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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2015 – I-6 U 55/14, 6 U 55/14

§ 246 Abs 1 AktG, § 167 ZPO, § 67 Abs 1 S 1 GKG, § 68 GKG

1. Eine innerhalb der Ausschlussfrist des § 246 Abs. 1 AktG eingegangene, aber erst lange nach Ablauf der Monatsfrist zugestellte Anfechtungsklage ist nicht demnächst i.S.v. § 167 ZPO zugestellt, wenn der Kläger, der über jahrelange Erfahrung mit Anfechtungsklagen verfügt, den angeforderten Kostenvorschuss nicht alsbald einzahlt, sondern stattdessen eine nicht statthafte Beschwerde einlegt.

Die Anfechtungsklagen sind auch nicht deshalb als innerhalb der Anfechtungsfrist erhoben zu behandeln, weil sie trotz der mehrmonatigen Verzögerung demnächst i.S.v. § 167 ZPO zugestellt worden sind. Das Merkmal „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO ist nur dann erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird in der typisierten Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschusses eine der Partei zuzurechnende Zustellungsverzögerung von etwa 14 Tagen regelmäßig hingenommen, um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen. Die Hinnehmbarkeit darüberhinausgehender Verzögerungen sind vom Vorliegen besonderer Umstände und dem Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände abhängig (zuletzt BGH, Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 154/14, MDR 2015, 1028 f.). Ob es insofern auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse oder darauf ankommt, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit verzögert hat, mag dahinstehen, weil eine den Klägern vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen so oder so vorliegt. Die Kläger, die sich als Rechtsanwälte selbst vertreten, haben unter Berücksichtigung der Gesamtumstände das ihnen Zumutbare für die alsbaldige Zustellung nicht getan, sondern vorwerfbar zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen. Zu berücksichtigen ist zunächst einmal, dass die Kläger wegen der Sollvorschrift des § 12 Abs. 1 GKG nicht davon ausgehen konnten, dass ihre Klagen ohne vorherige Einzahlung der Gerichtskosten zugestellt werden. Wie die Regelung in § 14 GKG zeigt, stellt die Zustellung einer Klage ohne Einzahlung des erforderlichen – hier nach § 6 Abs. 2 GKG mit der vorläufigen Streitwertfestsetzung durch das Landgericht fällig gewordenen – Gerichtskostenvorschusses die absolute Ausnahme dar. Den unter dem 06.05.2009 angeforderten Kostenvorschuss haben die Kläger nicht alsbald eingezahlt, sondern stattdessen gemeinsam am 19.05.2009 „Beschwerde nach § 67 Abs. 1 1. Alt. GKG sowie weitergehend nach § 67 Abs. 1 2. Alt. GKG“ eingelegt. Diese Beschwerden waren indes bereits nicht statthaft, sodass sich die vo n ihnen im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Hinweisbeschluss des Senats aufgeworfene Frage nach einer aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsmittel gar nicht stellt. Gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 GKG, der in seinem Wortlaut eindeutig ist, findet die Beschwerde nur statt gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts nur aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, und wegen der Höhe des in diesem Fall im Voraus zu zahlenden Betrages. Beide Konstellationen lagen nicht vor, weil das Landgericht mit – den Klägern förmlich zugestelltem – Beschluss vom 30.04.2009 (Bd.VI, Bl.1452 GA) lediglich vorläufig den Streitwert auf 500.000,00 EUR festgesetzt und der Kostenbeamte daraufhin die entsprechenden Gebühren angefordert hat (Bd. VI, Bl. 1452 GA). Eine Beschwerdemöglichkeit aus § 67 GKG bestand also in dieser Situation nicht. Eine Beschwerde gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung durch das Landgericht war ebenfalls nicht statthaft, weil sie gesetzlich nicht vorgesehen ist. Beschwerdefähig ist vielmehr lediglich die endgültige Wertfestsetzung nach § 68 GKG. Eine Beschwerdemöglichkeit gegen den vorläufigen Streitwertbeschluss ist gemäß §§ 63 Abs. 1 S. 2, 67 Abs. 1 S. 1 GKG nur dann gegeben, wenn die angegriffene Entscheidung zugleich beinhaltet, dass die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung abhängig gemacht wird. Das Landgericht hat einen solchen Beschluss vor Einlegung der Beschwerden aber unstreitig und für die Kläger erkennbar nicht erlassen. Die Gebührenanforderung des Kostenbeamten durch Schreiben vom 06.05.2009 ist für die Statthaftigkeit der Beschwerde nicht ausreichend (Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Auflage 2014, § 67 Rn 1; so auch OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss v. 23.02.2012 – 17 W 5/12, zitiert nach juris/Tz. 1 m.w.N.) Dem entsprechend hat auch der Kostensenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Beschwerden mit Beschluss vom 09.07.2009, auf den vollinhaltlich verwiesen wird (Bd. VI, Bl. 1495 ff. GA), soweit hier von Interesse, als unzulässig angesehen. Lediglich ergänzend wurde ausgeführt, zulässig, aber jedenfalls unbegründet, seien sie allenfalls dann, wenn man sie als Erinnerung nach § 66 Abs. 2 GKG ansähe.

2. Von einem Kläger, der weiß, das seine Anfechtungsklage schon dann erfolglos bleiben würde, wenn es zu Zustellungsverzögerungen kommt, die bei sachgerechter Prozessführung hätten vermieden werden können, kann erwartet werden, dass er sorgfältig prüft, was zu tun ist, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Kommt er bei dieser Prüfung rechtsirrig zu dem Ergebnis, es bestehe eine Beschwerdemöglichkeit nach § 67 GKG, und legt daraufhin ein nicht statthaftes Rechtsmittel ein, so trägt er im Sinne der zu § 167 ZPO entwickelten Grundsätze vorwerfbar zu der Zustellungsverzögerung bei.

Ob von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei in einer solchen Situation generell verlangt werden kann, dass sie entweder den angeforderten Gerichtskostenvorschuss einzahlt, um die Voraussetzungen für eine Zustellung der Klagen zu schaffen, oder eine rechtsmittelfähige Entscheidung erbittet, um gegen die ihrer Ansicht nach zu hohe Vorschussforderung Beschwerde einlegen zu können, kann offen bleiben. Jedenfalls von den Klägern konnte dies verlangt werden, weil sie – senatsbekannt – über jahrelange Erfahrung mit Anfechtungsklagen verfügen und daher anzunehmen ist, dass sie die Bedeutung der gesetzlichen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG kennen und somit auch wussten, dass ihre Anfechtungsklagen schon dann erfolglos bleiben würden, wenn es zu Zustellungsverzögerungen kommt, die bei sachgerechter Prozessführung hätten vermieden werden können. In einer solchen Lage kann erwartet werden, dass die Kläger sorgfältig prüfen, was zu tun ist, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Kommen sie bei dieser Prüfung rechtsirrig zu dem Ergebnis, es bestehe eine Beschwerdemöglichkeit nach § 67 GKG, und legen daraufhin ein nicht statthaftes Rechtsmittel ein, tragen sie im Sinne der zu § 167 ZPO entwickelten Grundsätze vorwerfbar zu der Zustellungsverzögerung bei.

Schlagworte: Anfechtungsfrist, Zustellung demnächst, Zustellung der Klage bei Gesellschaft nach Ende der Anfechtungsfrist, Zustellung nicht demnächst