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 246a, Rn. 2; Schwab in Schmidt/Lutter, AktG, 2008, § 246a, Rn. 11; Göz in Bürgers/Körber, § 246a, Rn. 3; Faßbender, AG 2006, 872, 874; a.A. ohne Begründung OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
in NZG 2004, 328 zum Freigabeverfahren nach § 319 Abs. 6 AktG).

2. Für die Nichtigkeitsklage gemäß § 249 Abs. 1 AktG gilt die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht (siehe BGHZ 70, 384, 387). Während im Anfechtungsprozess das Nachschieben von Anfechtungsgründen nach Ablauf der Klagfrist des § 246 Abs. 1 AktG ausgeschlossen ist (siehe BGHZ 167, 204, 211, Tz. 18), sind erst nach Ablauf der Frist vorgebrachte Nichtigkeitsgründe zu berücksichtigen (siehe BGHZ 32, 318, 324; NJW 1995, 260, 261).

3. Offensichtlich unbegründet ist eine Klage, wenn das Gericht aufgrund einer umfassenden rechtlichen Prüfung des gesamten Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit unbegründet ist. Dabei muss das Ergebnis der Sach- und Rechtsprüfung so eindeutig sein, dass eine andere Beurteilung nicht oder kaum vertretbar erscheint (siehe OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss v. 03.09.2008, 7 W 1432/08, BeckRS 2008 20287, B, II. 2. a), Seite 15; OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
AG 2007, 284, 285 – jew. mit weiteren Nachweisen).

4. Ob ein vorrangiges Vollzugsinteresse im Sinne des § 246a AktG vorliegt, ist nach der freien Überzeugung des Gerichts unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Antragstellerin und der Aktionäre am alsbaldigen Wirksamwerden der Kapitalerhöhung auf der einen Seite und dem Interesse der Antragsgegner und Anfechtungskläger am Aufschub und an ihren mit der Anfechtungsklage verfolgten Zielen andererseits festzustellen. Dabei schließt sich der Senat der Auffassung an, dass bei der Interessenabwägung die offensichtlich unbegründeten Rügen unberücksichtigt bleiben, weil im Falle einer offensichtlich unbegründeten Klage ein Freigabebeschluss erfolgen kann, ohne dass es einer Interessenabwägung bedarf (ebenso KG, Beschluss v. 15.02.2007, AG 2007, 359). Der Senat teilt ferner die Ansicht, dass bei der Interessenabwägung auch die Erfolgsaussicht der nicht offensichtlich unbegründeten Anfechtungsklage in die Abwägung einzubeziehen ist. Der Hinweis in der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/5092, Seite 29), dass bei der Interessenabwägung die Begründetheit der Anfechtungsklage zugunsten des Anfechtungsklägers zu unterstellen sei, bringt zum Ausdruck, dass trotz eines wahrscheinlichen Erfolges der Klage in der Freigabeentscheidung ein Überwiegen der Nachteile angenommen werden kann. Mit dem in § 246a Abs. 2 AktG angeordneten Gebot einer umfassenden Interessenabwägung unter gleichzeitiger Einräumung eines großen Ermessensspielraumes („nach freier Überzeugung des Gerichts“; der Bundesgerichtshof spricht in BGHZ 168, 48, 55, Tz. 14 zu dem mit § 246a Abs. 2 AktG im Wesentlichen gleich formulierten § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG von einem „weiten Ermessen“ des Tatrichters) wäre es nicht vereinbar, bei der „Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen“ die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage unberücksichtigt zu lassen (ebenso OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
, Beschluss v. 07.12.06, 7 W 78/06, AG 2007, 284, 286; OLG Jena, Beschluss v. 12.10.2006, 6 W 452/06, AG 2007, 31, 36, 37; Göz in Bürgers/Körber, AktG, § 246a Rn 4; Grunewald im MünchKomm AktG, 2. Aufl., zu § 319 AktG, dort Rz. 36).

5. Zudem ist bei der Interessenabwägung die der Beschlussfassung zugrunde liegende unternehmerische Grundentscheidung zu respektieren (ebenso zu § 16 Abs. 3 UmwG OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
a.M. NJOZ 2006, 870; 891; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
AG 2005, 361 = BeckRS 2005 04157; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
NZG 2002, 191,193).

Schlagworte: Aktienrecht, Anfechtungsfrist, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Freigabeverfahren, Interessenabwägung, Nachschieben von Gründen, Nichtigkeitsfeststellungsklage/Nichtigkeitsklage, überprüfbares Ermessen, Vertretungsbefugnis, Vorstand