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OLG Hamm, Beschluss vom 16.05.2011 – I-8 AktG 1/11, 8 AktG 1/11

UmwG § 16; AktG §§ 57, 246a

1. Den Antrag nach § 16 Abs. 3 S. 1 UmwG kann nur der Rechtsträger stellen, gegen dessen Verschmelzungsbeschluss sich die anhängige Klage richtet (Fronhöfer in Widmann/Mayer, UmwG § 16 Rdnr. 119).

2. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 UmwG sieht eine Interessenabwägung vor, bei der die Nachteile der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und ihrer Anteilseigner für den Fall, dass es nicht zur sofortigen Eintragung kommt, ins Verhältnis gesetzt werden mit den Nachteilen, die den Antragsgegnerinnen bei einer Eintragung des Verschmelzungsbeschlusses in das Handelsregister drohen.

3. Im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG betreffend die Beschlussfassung über einen Verschmelzungsbeschluss kommt als wesentlicher Nachteil, der ein vorrangiges Vollzugsinteresse begründen kann, das mögliche Scheitern eines beabsichtigten Börsengangs nach Verschmelzung in Betracht. Das gilt auch dann, wenn ohne Durchführung der Verschmelzung auch die Beantragung der Börsenzulassung durch den übertragenden Rechtsträger denkbar wäre.

4. Als wesentlicher Nachteil der Minderheitsaktionäre des übertragenden Rechtsträgers ist bei der Abwägung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 UmwG nicht zu berücksichtigen, dass der übernehmende Rechtsträger über erhebliche Verbindlichkeiten verfügt und sie, die Aktionäre, nach Wirksamwerden der Verschmelzung an einer Gesellschaft mit einer deutlich geringeren Eigenkapitalquote beteiligt sein werden, wenn die hohen Verbindlichkeiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses berücksichtigt worden sind.

5. Eine Umgehung der Regelung nach § 57 AktG, die als besonders schwerer Rechtsverstoß der Freigabe trotz vorrangigen Vollzugsinteresses entgegenstehen könnte, liegt nicht vor, wenn die früheren Mehrheitsaktionäre des übertragenden Rechtsträgers (AG) ihre Aktien in eine zu dem Zweck gegründete GmbH einbringen, nach Beschaffung von Liquidität durch Emission einer Anleihe seitens der GmbH eine Ausschüttung der Gesellschafter der GmbH vorgenommen wird und die übertragende AG sodann auf die in eine AG umgewandelte GmbH verschmolzen wird. Das gilt auch dann, wenn dieses Vorgehen einem anfänglichen Plan entspricht.

6. Leistungen eines Dritten stellen sich grds. nicht als Verstoß gegen § 57 AktG dar, es sei denn, sie schmälern direkt oder indirekt das Vermögen der Aktiengesellschaft (MüchKomm(AktG)-Bayer, 3. Aufl. § 57 Rdnr. 47; Hüffer, AktG, 9. Aufl. § 57 Rdnr. 13). Bei einer Leistung der die Aktiengesellschaft beherrschenden Gesellschaft an den Aktionär gilt nicht § 57 AktG, sondern das für die Muttergesellschaft geltende Kapitalschutzrecht (MünchKomm-Bayer, a. a. O. Rdnr. 53).

Schlagworte: Aktienrecht, Einlagenrückgewähr, Freigabeverfahren, Handelsregister, Interessenabwägung, Kapitalerhaltung, Umwandlungsrecht, Verschmelzung