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OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.1995 – 6 U 124/94

GmbHG §§ 16, 34; AktG §§ 241 ff.

1. Die Gesellschafterstellung richtet sich im Verhältnis zur Gesellschaft ausschließlich nach § 16 Abs. 1 GmbHG.

2. Handelt es sich bei einem GmbH-Gesellschafter um eine Gesellschaft, so ist die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung an das vertretungsberechtigte Organ zu richten. Dies gilt auch dann, wenn über das Vermögen der Gesellschafterin bereits das Konkursverfahren (jetzt Insolvenzverfahren) eröffnet wurde.

Zu richten ist die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung – wie bereits erwähnt – an die Gesellschafter der GmbH, wobei die Frage, wer als Gesellschafter anzusehen ist, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Fiktion des § 16 Abs. GmbHG zu beantworten ist (vgl.OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
, NJW-RR 1990, NJW-RR Jahr 1990 Seite 657 = GmbHR 1990, GMBHR Jahr 1990 Seite 166; Scholz/K. Schmidt, § 51 Rdnr. 6; Hachenburg/Hüffer, § 51 Rdnr. 6). Handelt es sich dabei bei dem Gesellschafter um eine juristische Person, so muß die Einladung an ihr vertretungsberechtigtes Organ gehen (vgl. Scholz/K. Schmidt, § 51 Rdnr. 7).

Der Senat verkennt nicht, daß nach der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der S-AG das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das gesamte zur Konkursmasse gehörende Vermögen der Gemeinschuldnerin gemäß §§ 6, 117 KO auf die Konkursverwalter übergegangen ist. Dies galt und gilt – entgegen der Auffassung des LG – auch in bezug auf die hier in Rede stehenden Beteiligungsrechte der Gemeinschuldnerin an der Bekl., bezüglich deren die Verwaltungs- und Verfügungsmacht dem Kl. zu 1) übertragen worden ist. Mögen nämlich die ursprünglich von der S-AG gehaltenen Geschäftsanteile an der Bekl. selbst nicht in die Konkursmasse gefallen sein, weil die S-AG sie zuvor wirksam an die Kl. zu 2) abgetreten hat, so gilt gleiches nicht auch für die an die Geschäftsanteile geknüpften Mitgliedschaftsrechte, als deren Inhaberin kraft der gesetzlichen Fiktion des § 16 Abs. 1 GmbHG weiterhin die S-GmbH anzusehen ist. Diese Rechte stellen – wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist (vgl. A.I.1.a) – einen realen Vermögenswert dar, der mit der Konkurseröffnung in die Konkursmasse gefallen ist mit der Folge, daß die Verwaltung und Wahrnehmung der fiktiven Gesellschafterstellung seit dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung allein dem Kl. zu 1) zusteht. Gleichwohl ist hier die nicht an den Kl. zu 1), sondern den Vorstand der S-AG adressierte Einladung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu beachten ist nämlich, daß die vorbeschriebenen formalen Anforderungen, die an die Adressierung der Einladung zur Gesellschafterversammlung zu stellen sind, nicht irgendeinem Selbstzweck dienen; vielmehr soll mit ihnen – wie sich aus dem Wesen und der Funktion der Einladung ergibt – sichergestellt werden, daß die Einladung auch tatsächlich der zur Vertretung berechtigten Person bzw. dem zur Vertretung berechtigten Organ des nicht selbst geschäftsfähigen Gesellschafters zugeht. Ein Zugang der Einladung im vorgenannten Sinn ist dabei nach den allgemeinen Regeln dann anzunehmen, wenn die Einladung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (vgl. BGHZ 67, 275; BGH, NJW 1980, 990; BGH, NJW 1983, 930; BAG, NJW 1984, 1651; Palandt / Heinrichs, BGB, 53 Aufl., § 130 Rn. 5; Münch. Komm. / Förschler, BGB, 3. Aufl., § 130 Rn. 10 m. w. N.; Staudinger / Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 21). Im Ergebnis kommt es also entscheidend darauf an, ob die Einladung zur Gesellschafterversammlung in den Machtbereich des Kl. zu 1) gelangt ist, so daß unter gewöhnlichen Umständen erwartet werden konnte, daß dieser von ihr Kenntnis nahm. Gerade dies war jedoch trotz der Adressierung der Einladung an den nach Konkurseröffnung auch zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte nicht mehr vertretungsberechtigten Vorstand der S-AG der Fall. Unstreitig nahm der Kl. zu 1) die ihm in bezug auf den Konkurs der S-AG zugewachsenen Aufgaben in den Geschäftsräumen der Gemeinschuldnerin, also genau unter der Anschrift wahr, an die die Einladung auch gesandt worden ist. Damit war unter den hier gegebenen Umständen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten, daß der Kl. zu 1) von dem Einladungsschreiben auch tatsächlich Kenntnis erhielt, wenngleich in ihm der Vorstand der Gemeinschuldnerin als Empfangsvertreter der S-AG genannt war. Diese Adressierung kommt nämlich – auch aus Sicht des Empfängers – bei verständiger Würdigung die Bedeutung zu, daß die Einladung an das vertretungsberechtigte Organ der AG gerichtet werden sollte. Geht aber – wie hier – im Falle eines Konkurses der AG der Vorstand gerade dieser gesetzlichen Vertreterstellung in bezug auf das zur Konkursmasse gehörende Vermögen verlustig und tritt praktisch an seine Stelle der kraft seines Amtes das Verwaltungs- und Verfügungsrecht ausübende Konkursverwalter, so kann in aller Regel davon ausgegangen werden, daß dieser aufgrund seines Verwaltungsrechts von der eingehenden Post, insbesondere den an den Vorstand der Gemeinschuldnerin gerichteten Schreiben Kenntnis erhält. Diese Sicht der Dinge entspricht nicht nur allgemeinen praktischen Erfahrungen; sie spiegelt sich vielmehr auch im Gesetz wider, wie sich insbesondere aus § 121 KO ergibt. Wenn dort nämlich als Ausnahmefall die Möglichkeit der Anordnung einer Postsperre genannt wird, so ergibt sich daraus als argumentum e contrario, daß ohne eine solche Postsperre in anderer Weise sichergestellt ist, daß der Konkursverwalter vom massebezogenen Brief- und sonstigen Postverkehr des Gemeinschuldners Kenntnis nehmen kann. In welcher Weise und durch welche organisatorischen Maßnahmen der Konkursverwalter dies sicherstellt, unterliegt allein seiner Verwaltungsmacht, wobei in erster Linie interne Maßnahmen in Betracht kommen. Daß solche auch tatsächlich ergriffen worden sind, davon darf ein außenstehender Dritter, der mit dem Gemeinschuldner in schriftlichen Kontakt treten will, regelmäßig ausgehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Konkursverwalter den Dritten nicht ausdrücklich über die Konkurseröffnung informiert und darum gebeten hat, die Korrespondenz an ihn, den Konkursverwalter, persönlich zu adressieren. Da letzteres auch im vorliegenden Fall nicht geschehen ist, konnte und durfte dementsprechend auch hier die Bekl., der die Konkurseröffnung und wohl auch die Person des Kl. als Konkursverwalter benannt waren, erwarten, daß der Kl. zu 1) von dem an den Vorstand der S-AG adressierten Einladungsschreiben Kenntnis erhalten würde. Daß diese Erwartungshaltung dem regelmäßigen Verlauf der Dinge entspricht, zeigt sich im übrigen auch daran, daß nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag der Bekl. der Kl. zu 1) auch tatsächlich von der Einladung Kenntnis erhalten hat -ein Umstand, der auch durch das Antwortschreiben der beiden Konkursverwalter vom 17. 8. 1993 belegt wird.

3. Die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses ist im Konkurs (jetzt Insolvenz) des Gesellschafters vom Konkursverwalter (jetzt Insolvenzverwalter) geltend zu machen.

4. Die Nichteinhaltung der Einladungsfrist führt zur Rechtswidrigkeit und damit zur Anfechtbarkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse (vgl. Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 45 GmbHG Rn 64 sowie § 51 GmbHG Rn. 30; Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 51 GmbHG Rn. 27; Hachenburg/Raiser, a.a.O., Anh. zu § 47 GmbHG Rn. 34; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 51 GmbHG Rn. 14).

5. Unbegründet ist die Anfechtungsklage auch nicht schon deshalb, weil die Gesellschafterversammlung der Bekl. am 28. 12. 1993 erneut die Einziehung der von der S-AG gehaltenen Geschäftsanteile beschlossen hat. Durch diese erneute Beschlußfassung ist nämlich die Anfechtbarkeit des mit der vorliegenden Klage angefochtenen Einziehungsbeschlusses nicht beseitigt worden. Eine derartige Beseitigung der Anfechtbarkeit und damit eine Heilung des Erstbeschlusses kann nämlich in entsprechender Anwendung des § 244 S. 1 AktG allenfalls dann eintreten, wenn der Bestätigungsbeschluß innerhalb der Anfechtungsfrist nicht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist. Beides ist hier nicht der Fall. Unstreitig hat der Kl. zu 1) nämlich auch gegen den im Dezember 1993 gefaßten Bestätigungsbeschluß Anfechtungsklage erhoben, über die bislang noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

Schlagworte: Adressat der Einberufung, Anfechtungsgründe, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Auswirkung des Bestätigungsbeschlusses auf Anfechtungsklage, Beschlussmängel, Bestätigung, Bestätigung anfechtbarer Beschlüsse, Bestätigungsbeschluss nach § 244 Satz 1 AktG, Einberufung, Einberufungsmängel, Gesellschafter, Gesellschafterversammlung, Grundsätzliche Anfechtbarkeit, Insolvenz, Ladung bei Insolvenz des Gesellschafters, Liste der Gesellschafter, Nichtwahrung der Einladungsfrist, Sämtliche Gesellschafter im Sinne des § 16 Abs. 1 GmbHG, Voraussetzungen an Bestätigungsbeschluss