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OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.03.2015 – 20 W 160/13

§ 7 Abs 3 GmbHG, § 197 UmwG, § 220 Abs 1 UmwG

1. Zur Frage der Sicherung der Kapitalaufbringung bei dem Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine GmbH nach § 220 Abs. 1 UmwG und zur Abgrenzung zu den Vorschriften der Sachkapitalgründung (hier: Nichtanwendbarkeit von § 7 Abs. 3 GmbHG).

Allerdings berücksichtigt die Rechtspflegerin bei ihrer Heranziehung dieses Gebots der realen Kapitalaufbringung nicht ausreichend, dass es sich vorliegend nicht um eine Sachkapitalgründung (oder -erhöhung) handelt, sondern um einen Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach §§ 190 ff, 214 ff UmwG.

Diese rechtliche, gegenüber der von der Rechtspflegerin des Registergerichts zitierten Entscheidung des Kammergerichts Berlin – deren Gegenstand eine Sachkapitalerhöhung war – abweichende Ausgangslage erklärt, dass § 7 Abs. 3 GmbHG entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin vorliegend keine Anwendung findet.

2. Die Ermittlung des nach § 220 Abs. 1 UmwG maßgeblichen Aktivvermögens erfolgt nicht nach Buchwerten sondern nach dem Verkehrswert, wobei im Hinblick darauf, dass bei dem Formwechsel Gegenstand der „Sacheinlage“ das Unternehmen der Gesellschaft ist, in erster Linie auf dessen Ertragswert abgestellt werden kann.

Weder das Gesetz noch die Gesetzesmaterialien sagen allerdings, wie das Aktivreinvermögen der formwechselnden Gesellschaft zu ermitteln ist. Abzustellen für die Ermittlung des Vermögens im Sinne von § 220 Abs. 1 UmwG ist dabei mit der nunmehr ganz herrschenden Meinung in der Literatur nicht auf die Buchwerte einer Gesellschaft sondern auf den jeweils nach dem Zeitwert bewerteten Saldo aus Aktiva und Passiva, also den jeweiligen Verkehrswert (vgl. u.a. die umfassenden Darstellungen bei Dirksen, a.a.O.,Rn. 8; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 6. Aufl.,2013, § 220, Rn. 5 und 6 m.w.N.; Joost, a.a.O., Rn. 10, m.w.N., jeweils auch m.w.N. zu vereinzelten älteren Gegensichten; Schlitt, a.a.O., Rn. 13, m.w.N.; Priester in „Personengesellschaften im Umwandlungsrecht“, DStR 2005, 788 ff, 793 und in FS für Zöllner, S. 45, jeweils m.w.N., auch zu vereinzelten Gegenansichten; Carlé/Bauschatz, „Der Ausgleichsposten nach § 220 Abs. 1 UmwG“, GmbHR, 2001, 1149 ff, 1150; Busch, „Die Deckung des Grundkapitals bei Formwechsel einer GmbH in eine Aktiengesellschaft“, AG 1995, 555 ff, 558). Nur durch Zugrundelegung der wirklichen Werte des Gesellschaftsvermögens kann – wenn auch, wie oben dargelegt, bei nur sinngemäßer Geltung der (Sach-) Gründungsvorschriften – ein Gläubigerschutz vergleichbar mit dem bei einer unmittelbaren Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung sichergestellt werden. Insoweit wird zu Recht auch darauf hingewiesen, dass bei einer Neugründung einer Kapitalgesellschaft unter Einbringung eines Handelsunternehmens als Sacheinlage unzweifelhaft dessen Verkehrswert zugrunde zu legen ist, und dann für den vereinfachten Weg der formwechselnden Umwandlung nichts anderes gelten kann (Dirksen, a.a.O., m.w.N.). Somit gehören alle Gegenstände, denen ein Vermögenswert beizumessen ist, unabhängig davon, ob sie bilanzierungsfähig oder- pflichtig sind, zu den zu berücksichtigenden Vermögensgegenständen, also auch selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände, sofern sie bewertbar sind (vgl. Schlitt, a.a.O., Rn. 9).

Insoweit ist auch im Rahmen des Kapitalaufbringungsrechts anerkannt, dass Unternehmen bei Sacheinlagen nicht nach ihrem Substanz- oder Buchwert sondern nach der sogenannten modifizierten Ertragswertmethode zu bewerten sind. Danach wird der Wert eines Unternehmens in erster Linie nach dessen Erträgen bestimmt, die es zukünftig erzielen wird. Diese müssen zunächst geschätzt werden und dann auf den Bewertungsstichtag abgezinst und dadurch zum Ertragswert kapitalisiert werden. Weiterhin ist der so bestimmte Ertragswert um den Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu erhöhen (vgl. im Einzelnen u.a. die umfassende Darstellung bei Ebbing in Michalski, GmbHG, § 14, Rn. 21 ff m.w.N.; siehe auch Veil in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., 2012, § 5, Rn. 57; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5, Rn. 34 m.w.N.; Schwandtner in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5, Rn. 14; Reuter, „Unternehmensbewertung bei Sacheinlagen:…“, BB 2000, 2298 ff, 2299 f m.w.N.; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Beschluss vom 13.03.2008, Az. 26 W 8/07 AktE, zitiert nach juris, Rn. 21; zur Anwendung des Ertragswertes im Rahmen der Prüfung einer Unterbilanzhaftung unter Berücksichtigung einer Sachgründung zur Ermittlung des Unternehmenswertes auch BGH, Urteil vom 09.11.1998, Az. II ZR 190/97, zitiert nach juris). Dabei soll der Ertragswert nur dann nicht maßgeblich sein, wenn der Liquidationswert des Unternehmens höher liegt; der Liquidationswert soll also in aller Regel den Mindestwert des Unternehmens darstellen (vgl. Ebbing. a.a.O., Rn. 33 m.w.N. auch zur Gegenansicht; siehe auch OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a.a.O., Rn. 21, zur streitigen Frage, ob der Liquidationswert im Rahmen der Bemessung einer Barabfindung stets oder nur unter bestimmten Voraussetzungen die Untergrenze für eine Abfindung bildet).

Schlagworte: Kapitalaufbringung, Sachkapitalerhöhung, Umwandlung