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OLG Frankfurt, Urteil vom 25.10.2000 – 17 U 63/99

1. Der Anspruch aus GmbHG § 64 Abs. 2 setzt objektiv den Eintritt der Überschuldung und subjektiv fahrlässiges Verhalten des Geschäftsführers voraus.

Überschuldung im Sinne des § 63 Abs. 1 GmbHG a. F. liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr decken würde (rechnerische ÜberschuldungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
rechnerische Überschuldung
Überschuldung
) und die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (rechtliche Überschuldung durch Vorliegen einer negativen Überlebens- oder Fortführungsprognose). Diese modifizierte zweistufige Prüfung vertritt der BGH in ständiger Rechtsprechung (BGHZ 119, 201; BGHZ 126, 181, 199 f.; BGH, NJW 1995, 1739, 1743). Sie hat jedenfalls für die „Altfälle“ vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung (01.01.1999), nach deren § 19 Abs. 2 eine positive FortführungsprognoseBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Fortführungsprognose
positive Fortführungsprognose
den Eintritt der Überschuldung nicht ausschließen, sondern lediglich die Erstellung eines Überschuldungsstatus nach Fortführungswerten rechtfertigen dürfte (vgl. Begründung Regierungsentwurf, BT-Drucksache 12/2443 S. 115, Ausschussbericht BT-Drucksache 12/7302 S. 157; Schmerbach, in: Wimmer, InsO, 2. Aufl. § 19 Rn. 6; Hess, InsO, § 19 Rn. 24 jew. m.w.N.), Geltung zu beanspruchen (vgl. Hess, § 19 Rn. 24).

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 119, 201, 214; NJW 1993, 676, 677) können auf der Aktivseite Vermögenswerte eingesetzt werden, die im Falle der Konkurseröffnung zu den verwertbaren Bestandteilen der Masse gehören. Daraus ergibt sich — was das Landgericht verkannt hat –, dass das Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 HGB als nur für die laufende Erfolgsbilanz zu fortgeführten Buchwerten geltende Vorschrift nicht anwendbar ist (BGHZ 119, 201, 214). Andererseits ist der Ansatz eines Geschäftswertes aber auch nur zulässig, wenn greifbare Aussichten bestehen, Unternehmensbestandteile zu veräußern (BGHZ 119, 201, 214; Schulze/Osterloh in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 63 Rn. 12) und dabei einen über den — auf der Aktivseite ohnehin bereits berücksichtigten — Substanzwert hinausgehenden Erlös zu erzielen.

Sog. aktive Rechnungsabgrenzungsposten (§ 250 HGB) sind ebenso wenig im Überschuldungsstatus aktivierbar wie die Aufwendungen für Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs, es sei denn, sie stellen veräußerbare Vermögenswerte dar.

2. Wäre ein fachliches Gutachten vertretbar zu einer positiven Fortführungsprognose und damit zu einer Verneinung rechtlicher Überschuldung gelangt, so kann dem Geschäftsführer kein Verschuldensvorwurf gemacht werden, wenn er für die Fortführungsprognose keinen fachlichen Rat in Anspruch genommen hat.

Schlagworte: Erkennbarkeit der Insolvenzreife, fachkundiger Rat, Geschäfts- und Firmenwert, GmbHG § 64 Satz 1, Ingansetzung des Geschäftsbetriebs, rechnerische Überschuldung, Rechnungsabgrenzungsposten, Überschuldung, Überschuldungsbilanz, Verschulden, Zahlungen nach Insolvenzreife, zweistufiger Überschuldungsbegriff