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OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2013 – I-16 U 156/12, 16 U 156/12

1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft, der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht, (vor-)vertraglichen Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann bestehen, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 211/09 Rn. 10).

2. Da eine Fondsgesellschaft von vornherein auf eine breit angelegte wirtschaftliche Tätigkeit abzielt, liegt die Art und Weise, in der Werbung, Aufklärung und der Beitritt der einzelnen Anleger erfolgen, in der Verantwortung der Gründungsgesellschafter. Wird die Vertriebsstruktur ausgelagert, um mit Hilfe Dritter Beitrittsverhandlungen mit neuen Gesellschaftern zu führen, müssen sich die Gründungsgesellschafter das Fehlverhalten von Personen, die sie mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt haben, gemäß § 278 BGB zurechnen lassen (BGH, Urteil vom 14.05.2012 – II ZR 69/12 Rn. 11). Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachverwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat (BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 211/09).

3. Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachverwalter aufgrund persönlich in Anspruch genommenen – eben nicht nur typisierten – besonderen Vertrauens, zu deren Erfüllung er sich des Prospekts bedient (BGH, Urteil vom 23.04.2012 – II ZR 211/09). Diese werbemäßige Nennung des Namens einer Person allein reicht zur Begründung einer Prospekthaftung dieser Person im weiteren Sinne nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2004 – XI ZR 41/03 Rn. 28).

4. Den Treuhandkommanditisten, der die Interessen der Anleger als Treugeber wahrzunehmen hat, trifft unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss die Verpflichtung, diese über alle wesentlichen Punkte, insbesondere auch die regelwidrigen Umstände der Anlage, aufzuklären, die ihm bekannt waren oder bei gehöriger Prüfung hätten bekannt sein müssen und die für die von den Anlegern zu übernehmenden Beteiligungen von Bedeutung waren (BGH, Urteil vom 14.01.2002 – II ZR 40/00 Rn. 13; Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 322/08 Rn. 8; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG München
, Beschluss vom 05.09.2007 – 19 U 2903/07; vgl. auch OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 17.03.2010- 7 U 4466/09 Rn. 50).

5. Der Pflicht zu einer Aufklärung der Anleger im vorgenannten Sinne ist der Treuhandkommanditist nicht deshalb enthoben, weil er mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat. Denn der Beitritt vollzog sich prospektgemäß durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen ihm und dem Anleger als Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebotes durch die Komplementärin der Fondsgesellschaft (BGH, Urteil vom 15.07.2010 – III ZR 322/08).

6. Die Klausel, wonach der Treuhandkommanditist den Prospekt nicht überprüft und er nicht zur Anlageberatung bzw. Information über die Vor- und Nachteile vertraglich verpflichtet sei, ist wegen Verstoßes gegen § 305c Abs. 1 und § 307 Abs. 2 BGB unwirksam. Eine solche umfassende Haftungsfreizeichnung ist für den Anleger nicht nur überraschend, sondern benachteiligt ihn entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist mit dem besonderen Vertrauensverhältnis, wie es zwischen Treuhänder und Anleger besteht, nicht zu vereinbaren (vgl. mit weiteren Nachweisen KG, Urteil vom 24.05.2007 – 20 U 107/05, BeckRS 2007, 14697).

Schlagworte: Anlageberatung und Prospekthaftung, Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss, Haftung Gründungskommanditisten, Inanspruchnahme besonderen Vertrauens, persönliches Verhandlungsvertrauen, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft