Einträge nach Montat filtern

OLG Hamburg, Beschluss vom 09.09.2009 – 11 U 148/08

§ 823 Abs 2 BGB, § 1 BauFordSiG, § 5 BauFordSiG

1. Der faktische Geschäftsführer einer GmbH haftet wie ein eingetragener Geschäftsführer für einen vorsätzlichen Verstoß gegen § 1 GSB gegenüber dem betroffenen Baugläubiger.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 GSB zu. Der Beklagte zu 1) als faktischer GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
faktischer Geschäftsführer
Geschäftsführer
und Generalbevollmächtigter der Insolvenzschuldnerin, der K… Grundbesitz GmbH (im Folgenden: GmbH), und der Beklagte zu 2) als deren Geschäftsführer haben vorsätzlich gegen die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwendung von Baugeld, § 1 Abs. 1 GSB, verstoßen und sind infolge dessen zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet.

Nach § 1 GSB ist der Empfänger von Baugeld verpflichtet, das Baugeld zur Befriedigung solcher Personen zu verwenden, die an der Herstellung des Baues aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Lieferungsvertrages beteiligt sind.

Baugelder sind Beträge, die zum Zweck der Bestreitung der Kosten eines Baus in der Weise gewährt werden, dass zur Sicherung der Ansprüche des Geldgebers eine Hypothek oder Grundschuld an dem zu bebauenden Grundstück dient. D.h. maßgebend ist die Zweckbestimmung zur Bestreitung der Baukosten. Wird Geld zur Tilgung eines Grundstücksankaufkredites verwendet, handelt es sich nicht um Baugeld (Jansen in Ganten/Jagenburg/Motzke, VOB/B, 2. Aufl. 2008, Vorbem. § 2 Rn. 307). Wird Baugeld vom Baugeldempfänger zweckwidrig verwandt und handelt es sich um eine juristische Person, haftet hierfür im Falle des Verschuldens auch der gesetzliche Vertreter (BGH NJW 1982, 1037 (1038)).

Die Klägerin hat unter Vorlage einer Kopie eines Grundbuchauszuges (Anl. K 7) dargelegt, dass der GmbH Kredite über 16.600.670,10 € gewährt worden sind, die über eingetragene Grundschulden gesichert waren. Da die Beklagten behaupten, diese Kredite hätten auch zum Erwerb des Grundstückes gedient, ist der für das Grundstück geleistete Kaufpreis in Höhe von 5.777.598,26 € abzuziehen, so dass Baugeld in Höhe eines Betrages von 10.823.071,84 € verbleibt. Ob darüber hinaus der im Rahmen des Weiterverkaufs des Grundstückes geflossene Kaufpreis auch als Baugeld anzusehen ist, kann offen bleiben, da in jedem Fall eine die noch offene Forderung der Klägerin übersteigende Summe an Baugeld vorhanden gewesen ist.

Soweit der Beklagte zu 1) mit seinem Vorbringen (Schriftsatz vom 31.10.2007) einen höheren Kaufpreis einwenden will und sich insoweit auf die Übertragung der Gesellschaftsanteile bezieht, ist das Vorbringen schon nicht substantiiert. Der Beklagte zu 1) als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer eines der beiden Gesellschafter der GmbH müsste detailliert darlegen, welche Beträge, über den ursprünglichen Kaufpreis hinaus, dem Erwerb gedient haben sollen, und es müsste erläutert werden, wie sich die Diskrepanz zwischen dem ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von knapp 6 Mio. € und der wesentlich teureren Anteilsübertragung (8 Mio. DM für einen Geschäftsanteil über den Nennbetrag von 12.500 € (Anl. K 11) nur kurze Zeit später rechtfertigt, soll eine Umgehung der Vorschriften des § 1 GSB ausgeschlossen werden. Soweit der Beklagte zu 1) einen Kaufpreis von 12,5 Mio. DM einwendet, d.h. umgerechnet 6.391.083 €, ist der GmbH, selbst wenn dieser Betrag berücksichtigt wird, Baugeld in die Forderung der Klägerin übersteigender Höhe gewährt worden.

Auch wenn die Zahlungen berücksichtigt werden, die die Klägerin erhalten hat (4.231.198,71 € Abschlagszahlungen, 619.788,02 € über eine Bürgschaft und 216,85 € im Wege der Zwangsvollstreckung) verbleibt ein Betrag an Baugeld in Höhe von 5.971.868,26 €, den die GmbH nicht zweckentsprechend eingesetzt hat und der die titulierte Forderung der Klägerin übersteigt (wegen der Berechnung im einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.11.2007, Seite 17, Bl. 60 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagten bzw. die GmbH haben das Baugeld auch baugeldwidrig verwandt. Zwar hat der Baugläubiger, d.h. hier die Klägerin, den Verstoß des Baugeldempfängers gegen die Verwendungspflicht des § 1 GSB darzulegen und zu beweisen, dazu genügt aber regelmäßig der Nachweis, dass der Verwendungspflichtige Baugeld in mindestens der Höhe der Forderung des Baugläubigers erhalten hat und von diesem Geld nichts mehr vorhanden ist, die fällige Forderung des Gläubigers aber nicht befriedigt worden ist. Dann ist es Aufgabe des Baugeldempfängers, die ordnungsgemäße Verwendung darzulegen (BGH NJW-RR 1991, 141 (141); NJW-RR 2002, 749 – ständige Rechtsprechung). Wie das Baugeld im Einzelnen verwandt worden ist, haben die Beklagten nicht dargelegt. In diesem Zusammenhang können sie sich nicht darauf berufen, dass sie als Geschäftsführer nur vorgeschoben gewesen seien (Beklagter zu 2) bzw. sich nur mit technischen Fragestellungen beschäftigt hätten (Beklagter zu 1). Es ist zu berücksichtigen, dass die Geschäftsführer einer GmbH für einen vorsätzlichen Verstoß gegen § 1 GSB gegenüber dem betroffenen Baugläubiger haften (BGH NJW-RR 2002, 740 – ständige Rechtsprechung) und diese Haftung auch den faktischen Geschäftsführer bzw. den verantwortlichen Prokuristen oder Generalbevollmächtigten trifft (Jansen in Ganten/Jagenburg/Motzke, a.a.O., Vorbem. § 2 Rn. 321; OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Karlsruhe
BauR 1992, 791). Wenn der Geschäftsführer einer GmbH keine genaue Kenntnis davon hat, in welcher Höhe Zahlungen Baugeld sind, muss er bei jeder Zahlung damit rechnen, dass es sich um Baugeld handelt. Er nimmt damit einen Verstoß gegen § 1 GSB billigend in Kauf, so dass von einem bedingt-vorsätzlichen Handeln auszugehen ist (OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Karlsruhe
BauR 1992, 791; Jansen in Ganten/Jagenburg/Motzke, a.a.O., Vorbem. § 2 Rn. 308). Darüber hinaus ist bei größeren Bauvorhaben davon auszugehen, dass diese typischerweise dinglich gesichert fremdfinanziert werden (OLG Stuttgart 3 U 222/03 juris Tz. 42), so dass von bedingtem Vorsatz auszugehen ist, wenn der Baugeldempfänger bzw. der Geschäftsführer sich keine Kenntnis darüber verschafft, woher die Gelder stammen. Auch die Unkenntnis der Vorschriften des GSB führt zu keinem anderen Ergebnis, da es sich insoweit nur um einen unerheblichen Rechtsirrtum handelt (BGH NJW-RR 1991, 141 (142)).

2. Auch ein lediglich als Strohmann vorgeschobener Geschäftsführer haftet auf Schadensersatz, denn ihm als Geschäftsführer obliegt die Überwachung der ordnungsgemäßen Verwendung der Baugelder.

Der Beklagte zu 2) kann sich mithin nicht darauf zurückziehen, dass er als Geschäftsführer nur vorgeschoben gewesen sei, die letztlich für die GmbH Handelnden der Beklagte zu 1) und der verstorbene Herr Z… gewesen seien. Ihm hat als Geschäftsführer die Überwachung der ordnungsgemäßen Verwendung der Baugelder oblegen und er hat, indem er möglicherweise weder die Herkunft der Gelder noch deren ordnungsgemäße Verwendung hinterfragt hat, mit bedingtem Vorsatz gegen die ihm aus dem GSB obliegenden Pflichten verstoßen. Der Senat hält insoweit, anders als die Klägerin, die Berufung des Beklagten zu 2) mit Bedenken für zulässig, da sich daraus jedenfalls ersehen lässt, dass einige Feststellungen des Landgerichts angegriffen werden sollen.

3. Maßgebend für den Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen bei zweckwidriger Verwendung von Baugeld ist die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Baugeldempfängers. Diese liegt grundsätzlich erst bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Baugeldempfängers vor.

Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung ist auch nicht verjährt. Maßgebend ist für die Frage des Beginns der Verjährung, wann der Anspruch entstanden ist und wann der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, §§ 195, 199 BGB. Der gegenüber den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist u.a. davon abhängig, dass die GmbH ihre Zahlungsforderung nicht mehr erfüllen kann. Dass die Insolvenzschuldnerin bereits im Jahr 2002 ihren Verpflichtungen nicht mehr nachgekommen wäre, wie der Beklagte zu 2) behauptet, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerin noch im Jahr 2005 mit der Insolvenzschuldnerin um die Berechtigung ihrer restlichen Werklohnforderung gestritten und hat die Insolvenzschuldnerin noch Ende des Jahres 2005 gegen die landgerichtliche Verurteilung Berufung eingelegt. Bei Einreichung der Klage im August 2007 war der Anspruch mithin nicht verjährt, da Kenntnis von der Nichtdurchsetzbarkeit der Forderung frühestens mit dem Erlass des Versäumnisurteils durch das Oberlandesgericht Hamburg Anfang Januar 2007 angenommen werden kann, wenn nicht auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls im Jahr 2007 abgestellt wird.

4. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden.

Schlagworte: Baugeld, faktischer Geschäftsführer, Haftung wegen Verletzung der Sicherung der Bauforderungen gemäß § 1 Abs. 1 BauFordSiG, Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB, zweckwidrige Verwendung