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OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.11.2014 – 20 W 317/11

GmbhG §§ 35 Abs 1 S 2, 39

Rechtsmissbräuchlichkeit der Amtsniederlegung des alleinigen Geschäftsführers und Gesellschafters einer GmbH auch nach vorheriger Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft und trotz Einführung von § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG und § 15a Abs. 3 InsO durch das MoMiG (Anschluss an u.a. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 17. Dezember 2010, 25 Wx 56/10; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 6. Dezember 2000, 3 Wx 393/00; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 16. März 2011, 31 Wx 64/11 und OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, 29. Mai 2012, 31 Wx 188/12).

Zwar ist eine Amtsniederlegung eines Geschäftsführers wegen der erforderlichen Rechtssicherheit grundsätzlich selbst dann wirksam, wenn objektiv kein Grund für die Amtsniederlegung besteht und der Geschäftsführer sich auch nicht auf das Bestehen eines solchen Grundes beruft (ganz h.M.; vgl. hierzu grundlegend BGH, Urteile vom 14.07.1980, Az. II ZR 161/79, zitiert nach beck-online und vom 08.02.1993, Az. II ZR 58/92, zitiert nach juris; Paefgen in Ulmer, GmbHG, 2006, § 38, 131 m.w.N.).

Dies gilt jedoch nach der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung – der sich der Senat anschließt – im Falle des Rechtsmissbrauchs jedenfalls dann nicht, wenn – wie vorliegend – der alleinige Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter ist, sein Geschäftsführeramt niederlegt, ohne einen neuen Geschäftsführer für die Gesellschaft zu bestellen.

Angesichts der Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorgan können im Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die andernfalls beseitigt würde, höhere Anforderungen an die Amtsniederlegung oder die Abberufung jedenfalls des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers gestellt werden.

Das Interesse an der Amtsniederlegung bzw. der Abberufung mit dem Versuch, sich freiwillig übernommener Verantwortung für die Gesellschaft (§ 43 GmbHG) und aller weiteren Pflichten zu entledigen, die besonders in wirtschaftlich schwierigen Situationen der Gesellschaft an das Amt des Geschäftsführers geknüpft sind, kann in diesem Fall nicht zur Zurückstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter führen (vgl. insgesamt u.a. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 17.12.2010, Az. 25 Wx 56/10 und vom 06.12.2000, Az. 3 Wx 393/00, jeweils m.w.N. und zitiert nach juris; BayObLG, RPfleger 1981, 486 f. und Beschluss vom 15.06.1999, Az. 3Z BR 35/99, zitiert nach juris; OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Zweibrücken
, Beschluss vom 15.02.2006, Az. 3 W 209/05, und OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
, Beschluss vom 01.02.2008, Az. 2 Wx 3/08, – zur Mehrpersonengesellschaft bei entscheidendem Einfluss des amtsniederlegenden Gesellschafter-Geschäftsführers – jeweils m.w.N. und jeweils zitiert nach juris; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschlüsse vom 16.03.2011, Az. 31 Wx 64/11, und vom 29.05.2012, Az. 31 Wx 188/12 – Ausweitung dieser Rspr. auf den Fall des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer Unternehmergesellschaft, die sämtliche Geschäftsanteile einer GmbH hält, und davon absieht, einen neuen Geschäftsführer für die Gesellschaft zu bestellen -, jeweils zitiert nach juris; Kleindieck in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., 2012, § 38, Rn. 42 ff.; Krafka/Kühn, Registerrecht, 9. Aufl., 2013, Rn.1093; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., 2013, § 39, Rn. 9a; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/Schmidt-Leithoff, 5. Aufl., 2013, § 38, Rn. 35; so auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft: Paefgen, a.a.O., Rn. 133, und Schneider/Schneider in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 38, Rn. 90; a.A. u.a. Terlau in Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 38, Rn. 84; Altmeppen in Roth/Altmeppen, 7. Aufl., 2012, GmbHG, § 38, Rn. 79; Jacoby in Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., 2012, § 38, Rn. 5; Heilmeier in Ziemons/Jaeger, Beck’scher Online Kommentar zum GmbHG, Stand 01.06.2014, § 39, Rn. 35b; Hohlfeld, GmbHR 2001, 145 ff.; Wachter, GmbHR 2001, 1129 ff., 1132, 1133; wohl auch Stephan/Tieves in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2012, § 38, Rn. 61; so auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft: Paefgen in Ulmer, a.a.O., Rn. 133, letzter Absatz, und wohl auch Schneider/Schneider in Scholz, a.a.O., Rn. 90; bislang offengelassen von BGH, zuletzt im Beschluss vom 08.10.2009, Az. IX ZR 235/06; zuvor ausdrücklich auch im Urteil vom 08.02.1993, Az. II ZR 58/92, zitiert jeweils nach juris).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stehen dieser Auffassung auch keine durchgreifenden Bedenken wegen des Gebots der Rechtssicherheit entgegen, da der Schutz des Rechtsverkehrs vor einer verbleibenden Ungewissheit über die Vertretungsverhältnisse im Falle einer im Einzelfall doch wirksamen – weil ausnahmsweise vielleicht doch nicht rechtsmissbräuchlichen – Amtsniederlegung oder Abberufung durch § 15 Abs. 1 HGB und die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze hinreichend gewährleistet wird (vgl. bereits BayOblG, Beschluss vom 15.06.1999, a.a.O.).

 

Schlagworte: Amtsniederlegung, Rechtsmissbrauch, Unberechtigte Amtsniederlegung