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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.04.2013 – I-3 Wx 171/12, 3 Wx 171/12

AktG § 273

1. Eine Nachtragsabwicklung ist erforderlich, wenn sich nach Löschung der Gesellschaft im Handelsregister herausstellt, dass noch unverteiltes Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist oder sich die Notwendigkeit sonstiger weiterer Abwicklungsmaßnahmen ergibt, § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG. Die Vorschrift verlangt also für die Bestellung von Nachtragsabwicklern, dass sich nachträglich, d. h. nach der Löschung der Gesellschaft, weitere Abwicklungsmaßnahmen als nötig erweisen.

2. Das ist der Fall, wenn noch Vermögen vorhanden ist, das unter die Gläubiger und nach deren Befriedigung unter die Gesellschafter verteilt werden kann (Karsten Schmidt in Großkommentar zum AktG Hopf/Wiedemann 4. Auflage 2013, § 273 Rdz 12 f.; Hüffer in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Goette/Habersack, 3. Auflage 2011 § 273 Rdz. 32; BayObLG FGPrax 2004, 297, 298; BayObLG ZIP 1985, 33 f.; Kraft in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage 1996 § 273 Rn 25). Nicht erforderlich ist, dass das Vermögen erst nachträglich entdeckt wird. Vielmehr sind Nachtragsabwickler auch dann zu bestellen, wenn der Schluss der Abwicklung (§ 273 Abs. 1 AktG) zu Unrecht angemeldet worden ist und dies den Anmeldern bewusst war (Hüffer, a.a.O.; KGJ 41 A 138 f.; Kraft, a.a.O., Rn 24).

3. Zum Vermögen der Gesellschaft gehören auch noch bestehende Einlagenansprüche (BGH DStR 2003, 1541, 1542 (Publikums-KG); BayObLG ZIP 1985, 33 f., Hüffer, a.a.O.) sowie die Schadensersatzansprüche der gelöschten AG gegen die Mitglieder ihres Vorstands oder Aufsichtsrats (§§ 93, 116 AktG), ferner Rückgewähransprüche gegen Aktionäre (§ 62 AktG).

4. Der Antragsteller muss schlüssig darlegen, dass der behauptete Anspruch auch realisiert werden kann (BayObLG ZIP 1985, 33 f.; Hüffer, Aktiengesetz, 10. Auflage 2012 § 273 Rdz.14; ders. in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, a.a.O.). Voller Nachweis der Notwendigkeit weiterer Abwicklungsmaßnahmen ist nicht zu fordern, wohl aber Glaubhaftmachung entsprechender Tatsachen (Hüffer, Aktiengesetz, 10. Auflage 2012 § 273 Rdz.15; Hüffer, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Rdz. 37). Erforderliche Ermittlungen werden von Amts wegen angestellt (§ 26 FamFG).

5. Wenn das Gericht die Notwendigkeit weiterer Abwicklungsmaßnahmen bejaht, kann es sich nicht auf die Anordnung einer Nachtragsliquidation beschränken; vielmehr sind die Personen der Abwickler zu bezeichnen und neu zu bestellen.

6. Über die Person der Nachtragsabwickler entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. i. Ü. Hüffer, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Rdz. 38).

7. Beschließt die Hauptversammlung einer vormals als AG betriebenen, im Register gelöschten, Privatbank bestandskräftig (hier: erfolglose Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage) die Feststellung und Genehmigung der Schlussrechnung und die Entlastung der Abwickler, so kommt eine Nachtragsliquidation wegen bereits vor Löschung der Gesellschaft im Hinblick auf ihr Bestehen bzw. die Erfolgsaussicht ihrer Durchsetzung von fachkundiger Seite rechtlich begutachteter und sondergeprüfter Ansprüche (hier: aus einem Einbringungs- und Übertragungsvertrag, namentlich wegen angeblich unwirksam erbrachter und daher fortbestehender Einlagepflicht, gegen eine andere Bank) nicht in Betracht, solange kein Anhalt dafür besteht, dass der Schluss der Abwicklung zu Unrecht angemeldet worden ist und dies den Anmeldern bewusst war.

Schlagworte: Auswahlermessen, Darlegungs- und Beweislast, Einlage, Ermessensentscheidung, Ermessensspielraum, Handelsregister, Liquidation, Liquidator, Löschung, Nachtragsliquidation, Schadensersatzanspruch, überprüfbares Ermessen