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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.05.2012 − I-24 U 250/11

BGB §§ 705 ff., 709, 744

1. Der einzelne Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
ist nicht berechtigt, eine der Gesamthand zustehende Forderung gegen einen Dritten im eigenen Namen geltend zu machen; er hat nämlich grundsätzlich nicht die Befugnis, gem. § 432 BGB eine Gesellschaftsforderung allein geltend zu machen. Vielmehr können nach § 709 Abs. 1 BGB die Gesellschafter, falls nicht ein anderes vereinbart ist, die Geschäfte der Gesellschaft nur gemeinschaftlich führen, mithin auch nur gemeinschaftlich eine Forderung der Gesellschaft einklagen (vgl. etwa BGHZ 39, 14, 15; 102, 152, 154 m. w. N.).

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der einzelne Gesellschafter allerdings in besonders gelagerten Fällen prozessführungsbefugt und damit zur Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung im eigenen Namen berechtigt, wenn der andere Gesellschafter sich aus gesellschaftswidrigen Gründen weigert, an der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung mitzuwirken und zudem der verklagte Gesellschaftsschuldner an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt ist (BGH, NJW-RR 2008, 1484; NJW 2000, 734; NJW 1988, 558; BGHZ 102, 152, 155; 39, 14, 16 f.; ebenso OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
[10. Zivilsenat], ZMR 2001, 182, 183; NZG 2003, 323; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
, NZG 2000, 248; OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Koblenz
, NZG 1999, 250). Den klagenden Gesellschafter auf den umständlichen Weg zu verweisen, zunächst die anderen Gesellschafter auf Mitwirkung an der Geltendmachung der Forderung zu verklagen, wäre bei Beteiligung des Beklagten am gesellschaftswidrigen Verhalten ein unnötiger Umweg (vgl. BGHZ 39, 14, 20).

3. Diese Voraussetzungen einer Prozessführungsbefugnis des einzelnen Gesellschafters Klägerin müssen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. BGHZ 125, 196, 201) positiv feststehen; anderenfalls ist die Klage durch Prozessurteil abzuweisen (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1484; auch BGH, NJW 2000, 738 f.).

4. Die Gesellschafter sind in der Entscheidung darüber, ob sie der von einem Mitgesellschafter beabsichtigten Maßnahme zustimmen wollen, grundsätzlich frei. Jedem geschäftsführenden Gesellschafter ist das Widerspruchsrecht gegeben, damit er sich nach eigener Entschließung an den in der Gesellschaft anfallenden Entscheidungen beteiligen und nach eigener Beurteilung Zweckmäßigkeit und Risiko abschätzen kann, wie sie sich ihm darstellen, wenn die von dem Mitgesellschafter vorgesehene Maßnahme unterbleibt. Differenzen über die Zweckmäßigkeit von Geschäftsführungshandlungen unterliegen nicht gerichtlicher Entscheidung (vgl. BGH, NJW 1986, 844).

5. Etwas anderes gilt nur, wenn die fragliche Maßnahme im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Interesse der Gesellschaft
geboten ist und die Verweigerung sich als pflichtwidrig darstellt (vgl. MüKomm-BGB/Ulmer, 4. Auflage, § 709 Rn. 42); das kann auch der Fall sein, wenn der Gesellschafter mit einem aus eigennützigen Motiven ausgesprochenen Widerspruch gegen das Gesellschaftsinteresse verstößt (BGH, a.a.O.). Insgesamt ist allerdings die Privatautonomie der Gesellschafter zu beachten und die gesellschaftliche Treuepflicht nicht überzustrapazieren; auch die Zubilligung der Prozessführungsbefugnis für einen einzelnen Gesellschafter sollte dementsprechend restriktiv gehandhabt werden (vgl. Dauner-Lieb/Langen/Heidel/Hanke, BGB, 2. Auflage, § 709 Rn. 15; Anhang I zu § 705, Rn. 37). Dies gilt auch deshalb, weil die Schutzwürdigkeit des Gesellschafters, dessen Mitgesellschafter aus gesellschaftswidrigen Gründen die Mitwirkung an einem prozess verweigern, als nicht sehr groß zu bewerten ist (so ausdrücklich BGHZ 39, 14). Denn ihm wird es nicht unmöglich gemacht, die Gesellschaftsforderung durchzusetzen; er kann lediglich nicht in ein und demselben Rechtsstreit klären lassen, ob die Forderung (von ihm) geltend gemacht werden kann (vgl. auch OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
[10. Zivilsenat], ZMR 2001, 182, 183).

6. Die Führung eines Prozesses kann sich auch dann, wenn die Klage Erfolg hat, mittelbar zum Nachteil der Gesellschaft auswirken (vgl. BGHZ 39, 14, 16). Deshalb hat der Mitgesellschafter ein berechtigtes Interesse daran, dass die Frage, ob ein Gesellschafter die Forderung einziehen darf, nicht in dem prozess zwischen dem Gesellschafter und dem Gesellschaftsschuldner, sondern in einem Rechtsstreit zwischen den Gesellschaftern festgestellt wird (vgl. OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Dresden
, NZG 2000, 248).

7. Zwar können in analoger Anwendung der Notkompetenz entsprechend § 744 Abs. 2 BGB Rechte der Gesellschaft im eigenen Namen geltend gemacht werden. Ein Notfall im Sinne des § 744 Abs. 2 BGB setzt aber voraus, dass gerade die Klage eines einzelnen Gesellschafters eine Maßnahme ist, die im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Interesse der Gesellschaft
zur Erhaltung der Substanz oder des wirtschaftlichen Wertes des Gegenstandes der Gesellschaft im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist (BGH, NJW-RR 2008, 1484; BGHZ 39, 14, 20; 17, 181, 183; OLG DresdenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Dresden
, NZG 2000, 248). Eine solche Fallgestaltung liegt aber dann nicht vor, wenn der Gesellschafter seinen Mitgesellschafter zwischenzeitlich auf Erteilung der Zustimmung zur Prozessführung hätte verklagen können.

Schlagworte: BGB-Gesellschaft, GbR, Gesellschafter, Mitwirkungspflichten, ordnungsgemäße Verwaltung, Personengesellschaft, Treuepflicht