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OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2011 – I-6 U 155/11

BRAO 59a ff; ZPO §  256

1. Das Tätigkeitsgebot des § 59e Absatz 1 Satz 2 BRAO verlangt eine Erbringung der Leistungen in der und für die Rechtsanwaltsgesellschaft selbst.

2. Ein Verstoß gegen das Tätigkeitsgebot durch den sozietätsfähigen Nicht-Rechtsanwalts-Gesellschafter führt nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit des Gesellschaftsvertrages oder dazu, dass er nicht Gesellschafter geworden ist. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Nicht jeder Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt mithin automatisch zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes. § 134 BGB macht diese Rechtsfolge vielmehr davon abhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Ob § 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO ein Verbot im Sinne des § 134 BGB enthält, kann letztlich offen bleiben. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde der vorliegende Verstoß nicht zur Nichtigkeit der Satzung oder des Beitritts der Kläger führen. Dies würde voraussetzen, dass es nach Sinn und Zweck der verletzten Vorschrift nicht hingenommen werden kann, die durch das Rechtsgeschäft – Abschluss des Gesellschaftsvertrages – getroffene Regelung bestehen zu lassen (vgl. dazu etwa BGH, Urt. v. 17. Oktober 2002 – V ZR 429/02, NJW 2003, 3692). § 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO richtet sich schon nicht gegen den Inhalt bestimmter Rechtsgeschäfte. Die Vorschrift selbst dient vielmehr dem Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit und betrifft in erster Linie das Zulassungsverfahren nach der BRAO. Im Übrigen enthält diese in § 59h BRAO eine Regelung zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO.

3. Nach § 59c Abs. 1 BRAO können (nur) Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden. Weder fallen Anwaltssozietäten in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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oder Partnerschaften unter diese Vorschrift, noch regelt sie die Zulassung anderer Gesellschaftsformen. Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft können gemäß § 59e Abs. 1 BRAO zwar nur Rechtsanwälte und Angehörige der in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufe sein. Außer Streit steht aber, dass sich Angehörige der in § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO genannten Berufsgruppen jedenfalls dann auch in gesamthänderischer Bindung als BGB-Gesellschafter an einer Rechtsanwaltsgesellschaft beteiligen können, wenn die Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ihrerseits so ausgestaltet ist, dass den an die Rechtsanwaltsgesellschaft gestellten berufsrechtlichen Anforderungen Genüge getan ist (so auch Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Auflage 2008, § 59c Rn. 1 und § 59e Rn. 1 und für § 52e PatAO BGH, Urt. v. 9. Juli 2001 – PatAnwZ 1/00, BGHZ 148, 270 ff. = DB 2001, 1876 ff.). Entscheidend dabei ist, ob die in gesamthänderischer Verbundenheit in der Gestalt der BGB-Gesellschaft in Erscheinung tretenden Personen ausschließlich Angehörige der (in § 52e Abs. 1 PatAO) genannten Berufsgruppen sind und ob das entscheidende Gewicht bei der Willensbildung der GmbH den (Patent)Anwälten zukommt, deren Anteils- und Stimmenmehrheit also gesichert ist (BGH a. a. O.).

4. Im Personengesellschaftsrecht ist ein Streit – wenn nicht der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsieht – zwischen den Gesellschaftern auszutragen (BGH, Urt. v. 7. Juni 1999 – II ZR 278/98, NJW 1999, 3113 f.). Es ist anerkannt, dass ein Gesellschafter, der die Wirksamkeit von Beschlüssen anzweifelt, gegen die anderen Gesellschafter Feststellungsklage erheben kann mit dem Ziel, deren Unwirksamkeit feststellen zu lassen (BGH a. a. O., Urt. v. 9. November 1998 – II ZR 213/97, NJW 1999, 571).

5. Im Personengesellschaftsrecht gibt es für die Geltendmachung von Beschlussmängeln – anders als im Recht der Kapitalgesellschaften – keine gesetzlichen oder am Leitbild des § 246 Abs. 1 AktG orientierten Klagefristen. Wer sich auf die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen beruft, ist bei Erhebung der Feststellungsklage daher grundsätzlich an keine Frist gebunden (BGH, Urt. v. 7. Juni 1999 – II ZR 278/98, NJW 1999, 3113 ff.). Allerdings steht es den Gesellschaftern auch in einer Personengesellschaft frei, die Berufung auf Beschlussmängel durch materielle Ausschlussfristen für die Klageerhebung im Gesellschaftsvertrag zu beschränken (BGH a. a. O.).

6. Im Fall notwendiger Streitgenossenschaft aus materiellen Gründen ist eine Klage notwendigerweise gegen alle Streitgenossen zu richten (BGH Urt. v. 14. April 2010 – IV ZR 135/08, FamRZ 2010, 1068; Musielak, ZPO, 8. Auflage 2011, § 62 Rn. 11), wobei aber aus prozessökonomischen Gründen eine Klageerhebung gegen einzelne Streitgenossen zugelassen wird, wenn die übrigen zuvor erklärt haben, zu der mit der Klage begehrten Leistung verpflichtet und bereit zu sein (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urt. v. 20. November 1998 – 23 U 2590/98, NZG 1999, 440 f. unter Hinweis auf BGH NJW 1992, 1101 und NJW-RR 1991, 333 f.).

Schlagworte: Anfechtungsfrist, Beschlussmängel, Gesellschafter, Gesellschaftsvertrag, Klagefrist, Personengesellschaft, Stimmrechte, Streitgenossen