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OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.10.2014 – 17 U 155/13

1. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der AufklärungspflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Aufklärungspflicht
Verletzung der Aufklärungspflicht
oder einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist, ohne dass es darauf ankommt, ob und wann die Kapitalanlage gegebenenfalls später im Wert gefallen ist (BGH, Urteil vom 26. Februar 2013 – XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 25 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

2. Die – für den Verjährungsbeginn – erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGH, Urteile vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 28, vom 19. März 2008 – III ZR 22/07, WM 2008, 1077 Rn. 7 und vom 3. Juni 2008 – XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 Rn. 27). Es kommt auch nicht darauf an, dass der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (BGH, Urteile vom 25. Februar 1999 – IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975 und vom 3. März 2005 – III ZR 353/04, WM 2005, 1328, 1331).

3. In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (BGH, Urteile vom 3. Juni 2008 – XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 Rn. 27, vom 14. März 2002 – III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 186 und vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 28).

4. Für einen Schadensersatzanspruch wegen Verschweigens von Rückvergütungen bedeutet dies, dass der Verjährungsbeginn nicht die Kenntnis des Anlegers über deren konkrete Höhe erfordert, sondern der Anleger bereits dann Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hat, wenn er weiß, dass die ihn beratende Bank Provisionen für das von ihm getätigte Anlagegeschäft erhält, deren Höhe ihm die Bank nicht mitgeteilt hat (BGH, Urteil vom 26. Februar 2013 – XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 29). Die fehlende Kenntnis des Anlegers von der Höhe der Rückvergütungen steht allenfalls in solchen Fällen dem Verjährungsbeginn entgegen, in denen die beratende Bank konkrete, jedoch fehlerhafte Angaben zur Höhe der Rückvergütungen macht (BGH aaO. Rn. 30).

5. Zwar kann ein Prospektfehler auch dann für die Anlageentscheidung ursächlich sein, wenn der Verkaufsprospekt dem Anlageinteressenten nicht oder nicht rechtzeitig vor der Entschlussfassung über die Tätigung der Anlage übergeben wird, von den Vermittlern aber entsprechend dem Vertriebskonzept als Grundlage der Vermittlungsgespräche benutzt wird ( BGH, Urteile vom 3. Dezember 2007 – II ZR 21/06, WM 2008, 391 Rn. 17 und vom 24. November 2009 – XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 33). Die Behauptung, durch Angaben im mündlichen Beratungsgespräch getäuscht worden zu sein, setzt aber zumindest substantiierte Angaben dazu voraus, dass die maßgeblichen Prospektpassagen im Gespräch tatsächlich erörtert worden sind (BGH, Urteil vom 23. April 2013 – XI ZR 405/11, BKR 2013, 280 Rn. 27).

6. Ein „Totalverlustrisiko“ ist als solches nicht gesondert aufklärungspflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2009 – XI ZR 337/08, WM 2009, 2303, Rn. 24 f.).

Schlagworte: Anlageberatung, Anlageberatung und Prospekthaftung, Aufklärungspflicht, Aufklärungspflichtverletzung, Haftung, Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinn, Rückvergütung, Schadenersatzanspruch, Verjährung