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OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2016 – I-16 U 178/15, 16 U 178/15

§ 30 GmbHG, § 31 Abs 1 GmbHG, § 39 Abs 1 Nr 5 InsO, § 80 Abs 1 InsO, § 135 InsO, § 148 Abs 1 InsO

Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von 407.500,00 EUR wegen Zahlungen zuerkannt, die den Vorschriften des § 30 GmbHG zuwider geleistet wurden.

Der Kläger ist berechtigt, den Anspruch geltend zu machen. Der Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG steht der Gesellschaft zu. Diese wird bei der Geltendmachung grundsätzlich durch ihre Geschäftsführer vertreten, in der Insolvenz macht nach §§ 80 Abs. 1, 148 Abs. 1 InsO jedoch der Insolvenzverwalter den Anspruch geltend (vgl. Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 17; Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 31 GmbHG Rn 7 wmN).

Der Anspruch richtet sich gegen die Beklagte als Gesellschafterin und mittelbare Empfängerin der Zahlungen. Der Geltendmachung des Anspruchs steht nicht entgegen, dass die Zahlungen hier an einen Dritten, die S… Management Ltd., geleistet wurden. Erfolgt die Auszahlung, wie hier, aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Dritten, ist zu prüfen, ob in der Leistung der Gesellschaft an den Dritten eine Auszahlung an den Gesellschafter liegt. Das ist dann zu bejahen, wenn die Leistung an den Dritten eine Zuwendung an den Gesellschafter enthält (z.B. Zahlung auf oder Sicherheitenbestellung für eine Schuld des Gesellschafters) oder die Leistung an den Dritten auf Veranlassung des Gesellschafters erfolgte und durch dessen Eigeninteresse motiviert war. In diesen Fällen haftet, sofern das Stammkapital tangiert wird, der Gesellschafter nach § 31 Abs. 1 GmbHG (Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 31 GmbHG, Rn. 13 und § 30;   Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 28, § 30 Rn 170 ff.; so auch BGH, Urteil vom 10.05.1993 – II ZR 74/92 – und Urteil vom 21.09.1981 – II ZR 104/80 – juris).

Die zweite Fallgruppe betrifft Fälle, in denen die Leistung der Gesellschaft an den Dritten auf Veranlassung des Gesellschafters bewirkt wird und diese Veranlassung nicht die Förderung des Gesellschaftsinteresses bezweckt, sondern durch das außerbetriebliche Eigeninteresse des Gesellschafters motiviert ist. Anstelle der Veranlassung soll auch das Einverständnis des Gesellschafters genügen, sofern nur die genannte Motivation gegeben ist (Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 30 GmbHG, Rn. 37; Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 30 GmbHG Rn 20; BGH, Urteil vom 29. Mai 2000 – II ZR 118/98 – juris;).

Die Auszahlung ist dem Gesellschafter auch zuzurechnen, wenn der Dritte für ihn in verdeckter Stellvertretung  also in eigenem Namen handelt und den Auszahlungsgegenstand sodann vertragsgemäß (§§ 675 Abs. 1, 667 BGB) an den Gesellschafter weitergibt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Gesellschafter den Dritten in Umgehungsabsicht eingeschaltet hat oder ob dieser eine wirtschaftlich begründete Interessenvertretung ausübt (Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 28, § 30 Rn 152; Ensthaler/Füller/ Schmidt, GmbHG, § 31 Rn 7))

Darüber hinaus sind Auszahlungen an gleichgeordnete Beteiligungsgesellschaften die an ihr weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sind, dem Gesellschafter zuzurechnen, wenn ein GmbH-Gesellschafter zugleich an der Empfänger-Gesellschaft beteiligt ist, wenn er sich also bei Letzterer um eine „Gesellschafter-Gesellschaft“ handelt oder – konzernrechtlich – um eine Schwestergesellschaft handelt. Erforderlich ist eine „maßgebliche“ Beteiligung kraft derer der Gesellschafter auf die Empfänger-Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausüben kann. Ist (auch) die Empfängergesellschaft eine GmbH, so genügt es, wenn der Gesellschafter an dieser zu mehr als 50 % beteiligt ist, so dass er deren Geschäftsführung nach § 46 Nr. 6 durch Mehrheitsbeschluss anweisen kann. „Maßgeblich“ ist auch eine geringere Beteiligung, wenn der Gesellschafter zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Empfänger GmbH ist und einen Anweisungsbeschluss der übrigen Gesellschafter gegen sich nicht zu erwarten hat (Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 31 GmbHG Rn 28, § 30 Rn182 mwN; BGH, Urteil vom 13.11.1995 – II ZR 113/94 – NJW 1996, 589).

Ein solcher Fall der zweiten Fallgruppe ist hier in mehrfacher  Weise zu bejahen. Die Auszahlung erfolgte hier an die S… Management Ltd. im Interesse der Beklagten und zu deren Gunsten. Die Beklagte hat erstinstanzlich selbst mehrfach in ihren Schriftsätzen vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Rechnungen ihre persönlichen Tätigkeiten für die Insolvenzschuldnerin darstellten. Es sei in Zypern üblich, dass Geschäftsführungstätigkeiten nicht im Rahmen von Angestelltenverhältnissen, sondern über sog. Managementgesellschaften bzw. Abrechnungsgesellschaften  abgerechnet werden (Klageerwiderungsschriftsatz vom 02.08.201 S. 2, GA 21 und S. 6, GA 25). Weiter hat die Beklagte vorgetragen, dass ihre Tätigkeiten als auch die ihrer Architekten, Designer und Marketingfachleute über die S… Management Ltd. abgerechnet hat. Die Beklagte hat in ihrer Streitverkündungsschrift vom 20.01.2016 ihren diesbezüglichen Vortrag nochmals bestätigt. Die eigenen Angaben der Beklagten zugrunde gelegt, ist anzunehmen, dass ihr die Zahlungseingänge, die die S… Management Ltd. aufgrund ihrer  Abrechnungen erhalten hat, persönlich zugutekommen sollten. Die Beauftragung einer Abrechnungsgesellschaft mit der Geltendmachung der Gehälter für die eigene Geschäftsführertätigkeit sowie die dabei verauslagten Zahlungen für weitere Mitarbeiter oder zuarbeitende Unternehmen wie Architekten und dergleichen macht keinen Sinn, wenn die eingenommenen Gelder nicht für den Auftraggeber bestimmt wären. Eine verdeckte Stellvertretung ist mithin anzunehmen. Zumindest hatte die Beklagte einen Anspruch gegen die S… Management Ltd. auf Auskehrung des ihr zustehenden Abrechnungsbetrages aus ihrer in Rechnung gestellten Tätigkeit. Das hat auch das Landgericht so gesehen als es im letzten Satz des 2. Absatzes auf Seite 6 des Urteils auf den Vortrag der Beklagten hinweist, dass mit den Zahlungen eine Vergütung für ihre persönliche Geschäftsführertätigkeit bezweckt worden sei. Hinzu kommt, dass die Beklagte nach den vorliegenden Indiztatsachen auch als maßgeblich beteiligte Gesellschafterin des die Zahlungen empfangenden Unternehmens S… Management Ltd. anzusehen ist, auch wenn nicht festgestellt werden kann, dass sie Alleingesellschafterin des Unternehmens ist. So ist unstreitig, dass die Beklagte von Anbeginn der Existenz der S… Management Ltd. an alleinige Direktorin gewesen ist und kein weiteres Personal beschäftigt wurde. Ausweislich der als Anlage K 22 vorgelegten Registerunterlage bestand noch nicht einmal ein Sekretariat. Als Sekretariat wurde ein Drittunternehmen R… Services  Ltd. genannt. Hinzu kommt, dass die Emailanschrift des Unternehmens identisch ist mit der privaten Emailanschrift der Beklagten. Unter diesen Umständen kann von einem beherrschenden Einfluss der Beklagten ausgegangen werden, auch wenn sie nicht Alleingesellschafterin des Unternehmens sein sollte. Fest steht zudem auch, dass die Abrechnungen in Ihrem Interesse eingereicht wurden, da ihre Vergütung geltend gemacht wurde. Aus den seitens des Klägers geschilderten Umständen kann davon ausgegangen werden, dass die Auszahlung des Kapitals zumindest im Einverständnis der Beklagten erfolgt ist. Da sie selbst ihre Tätigkeit für die Insolvenzschuldnerin über die von ihr als Direktorin geführte S… Management Ltd. abgerechnet und der Insolvenzschuldnerin in Rechnung gestellt hat, ist anzunehmen, dass sie mit der Bezahlung der Rechnungen durch die Gemeinschuldnerin, deren Alleingesellschafterin sie war, einverstanden war. Hinzu kommt, dass ihr Lebensgefährte, der Prokurist G…, die Zahlungen nicht gegen ihren Willen geleistet hat.

Zutreffend und mit der Berufung nicht angegriffen, hat das Landgericht erkannt, dass die streitgegenständlichen Zahlungen das zur Stammkapitalerhaltung erforderliche Gesellschaftsvermögen betrafen. Die Höhe des maßgeblichen Stammkapitals ergibt sich aus der Satzung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) und zwar auf der Grundlage der Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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. Für die Frage, ob das Auszahlungsverbot betroffen ist, kommt es nur darauf an, ob die Stammkapitalziffer nicht mehr gedeckt ist; das ist bereits dann der Fall, wenn eine Unterbilanz vorliegt, das Gesellschaftsvermögen also zwischen „Null“ und dem in der Satzung festgelegten und im Handelsregister verlautbarten Nennwert des Stammkapitals liegt. Erst recht greift das Auszahlungsverbot, wenn das Gesellschaftsvermögen negativ ist, also eine Überschuldung eingetreten ist. Verboten ist eine Auszahlung an den Gesellschafter dann, wenn durch sie eine Unterbilanz entsteht oder eine schon vorhandene Unterbilanz vertieft wird. Unterbilanz bedeutet, dass die Stammkapitalziffer durch das vorhandene Gesellschaftsvermögen nicht gedeckt ist, ohne dass bereits eine Überschuldung besteht. Das Gesellschaftsvermögen beziffert sich nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen.  Maßgeblich ist grundsätzlich nur das Reinvermögen, das sich aus den Aktiva ermittelt, vermindert um die Verbindlichkeiten ohne Rücklagen und vergleichbare Eigenkapitalposten. Das Auszahlungsverbot gilt ebenso bei Überschuldung, wenn also die echten Passiva die Aktiva selbst bei Ansatz aller Verkehrs- bzw. Liquidationswerte übersteigen und das Eigenkapital insofern wirtschaftlich verbraucht ist (vgl. Goette, Die GmbH. 2. Auflage, § 3 II Rn 11 ff.). Diese Voraussetzungen lagen vor. Denn das Gesellschaftsvermögen der Insolvenzschuldnerin lag während des Zeitraums der streitgegenständlichen Zahlungen an die S… Management Ltd. durchweg unterhalb des Nennbetrags ihres Stammkapitals. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger zur satzungsmäßigen Höhe des Stammkapitals schriftsätzlich nicht selbst vorgetragen hat. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters R… vom 12.04.2010 – die darin enthaltenen Zahlen sind unstreitig – lässt sich allerdings ein Stammkapital von 25.000,00 EUR entnehmen. Aus den vorgelegten Jahresabschlüssen zu den Jahren 2006 bis 2008 ist ersichtlich, dass die Gesellschaft durchweg einschließlich des Jahres 2005 während der streitgegenständlichen Zahlungen eine Unterbilanz weit über die Höhe der streitgegenständlichen Zahlungen hinaus aufgewiesen hat (nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag im Jahre 2005: 73.000 EUR, im Jahre 2006 152.000 EUR, im Jahre 2007 rd. 320.000 EUR und im Jahre 2008: 507.000,00 EUR) und im Jahre 2009 nach den Ausführungen des Insolvenzverwalters zahlungsunfähig und überschuldet gewesen ist.

Die streitgegenständlichen Zahlungen sind allein aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses erfolgt. Soweit der Leistung an den Gesellschafter ein gleichwertiger Gegenwert gegenübersteht, eine sog. „bilanzneutrale“ Leistung, bestehen gegen die Weggabe von Gesellschaftsvermögen keine Bedenken, selbst wenn dadurch das gebundene Vermögen erstmals angegriffen wird oder eine bereits bestehende Unterbilanz oder Überschuldung vertieft wird. Bilanzneutral in diesem Sinn kann auch die Vergütung für einen Gesellschafter-Geschäftsführer sein. Wenn einem Fremdgeschäftsführer ein entsprechendes Gehalt gezahlt würde, stehen Leistung und Gegenleistung ausgeglichen gegenüber, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 GmbHG sind dann nicht erfüllt. Führt der gebotene Vergleich allerdings dazu, dass das Austauschverhältnis nicht als „neutrales Drittgeschäft“ eingestuft werden kann, gelten die Grundsätze der verbotenen Auszahlung. So liegt beispielsweise eine verbotene Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG und kein neutrales Geschäft vor, wenn die Gesellschaft für die Leistung des Gesellschafters zu viel zahlt (Goette a.a.O. § 3 II Rn 30 ff.; Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 30 GmbHG Rn 229 ff.; Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 30 GmbHG Rn 25 ff.). Die Zugrundelegung von Marktwerten ist die Methode der Wahl, wenn die Auszahlung zur Vergütung eines Vermögensgegenstandes bestimmt ist, den der Gesellschafter an die GmbH veräußert hat. Die Marktwerte dienen auch als Kriterium, um überhöhte Dienstleistungs-, Nutzungs- und Finanzierungsvergütungen zugunsten des Gesellschafters aufzudecken. Maßstab ist dabei, ob ein gewissenhafter nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also durch betriebliche Gründe gerechtfertigt gewesen ist (Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 30 GmbHG Rn 233 ,234). Ausgehend von diesen Grundätzen kann hier bereits nicht festgestellt werden, dass die Beklagte überhaupt Leistungen erbracht hat, die ihr wie einem Dritten zu vergüten gewesen wären. Die Beklagte war Alleingesellschafterin der Insolvenzschuldnerin und hatte für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin keinen Anstellungsvertrag mit der Gemeinschuldnerin, so dass sich die Vergütung ihrer Tätigkeit nach dem üblichen Gehalt eines Geschäftsführers aber auch gemessen an den Tätigkeiten eines Gesellschafters zu bemessen ist, die über den Rahmen dessen hinausgehen, die ein Gesellschafter seiner Stellung ohnehin schuldet. Die seitens der S… Management Ltd. eingereichten Rechnungen sowie die Angaben der Beklagten zu ihren Tätigkeiten werden dem nicht gerecht. Für die Annahme üblicher Geschäftsführervergütungen fehlt es bereits an gleichbleibenden und feststehenden Abrechnungsmodalitäten. So wird empfohlen auf eine besonders sorgfältige Dokumentation der Vergütung der (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer und auf eine konsequente Anwendung der vereinbarten Regularien zu achten, da sich ansonsten Indizien für eine verdeckte GewinnausschüttungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gewinnausschüttung
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ergeben. Die Vergütungsregeln sollten schriftlich vereinbart („Klarheitsgebot“) werden, und zwar im Vorhinein („Rückwirkungsverbot“ oder auch „Nachzahlungsverbot“). Die Vereinbarung sollte auch konsequent durchgeführt werden („Durchführungsgebot“). Ein weiteres Indiz für eine regelwidrige Vergütungsabrede ist die mehrfache substantielle Erhöhung in kurzen Zeitabständen (vgl. Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider/Hohenstatt in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 35 GmbHG Rn 356 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtshofes). Gleichbleibende Abrechnungsmodalitäten sind hier nicht zu finden. Vielmehr enthalten die Abrechnungen, die nicht monatlich erfolgen, unterschiedliche Beträge für Tätigkeiten, die nicht in den üblichen Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit fallen und einzelne Projekte zu betreffen scheinen wie z.B. die Formulierung einer Marketing & Werbestrategie (Rechnung vom 18.02.2005). Darüber hinaus handelt es sich stets um hohe Pauschalbeträge, die nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt sind und die zugrunde liegenden Einzelleistungen nicht erkennen lassen. Anhand der Rechnungen ist nicht erkennbar, dass es sich um Tätigkeiten handelt, die die Insolvenzschuldnerin der Beklagten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin zu vergüten hätte. Unabhängig davon ist auch nicht feststellbar, dass die abgerechneten Geschäfte dem üblichen Marktwert entsprochen hätten, da mangels näherer Beschreibung der einzelnen Rechnungspositionen nach Anzahl (Stunden/Stückzahl /Personenbeteiligung), Preisansätzen und dergleichen eine Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Auch in der Berufungsinstanz hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015 (Bde. 1, 2, 3), § 30 GmbHG Rn 115, Ekkenga in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., § 30 GmbHG Rn 291; BGH, Urteil vom 21.11.2003 – II ZR 171/01 – NJW 2004, 1111) nicht darzulegen vermocht, dass die in Rechnung gestellten Leistungen ein neutrales Drittgeschäft darstellen. Es ist nicht erkennbar, dass mit den Rechnungspositionen die Geschäftsführertätigkeit der Beklagten abgegolten werden sollte, wie sie es erstinstanzlich vorgetragen hat. Doch selbst wenn man ihren neuen Vortrag in der Berufungsinstanz unterstellt, dass es sich bei den abgerechneten Leistungen der S… Management Ltd. um Leistungen für die Insolvenzschuldnerin gehandelt haben soll, wären diese noch als verdeckte Leistungen an die Beklagte anzusehen. Es ist nämlich nicht festzustellen, dass die in Rechnung gestellten angeblichen Leistungen der S… Management Ltd. zu einem angemessenen Marktpreis außerhalb der Geschäftsführung abgerechnet wurden.

Im Einzelnen: …

Der Anspruch ist auch nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG im Wege der Aufrechnung mit einem Darlehensrückzahlungsanspruch ausgeschlossen. Danach gilt das Auszahlungsverbot nicht für die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Es ist bereits nicht dargelegt, dass die Beklagte einen Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 125.389,63 EUR hat. Der Kläger hat bereits im Schriftsatz vom 09.09.2013 bestritten, dass die Beklagte einen fälligen Anspruch in dieser Höhe hat. Die Verbuchung von Beträgen „Verbindlichkeit gegen Gesellschaft Fr. M…“ ist ohne zugrunde liegenden Beleg nicht ausreichend für eine Darlehensvergabe. Ein zwischenzeitlicher eingeräumter Rückfluss von 50.000 EUR an die Beklagte ist gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar und auch im Wege der Einrede geltend zu machen, was der Kläger getan hat, so dass dieser als weiterer Anspruch zur Auffüllung des Klageanspruches herangezogen werden kann. Einer Aufrechnung stehen hier auch die Regelungen der §§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO entgegen. Die Beklagte hatte Gelder im anfechtbaren Zeitraum zweckgebunden nachgeschossen, um  Ansprüche der Stadtwerke zu befriedigen. Nach der heute zentralen Norm des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist der Gläubiger eines Gesellschafterdarlehens oder der Forderung aus einer wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlung mit seinem Rückforderungsanspruch in der Insolvenz nachrangiger Insolvenzgläubiger. Vorherige Auszahlungen in der Krise oder nach Antragstellung auf Insolvenzeröffnung sind gemäß § 135 InsO anfechtbar (Hirte in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 135 InsO Rdnr, 5). Dies bewirkt, weil es um bloße Nachrangforderungen geht, zugleich eine Aufrechnungssperre. Dies deckt sich auch mit dem Rechtsgedanken des § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG (Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 31 GmbHG Rn 27 f.).

Der Anspruch beläuft sich auf 407.500,00 €. Ob der Kläger einen weitergehenden Anspruch hat, braucht nicht entschieden zu werden, da er keine Anschlussberufung eingelegt hat. Gegenstand des Erstattungsanspruchs ist, das Vermögen der Gesellschaft wieder auf den der Stammkapitalziffer entsprechenden Stand zu bringen. Bei Unterbilanz ist der Erstattungsanspruch nach oben durch die Stammkapitalziffer begrenzt, eine etwa über diese Zahl hinausgehende Leistung der GmbH kann der Gesellschafter in diesem Fall behalten, sobald die Unterbilanz ausgeglichen ist. Anders ist es bei der Überschuldung. Hier umfasst der Erstattungsanspruch nicht nur den der Stammkapitalziffer entsprechenden, sondern darüber hinaus den zur Rückführung der Überschuldung erforderlichen Betrag. Da die Insolvenzschuldnerin nach den Ausführungen des Insolvenzverwalters ein ungedecktes Volumen von 2.812.479,96 EUR aufweist und überschuldet ist, ist der Erstattungsanspruch in voller Höhe gegeben. Ungeachtet dessen wäre der Erstattungsanspruch auch bei den hier gegebenen Unterbilanzen der einzelnen Jahre in voller Höhe zuzusprechen, da die Fehlbeträge so hoch waren, dass ein Ausgleich dafür durch die entsprechenden Erstattungsansprüche nicht ausgereicht hätte.

Der Anspruch ist nicht nach § 31 Abs. 2 GmbHG zu beschränken. Sofern der Emp-fänger im guten Glauben war, kann die Erstattung danach nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Die Beklagte war im maßgeblichen Zeitpunkt des Leistungsempfangs nicht in gutem Glauben hinsichtlich der Zulässigkeit der Auszahlungen. Denn als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin hatte sie jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die Unzulässigkeit der Auszahlung nach § 30 GmbHG ergibt. Im Übrigen ist eine uneingeschränkte Erstattung selbst bei unterstellter Gutgläubigkeit gegeben, da diese angesichts der nunmehrigen Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin im Sinne des § 31 Abs. 2 GmbHG zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

Der Erstattungsanspruch ist nicht verjährt. Gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG verjährt der Anspruch in zehn Jahren beginnend mit Ablauf des Tages, an dem die angegriffene Zahlung geleistet wurde. Die zeitlich erste der hier streitgegenständlichen Zahlungen erfolgte am 06.05.2005. Die Klage ist also innerhalb der Verjährungsfrist erhoben worden.

Darüber hinaus ist auch ein Anspruch des Klägers aus §§ 134 Abs. 1, 143 InsO hinsichtlich der auf die Rechnungen vom 28.02.2006, 28.04.2006, 31.05.2006, 31.08.2006, 30.01.2007, 29.05.2007, 06.08.2007, 27.08.2007, 30.01.2008, 21.02.2008, 31.03.2008 und August 2009 geleisteten Zahlungen in Höhe von 242.500,00 EUR gegeben. Bei den Überweisungen handelt es sich um unentgeltliche Leistungen. Insoweit kann auf die zum Anspruch aus §§ 31, 30 GmbHG gemachten Ausführungen zur Frage der „bilanzneutralen“ verwiesen werden. Eine Verfügung ist dann unentgeltlich, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Leistung zufließen soll (de Bra in Braun, Insolvenzordnung, 6. Aufl. 2014, § 134 Rn 8). Da nicht festzustellen ist, dass die S… Management Ltd. die in Rechnung gestellten Leistungen für die Schuldnerin tatsächlich erbracht hat, jedenfalls nicht zu diesem Umfang und Wert, die Schuldnerin die Leistungen aber bezahlt hat, handelt es sich um unentgeltliche Leistungen. Leistungsempfänger ist die Beklagte. Die Anfechtung gemäß § 134 InsO richtet sich gegen denjenigen, der die unentgeltliche Leistung erlangt hat. Dies ist nach objektiven Maßstäben aus der Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen; subjektive Fehlvorstellungen eines Beteiligten sind unerheblich (Kayser in Münchener Kommentar zu InsO, 3. Aufl. 2013, § 134 Rn 14). Sind an dem Zuwendungsvorgang mehrere Personen beteiligt, können durch eine einzige Leistung des Schuldners in einem Dreiecksverhältnis vereinbarungsgemäß mehrere Rechtsbeziehungen betroffen werden. Hiervon ist jedoch die Fallgruppe zu unterscheiden, in welcher der Schuldner an eine Zwischenperson leistet und erst diese den Gegenstand der Leistungen – in gleicher oder veränderter Form – an den an  sich bedachten Empfänger weiterleitet. Für die Anwendung des § 134 InsO entscheidet aber nur, ob der Empfänger unentgeltlich erlangt oder eine ausgleichende Gegenleistung erbracht hat. Die bloße Zwischenperson ist grundsätzlich keinem Anfechtungsanspruch ausgesetzt (Kayser in Münchener Kommentar zu InsO, 3. Aufl. 2013, § 134 Rn 14b). Nach den eigenen Ausführungen der Beklagten war die S… Management Ltd. als Abrechnungsstelle für ihre eigenen Leistungen oder die von ihr in Auftrag gegeben Leistungen für sie tätig. Damit ist aus der objektiven Sicht der Beklagten und der S… Management Ltd., deren Direktor die Beklagte auch noch war, die Beklagte letztendlich die Leistungsempfängerin. Eine Gläubigerbenachteiligung ist hier ebenfalls nach dem oben Gesagten anzunehmen. Die Benachteiligung folgt hier bereits aus der Unentgeltlichkeit. Der Anfechtungstatbestand erfasst jedoch nur unentgeltliche Leistungen, die nicht früher als 4 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. Wann eine Handlung als vorgenommen gilt, bestimmt sich nach § 140 InsO. Diese liegt hier mit der Überweisung der in Rechnung gestellten Beträge. Gemäß § 139 InsO ist der Bezugspunkt für die Rückberechnung der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hier also der 23.12.2009. Damit fallen die Überweisungen für die Rechnungen aus dem Jahre 2005 nicht mehr unter den Anfechtungstatbestand. Eine Erstattung der Rechnung vom 30.01.2006 hatte das Landgericht aberkannt.

 

 

Schlagworte: GmbHG § 30, GmbHG § 31, Kapitalerhaltung nach § 30 und § 31 GmbHG