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OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.1988 – 6 U 310/87

wechselseitige Abberufung

GmbHG §§ 38, 46, 61; HGB § 140

1. Wird von einer GmbH die Feststellung der Wirksamkeit eines Beschlusses über die Bestellung eines Geschäftsführers geltend gemacht oder verteidigt sich die GmbH gegen eine entsprechende Nichtigkeitsklage, so ist in beiden Fällen derjenige gesetzlicher Vertreter, der bei Gültigkeit des beanstandeten Beschlusses gesetzlicher Vertreter ist.

2. Bei einer GmbH, die auf die persönliche Zusammenarbeit der Gesellschafter angelegt und angewiesen ist, bei der insbesondere die Einsetzung außenstehender Dritter als Geschäftsführer nicht in Betracht kommt, ist ein Grund zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
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gemäß § 61 Abs. 1 GmbHG gegeben, wenn Zerwürfnisse zwischen den Gesellschaftern eine gedeihliche Zusammenarbeit unmöglich machen. Ein solches tiefgreifendes Zerwürfnis bildet ohne Rücksicht auf die Ursache einen wichtigen Grund zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, es setzt insbesondere kein Verschulden voraus (vergleiche BGH, 1981-02-23, II ZR 229/79, NJW 1981, 2302).

3. Eine Ausschließung aus einer Zwei-Personen GmbH sowie aus einer Zwei-Personen-OHG ist ausgeschlossen, wenn das gesellschaftswidrige Verhalten des anderen Gesellschafters, gemessen an dem Verhalten des ersteren, als ein wichtiger Grund im Sinne des § 140 HGB anzusehen ist; denn in einem solchen Falle ist es nicht gerechtfertigt, die nur einen Gesellschafter treffende Maßnahme der Ausschließung zu verhängen (vergleiche BGH, 1981-02-23, II ZR 229/79, NJW 1981, 2302).

4. Sind erhebliche Gründe dafür wahrscheinlich, dass in den Personen beider Geschäftsführer ein wichtiger Grund zu ihrer Abberufung gegeben ist und dass deshalb beide Beschlüsse der Gesellschafterversammlung rechtswirksam sind, so ist es – ohne sonstige zwingende Gründe – nicht angemessen, dem einen geschäftsführenden Gesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis im Wege der einstweiligen Verfügung bis zur Entscheidung in der Hauptsache einseitig vorläufig zu entziehen und sie dem anderen einseitig zu belassen.

Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers J T wird das Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 1987 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Auf den Antrag des Antragstellers wird die einstweilige Verfügung des Vorsitzenden der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Oktober 1987 – 41 O 200/87 – teilweise wie folgt bestätigt:

Der Antragsgegnerin, der T W GmbH, wird durch einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache über die Unwirksamkeit des Beschlusses der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 1987 betreffend die Abberufung des Antragstellers J T als Geschäftsführer untersagt, den Antragsteller daran zu hindern, seine Tätigkeit als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Antragsgegnerin fortzuführen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 DM angedroht.

Der weitergehende Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Auf den Antrag der Antragsgegnerin wird dem Antragsteller J T unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, für den Fall der Zuwiderhandlung durch einstweilige Verfügung untersagt, den Widerruf der Bestellung der Geschäftsführerin M T zum Handelsregister anzumelden.

Die einstweilige Verfügung, durch die dem Antragsteller J T bis zur Feststellung der Nichtigkeit des AbberufungsbeschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Nichtigkeit
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vom 8. Oktober 1987 untersagt worden ist, die Befugnisse eines Geschäftsführers der T W GmbH auszuüben und/oder die Gesellschaft rechtsgeschäftlich zu vertreten, wird aufgehoben.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird insoweit zurückgewiesen.

Die AnschlußBerufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Antragsteller J T 20 % und die Antragstellerin T GmbH 80 %. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Berufungskläger zu 10 % und der Berufungsbeklagten zu 90 % auferlegt.

Tatbestand

Der Antragsteller J T und M F, die den Antragsteller kurze Zeit später heiratete, gründeten durch notariellen Vertrag vom 24. März 1962 (UR-Nr. 526/62 des Notars K in K) die T W GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel und der Vertrieb von Werkzeugmaschinen aller Art. Das Stammkapital übernahmen die Gesellschafter je zur Hälfte, seit 2. Juli 1985 je 25.000 DM. Die Gesellschafter bestellten sich gegenseitig zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der GmbH.

Am 2. Februar 1967 schlossen die beiden Gesellschafter einen weiteren Gesellschaftsvertrag, durch welchen sie ihrer bereits seit 1. Oktober 1962 betriebenen Handelsgesellschaft die gesellschaftsrechtliche Form einer Kommanditgesellschaft unter der Bezeichnung T W GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gaben. Gegenstand ist der An- und Verkauf gebrauchter und neuer Werkzeugmaschinen aller Art und branchenüblicher Artikel sowie die Beteiligung an anderen Gesellschaften. Komplementärin wurde die T GmbH, während J und M T mit je 50.000 DM als Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt sind. Zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Kommanditgesellschaft ist die Komplementärin berechtigt und verpflichtet.

Im Laufe der letzten Jahre verschlechterten sich sowohl die persönlichen als auch die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der beiden Gesellschafter so sehr, daß eine gedeihliche Zusammenarbeit mehr und mehr beeinträchtigt wurde. Unstreitig besteht heute ein Zerwürfnis, das eine Fortsetzung der Zusammenarbeit erheblich belastet. Als Ursache hierfür betrachtet M T zahlreiche schwerwiegende Verstöße ihres geschiedenen Ehemannes gegen seine Geschäftsführer- und Gesellschafterpflichten, während J T behauptet, seine – inzwischen von ihm geschiedene – Ehefrau habe seit der Trennung vor einigen Jahren mit allen Mitteln versucht, ihn aus der T herauszudrängen.

Am 8. Oktober 1987 fand eine Gesellschafterversammlung der GmbH statt, in der beide Gesellschafter jeweils mit ihren Stimmen gegen die Stimmen des Mitgesellschafters wechselseitig die Abberufung als Geschäftsführer und die Ausschließung aus der Gesellschaft aus wichtigem Grunde beschlossen. Zur Begründung warfen sie sich gegenseitig eine Reihe grober Pflichtverletzungen vor. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung Bezug genommen.

Wenige Tage später haben J T und die T GmbH, vertreten durch M T, jeweils Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Der Antragsteller J T hat in dem Verfahren 41 O 200/87 beantragt,

1. der T GmbH aufzugeben, ihm zu gestatten, bis zur Entscheidung der Klage zur Hauptsache über die Unwirksamkeit des Beschlusses über die Abberufung des Antragstellers als Geschäftsführer der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 1987 seine Tätigkeit als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer fortzuführen,

2. der Antragsgegnerin zu untersagen, bis zur Entscheidung der Klage zur Hauptsache über die Unwirksamkeit des Beschlusses vom 8. Oktober 1987 über die Abberufung des Antragstellers als Geschäftsführer der Antragsgegnerin seine Abberufung beim Handelsregister anzumelden.

Die T GmbH hat in dem Verfahren 41 O 201/87 beantragt,

dem Antragsgegner zu untersagen,

1. die Geschäftsführerbefugnisse der Antragstellerin wahrzunehmen und/oder die Antragstellerin rechtsgeschäftlich zu vertreten,

hilfsweise, Maßnahmen der Geschäftsführung oder der Vertretung der Gesellschaft bis zu einer endgültigen Klärung der Wirksamkeit seiner Abberufung als Geschäftsführer zu unternehmen,

2. die Geschäftsräume der Antragstellerin in H, W 1, zu betreten,

hilfsweise, die Geschäftsräume der Antragstellerin bis zu einer endgültigen Klärung der Wirksamkeit seiner Abberufung zu betreten,

3. den Widerruf der Bestellung der Geschäftsführerin M T zum Handelsregister anzumelden.

Das Landgericht hat den Anträgen von J T durch Beschluß vom 12. Oktober 1987 entsprochen und auf den Antrag der GmbH durch weiteren Beschluß vom selben Tage dem Antragsgegner J T untersagt, den Widerruf der Bestellung der Geschäftsführerin M T zum Handelsregister anzumelden. Ferner hat das Landgericht ausgesprochen, daß über den weitergehenden Antrag der GmbH nicht ohne mündliche Verhandlung entschieden werden soll.

Gegen die einstweiligen Verfügungen haben beide Parteien Widerspruch erhoben und jeweils beantragt,

die einstweilige Verfügung des anderen Teils aufzuheben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Das Landgericht hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Durch das angefochtene Urteil hat es die gegen die T GmbH gerichtete einstweilige Verfügung aufgehoben und den entsprechenden Antrag zurückgewiesen. Die gegen J T gerichtete einstweilige Verfügung hat es bestätigt und ihm außerdem untersagt,

bis zur Feststellung der Nichtigkeit oder Unwirksamkeitserklärung des Abberufungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der T GmbH vom 8. Oktober 1987 die Befugnisse eines Geschäftsführers der GmbH auszuüben und/oder die Gesellschaft rechtsgeschäftlich zu vertreten.

Den weitergehenden Antrag der GmbH hat das Landgericht zurückgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Urteils heißt es, die GmbH habe Gründe glaubhaft gemacht, die den Widerruf der Bestellung von J T zum Geschäftsführer rechtfertigten, so daß es der Gesellschaft nicht zumutbar sei, seine Geschäftsführung und Vertretung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses hinzunehmen. Die Frage, ob auch M T pflichtwidrig gehandelt habe, bedürfe keiner Entscheidung, weil die Abberufung eines Gesellschafters der Gesellschafterversammlung nicht deshalb verwehrt werden dürfe, weil auch ein anderer Geschäftsführer pflichtwidrig gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil vom 2. Dezember 1987 Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Antragstellers J T, mit der er seinen Antrag auf Zurückweisung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung weiter verfolgt, soweit ihm die Ausübung der Befugnisse eines Geschäftsführers und die rechtsgeschäftliche Vertretung der GmbHBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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untersagt worden sind. Ferner begehrt er die Bestätigung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts, soweit der GmbH untersagt worden ist, ihn daran zu hindern, bis zur Entscheidung der Klage zur Hauptsache seine Tätigkeit als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH fortzuführen.

Die GmbH bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels und beantragt im Wege der AnschlußBerufung,

das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und es dem Antragsteller J T zu untersagen, die Geschäftsräume der T GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und/oder der T GmbH in H, W 1, bis zu einer endgültigen Klärung der Wirksamkeit seiner Abberufung zu betreten.

Beide Gesellschafter haben Klage zur Hauptsache vor dem Landgericht Düsseldorf erhoben, mit der sie die Nichtigkeit, hilfsweise die Anfechtbarkeit der gegen den jeweiligen Mitgesellschafter gerichteten Beschlüsse auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis sowie auf Ausschluß aus der Gesellschaft geltend machen.

Beide Parteien wiederholen und ergänzen ihren früheren Sachvortrag. Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf den Inhalt der Schriftsätze und deren Anlagen in den Akten und Beiakten Bezug genommen.

Die zulässige Berufung des Antragstellers J T hat Erfolg, während die AnschlußBerufung der T GmbH unbegründet ist. Es ist zwar glaubhaft, daß der GmbH ein Anspruch auf Abberufung des Antragstellers als vertretungsberechtigter Geschäftsführer zusteht und es fehlt auch nicht an einem Verfügungsgrund; im Rahmen der nach § 938 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung kann jedoch die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis dem Gesellschafter J T nicht vorläufig einseitig entzogen werden, weil es hinreichend wahrscheinlich ist, daß auch der Gesellschafterbeschluß über die Abberufung der Mitgesellschafterin M T als Geschäftsführerin rechtswirksam ist.

I.

Die Berufungsbeklagte ist durch die alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin M T ordnungsgemäß vertreten. Wird von einer GmbH die Feststellung der Wirksamkeit eines Beschlusses über die Bestellung eines Geschäftsführers geltend gemacht oder verteidigt sich die GmbH gegen eine entsprechende Nichtigkeitsklage, so ist in beiden Fällen derjenige gesetzlicher Vertreter, der bei Gültigkeit des beanstandeten Beschlusses gesetzlicher Vertreter ist (BGHZ 36, 207 = WM 1982, 198; BGH WM 1981, 138).

M T ist zudem auch Prozeßvertreterin der GmbH gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG. Einen entsprechenden Beschluß hat die GmbH durch die eidesstattliche VersicherungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Rechtsanwalts Dr. W vom 24. Mai 1988 (Anlage C 1 zur Berufungsbeantwortung) glaubhaft gemacht. Der Beschluß ist wirksam, da der Antragsteller J T gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG bei der Beschlußfassung kein Stimmrecht hatte. Im übrigen bedarf es nach der BGH-Rechtsprechung einer Beschlußfassung gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG nicht zwingend; macht die Gesellschafterversammlung von der Möglichkeit der Bestellung eines besonderen Prozeßvertreters keinen Gebrauch, so bleibt es bei der gesetzlichen Vertretung gemäß § 35 GmbHG (BGH WM 1981, 1353, 1354).

II.

1. Daß der GmbH ein Anspruch auf Widerruf der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Antragstellers J T aus wichtigem Grunde gemäß § 38 GmbHG zusteht, begegnet keinen Bedenken. Ein wichtiger Grund ist jeder Umstand, der ein Verbleiben des Abberufenen in seiner Geschäftsführerstellung für die Gesellschaft unzumutbar macht. Dabei kommt es weder darauf an, ob der Geschäftsführer pflichtwidrig oder schuldhaft handelt, noch darauf, ob die Gesellschaft einen Schaden erlitten hat (Fischer/Lutter-Hommelhoff, 12. Aufl., § 38 GmbHG Rdnr. 17; Baumbach/Hueck-Zöllner, 14. Aufl., § 38 GmbHG, Rdnr. 8). Als derartiger Umstand ist auch ein persönliches Zerwürfnis zwischen den beiden alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der GmbH anzusehen, wenn dadurch ihre notwendige konstruktive Zusammenarbeit zum Wohle der Gesellschaft erheblich gefährdet ist. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß bei einer GmbH, die auf die persönliche Zusammenarbeit der Gesellschafter angelegt und angewiesen ist, bei der insbesondere die Einsetzung außenstehender Dritter als Geschäftsführer nicht in Betracht kommt, ein Grund zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gemäß § 61 Abs. 1 GmbHG gegeben ist, wenn Zerwürfnisse zwischen den Gesellschaftern eine gedeihliche Zusammenarbeit unmöglich machen. Ein solches tiefgreifendes Zerwürfnis bildet ohne Rücksicht auf die Ursache einen wichtigen Grund zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, es setzt insbesondere kein Verschulden voraus (vgl. BGHZ 80, 346 = NJW 1981, 2302). Diese für die Auflösung der GmbH und für die Ausschließung eines Gesellschafters geltenden Grundsätze sind auf die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ebenso anzuwenden.

Ein derartiges tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern M und J T, durch welches die erfolgreiche Fortführung des Unternehmens gefährdet ist, wird von keiner Seite in Abrede gestellt; es ist daher unstreitig.

2. Es ist auch ein Grund für eine einstweilige Verfügung gegeben. Denn eine einstweilige Regelung zur Sicherung des Rechtsfriedens gemäß § 940 ZPO erscheint zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen geboten.

3. Die von der GmbH erstrebte vorläufige Abberufung des Antragstellers J T als Geschäftsführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache kann jedoch nicht angeordnet werden, weil eine solche Maßnahme mit dem wahrscheinlichen Ergebnis der Entscheidungen in der Hauptsache unvereinbar wäre und deshalb nicht im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 938 ZPO liegt. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Nach dem Parteivortrag sind erhebliche Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß nicht nur die Abberufung des Antragstellers J T von seinem Amt als Geschäftsführer wirksam ist, sondern daß die GmbH, vertreten durch J T auch die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Gesellschafterin M T gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG aus wichtigem Grunde widerrufen hat. Auch dieser Beschluß ist Gegenstand des Hauptprozesses. Als wichtiger Grund ist zunächst auch insoweit das tiefgreifende Zerwürfnis zwischen den beiden Gesellschaftern anzusehen, von dem beide Gesellschafter erfaßt sind und das eine den Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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dienende gedeihliche Zusammenarbeit auf die Dauer unmöglich macht. Zur Begründung des mit seinen Stimmen gefaßten Abberufungsbeschlusses hat der Antragsteller unter anderem auch ausdrücklich geltend gemacht, daß die Gesellschafterin M T eine gemeinsame gedeihliche Geschäftsführung grundsätzlich verweigere und die einfachsten Regeln dafür mißachte (Seite 8/9 des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1987 = Anlage 4 zur Antragsschrift des Antragstellers in dem Verfahren 41 O 200/87).

Zwar ist dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, daß in der Person des Antragstellers J T außer dem beide Seiten betreffenden Zerwürfnis weitere wichtige Gründe vorhanden sind, die – gemessen an den Gründen in der Person von M T – allein die Abberufung von J T als Geschäftsführer rechtfertigen. Entgegen der von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung besteht jedoch keine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, daß die dem Antragsteller J T von seiner Mitgesellschafterin vorgeworfenen Pflichtverletzungen so schwer wiegen, daß nur der Widerruf seiner Abberufung begründet erscheint. Beide Gesellschafter haben sich schon in der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1987 gegenseitig grobe Pflichtverletzungen vorgeworfen. Der gegenseitige Sachvortrag dazu ist Gegenstand des Hauptprozesses und zu einem wesentlichen Teil auch Gegenstand mehrerer einstweiliger Verfügungsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Tatsachenvortrags bedienen sich beide Gesellschafter und die durch die Geschäftsführerin M T vertretene GmbH jeweils eidesstattlicher Versicherungen, in denen sie auf das schriftsätzliche tatsächliche Vorbringen Bezug nehmen. Der widersprüchliche gegenseitige Sachvortrag läßt ein Übergewicht zu Lasten des Antragstellers J T nicht erkennen. Insbesondere erscheinen die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen weniger schwerwiegend wenn man seine eigene Sachdarstellung dazu berücksichtigt. Das gilt insbesondere für den Vorwurf, J T habe bei der Abwicklung des sog. Indiengeschäfts Gewinne zum eigenen Vorteil an der Gesellschaft vorbeigeleitet; denn der Antragsteller behauptet diesem Vorwurf gegenüber, seine Mitgesellschafterin sei über alle Einzelheiten des Indien-Geschäfts informiert gewesen und habe seinem Vorgehen zugestimmt. Andererseits sind auch Pflichtverletzungen der Gesellschafterin M T nach seiner Darstellung nicht weniger wahrscheinlich als die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen. Ob ein zu dem objektiven Zerwürfnis der beiden Gesellschafter hinzutretendes Verschulden des einen oder des anderen geschäftsführenden Gesellschafters zu seinen Lasten so stark ins Gewicht fällt, daß allein seine Abberufung als Geschäftsführer gerechtfertigt ist, läßt sich im summarischen Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung nicht zuverlässig überprüfen.

Das gilt zumal deshalb, weil deutliche Anzeichen dafür vorhanden sind, daß nicht so sehr einzelne Pflichtverletzungen bei bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen, sondern in erster Linie die unheilbare Zerrüttung der persönlichen Beziehungen der beiden Gesellschafter die Geschäftsführung für das Unternehmen unzumutbar machen. Ein maßgebliches Indiz dafür ist, daß die früheren Eheleute vom 1. Oktober 1962 an etwa 20 Jahre lang die Gesellschaft ohne größere Schwierigkeiten gemeinsam geführt und zu einem außerordentlich erfolgreichen und gesunden wirtschaftlichen Unternehmen gemacht haben. Die Ursache für die in den letzten Jahren aufgetretenen Schwierigkeiten dürfte daher kaum in bestimmten für die Gesellschaft gefährlichen Charaktereigenschaften oder in der mangelnden Eignung des einen oder des anderen Partners zu suchen sein. Vielmehr ist es nicht unwahrscheinlich, daß sie beiderseitige Pflichtverletzungen oder Fehler in der Geschäftsführung nicht zum Anlaß gegenseitiger Vorwürfe machen würden, wenn sie noch ein harmonisches persönliches Verhältnis zueinander hätten. Die gegenseitigen Einzelvorwürfe verlieren dadurch an Bedeutung. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, daß Pflichtverletzungen auf beiden Seiten erst durch das schlechte persönliche Verhältnis der beiden Partner provoziert worden sind. Jeder Gesellschafter für sich allein scheint nach seinen Fähigkeiten und Leistungen auch heute noch geeignet und in der Lage zu sein, das Unternehmen ohne Beanstandung zu führen. Die Gefahr für die GmbH wie für die Kommanditgesellschaft ergibt sich erst daraus, daß nicht nur eine konstruktive Zusammenarbeit der beiden gleichberechtigten Geschäftsführer unmöglich geworden ist, sondern daß diese sich ihre Tätigkeit aus persönlicher Feindschaft in destruktiver Weise erschweren. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung und im Schriftsatz vom 20. Juni 1988 aufgestellte Behauptung der GmbH, daß die Ursache für das Zerwürfnis der Gesellschafter nicht in ihrem persönlichem Verhältnis, sondern in den geschäftlichen Beziehungen zu suchen sei, ist demgegenüber wenig glaubhaft; das Gegenteil ergibt sich aus den drastischen Formulierungen der schriftlichen Mitteilungen, welche die beiden Gesellschafter sich in den letzten Jahren zugeleitet haben (z.B. Anlagen 1-4 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 09.11.1987 in dem Verfahren 41 O 201/87 und Anlagen in Hülle Bl. 70 des Verfahrens 41 O 13/87).

Den vorstehenden Erwägungen steht die vom Landgericht angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (WM 1984, 29, 30), daß Ausschließung aus der Gesellschaft und Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nicht vergleichbar seien und daß deshalb die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung über die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer Zwei-Personen-Gesellschaft nicht anwendbar seien, nicht entgegen.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Ausschließung aus einer Zwei-Personen-GmbH sowie aus einer Zwei-Personen-OHG ausgeschlossen, wenn das gesellschaftswidrige Verhalten des anderen Gesellschafters, gemessen an dem Verhalten des ersteren, als ein wichtiger Grund im Sinne des § 140 HGB anzusehen ist; denn in einem solchen Falle ist es nicht gerechtfertigt, die nur einen Gesellschafter treffende Maßnahme der Ausschließung zu verhängen (BGH 16, 317, 322 f. = NJW 1955, 667; NJW 1957, 872; BGHZ 32, 17, 30 ff. = WM 1960, 349 = NJW 1960, 866, 868 f.; BGHZ 80, 346 = NJW 1981, 2302, 2303). Diesen Grundsatz hat der BGH nicht angewendet auf den Fall, daß eine Mehrheitsgesellschafterin den Ehemann der Minderheitsgesellschafterin gegen deren Stimmen als Geschäftsführer abberufen hat, nachdem sie andererseits gegen den Antrag ihrer Mitgesellschafterin gestimmt hatte, auch ihren eigenen Ehemann aus wichtigem Grunde als Geschäftsführer abzuberufen. Die für die im vorliegenden Verfahren zu erörternde Rechtsauffassung bedeutsame Frage, ob die Gesellschafterin nur einen Geschäftsführer abberufen durfte, obgleich in den Personen beider Geschäftsführer ein wichtiger Grund zur Abberufung gegeben war, hat der BGH in der zitierten Entscheidung offengelassen. Denn er wirft die Frage auf, ob die Gesellschafterin ihre Mehrheitsbeteiligung mißbraucht hat, als sie gegen den Antrag der Minderheitsgesellschafterin stimmte, brauchte diese Frage aber nicht zu entscheiden, weil die Minderheitsgesellschafterin sich gegen den Beschluß nicht gewandt hatte und wegen Ablaufs der satzungsmäßigen Frist auch nicht mehr wenden konnte (BGH WM 1984, 29, 30).

Davon unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt, in welchem beide Beschlüsse der GmbH über den Widerruf der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis beider Gesellschafter Gegenstand der Hauptprozesse sind.

Sind demnach erhebliche Gründe dafür wahrscheinlich, daß in den Personen beider Geschäftsführer ein wichtiger Grund zu ihrer Abberufung gegeben ist und daß deshalb beide Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1987 rechtswirksam sind, so ist es – ohne sonstige zwingende Gründe – nicht angemessen, dem einen geschäftsführenden Gesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis einseitig zu entziehen und sie dem anderen einseitig zu belassen. Eine solche vorläufige Maßnahme müßte willkürlich erscheinen und wäre mit dem wahrscheinlich zu erwartenden Ergebnis der Hauptprozesse nicht zu vereinbaren. Denn erweisen sich beide gegenseitigen Abberufungen als wirksam, so müssen die Gesellschafter – wenn sie sich nicht auf andere Weise einigen können – entweder einen Notgeschäftsführer bestellen lassen oder sich erneut gegenseitig zu Geschäftsführern berufen.

Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich zugleich, daß die AnschlußBerufung der Antragsgegnerin unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 180.000 DM festgesetzt.

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