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OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 18.08.2004 – 23 U 170/03

AktG §§ 92, 93

1. Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar geworden ist, dass der Schuldner wegen eines voraussichtlich dauernden Mangels an Zahlungsmitteln seine fälligen und vom jeweiligen Gläubiger ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann (MünchKommAktG/Kalss/Hefermehl/Spindler, § 92 AktG Rn. 20).

2. Eine Überschuldung liegt regelmäßig dann vor, wenn nach Aufstellung einer Überschuldungsbilanz das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die bestehenden Verbindlichkeiten deckt (MünchKommAktG/Kalss/Hefermehl/Spindler, a. a. O., § 92 Rn. 23).

3. Im Hinblick auf § 19 Abs. 2 S. 1 InsO ist die Feststellung einer rechnerischen Überschuldung als ausreichend anzusehen (vgl. MünchKommAktG/Hefermehl/Spindler, a. a. O., § 92 AktG Rn. 24). Ist von einer Überschuldung der Gemeinschuldnerin auszugehen, ist der Vorstand verpflichtet, gemäß § 92 Abs. 2 AktG spätestens binnen einer Frist von 3 Wochen Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Dabei ist für die Antragspflicht allein die Tatsache der Überschuldung maßgebend, auf die Aufstellung einer Überschuldungsbilanz kommt es nicht an (vgl. nur Hüffer, Aktiengesetz, 5. Aufl. 2002, § 92 AktG Rn. 13 m. w. N.).

4. Hinsichtlich § 92 Abs. 2 AktG ist von der Notwendigkeit positiver Kenntnis auszugehen (vgl. BGHZ 75, 96, 110 f.; Mertens in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. Stand: 1988, § 92 AktG, Rn. 33; Schulze-Osterloh, AG 1984, 141 ff., 143). Denn nur so kann die Vorschrift ihren Zweck erfüllen, Sanierungsversuche zu ermöglichen, zumal sich der objektive Eintritt des Konkursgrundes der Überschuldung kaum jemals zeitlich genau festlegen lässt und die Geschäftsleitung in einer Krisenlage „besseres zu tun hat”, als über diese Frage Untersuchungen anzustellen (vgl. BGH, a. a. O., 111). Auch die Verpflichtung des Vorstandes in § 92 Abs. 2 AktG, wonach dieser „ohne schuldhaftes Zögern” die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu betragen hat, geht ersichtlich von einer positiven Kenntnis aus. Schuldhaft kann der Vorstand nur dann zögern, wenn er positiv Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung der Gesellschaft hat (vgl. MünchKommAktG/Kalss/Hefermehl/Spindler, a. a. O., § 92 AktG Rn. 29, m. w. N.).

Schlagworte: Insolvenz, Insolvenzverfahrensverschleppung, Überschuldung