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OLG Hamm, Urteil vom 04.12.2002 – 8 U 40/02

§ 138 BGB

Eine Regelung in einem Gesellschaftsvertrag, wonach im Falle der Einziehung eines Gesellschaftsanteils der an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindungsbetrag von vorneherein auf ein Drittel des Zeitwerts der Gesellschaft beschränkt wird, ist wegen unangemessener Benachteiligung des ausscheidenden Gesellschafters nach § 138 BGB nichtig. Darüber hinaus stellt es eine weitere unangemessene Benachteiligung dar, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der erheblich reduzierte Abfindungsanspruch nur in Jahresraten über einen Zeitraum von fünf Jahren auszuzahlen ist.

Die Satzung der Beklagten kann grundsätzlich eine hiervon abweichende Regelung vorsehen und einen Abfindungsanspruch zur Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft beschränken. Allerdings unterliegen diese Einschränkungen den Grenzen des § 138 BGB. Eine Abfindungsregelung ist dann als nichtig anzusehen, wenn die mir ihr verbundene Einschränkung des Abflusses des Gesellschaftskapitals vollkommen außer Verhältnis zu der Beschränkung steht, die erforderlich ist, um im Interesse der verbleibenden Gesellschafter den Fortbestand der Gesellschaft und die Fortführung des Unternehmens zu sichern (vgl. BGH, GmbHR 1992, S. 257). Es darf somit bei Vertragsschluß kein grobes Mißverhältnis zwischen dem wirklichen Anteilswert und dem vertraglich vorgesehenen Abfindungsbetrag bestehen. Im vorliegenden Verfahren kann dahinstehen, ob das Stuttgarter Verfahren für die Berechnung des Anteilswertes geeignet war, da bereits unabhängig von der für die Berechnung des Anteils gewählten Methode aufgrund des Wortlautes der Abfindungsklausel ein grobes Mißverhältnis besteht. Durch die Abfindungsklausel wird der Anspruch des Klägers von vornherein auf ein Drittel des ermittelten Zeitwertes beschränkt. In dieser obligatorischen Kürzung des Anteilswertes ist eine unangemessene Benachteiligung des ausscheidenden Gesellschafters zu sehen, denn eine Abfindung mit nur einem Drittel des Zeitwertes kann in keinem Fall als verhältnismäßig angesehen werden. Eine so erhebliche Beschränkung des ermittelten Anteilswertes ist auch nicht zwingend erforderlich, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Die in der Abfindungsregelung enthaltene Beschränkung des Abfindungsbetrages führt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auch zu einer unzulässigen Einschränkung des Austrittsrechtes, denn ein Gesellschafter wird in der Regel genau überlegen, ob er die Gesellschaft verläßt, wenn er hierbei nur ein Drittel des tatsächlichen Anteilswertes erhält.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die nunmehr geregelte Abfindungsklausel gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Buchwertklausel eine Verbesserung dargestellt habe. Zwar ist grundsätzlich eine Abfindung nach dem Buchwert zulässig, seine Grenzen hat aber auch ein solcher Abfindungsanspruch dort, wo der Buchwert in einem krassen Mißverhältnis zum tatsächlichen Wert der Beteiligung steht. Auch in diesem Falle wäre eine Klausel entweder, wenn das Mißverhältnis von vornherein bestand, sittenwidrig, oder, wenn das Mißverhältnis erst im Laufe der Zeit eingetreten ist, anzupassen (vgl. BGH, GmbHR 1993, S. 505). Wenn die Beschränkung auf ein Drittel des Zeitwertes gegenüber der zuvor vorgesehenen Buchwertklausel eine Verbesserung dargestellt hat, ist schon nach dem Vortrag der Beklagten davon auszugehen, daß nach der damaligen Regelung jedenfalls eine Anpassung hätte erfolgen müssen.

Zu berücksichtigen ist auch, daß der erheblich reduzierte Anteilswert dann noch über einen Zeitraum von fünfeinhalb Jahren ausgezahlt werden sollte. Zwar wird ein Auszahlungszeitraum von fünf Jahren in der Regel als nicht zu beanstanden angesehen (vgl. Baumbach/Hueck, § 34 Rn. 32), so daß diese Regelung für sich betrachtet nicht als sittenwidrig anzusehen wäre. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß bei einem Anspruch auf Auszahlung des vollen Anteilswertes eine Auszahlung innerhalb von 15 Jahren als sittenwidrig angesehen wurde (BGH, NJW 1989, S. 2685), so führt bei einer von vornherein vorgesehenen Reduzierung auf 1/3 des Anteilswertes die Auszahlung über einen Zeitraum von fünfeinhalb Jahren zu einer weiteren unangemessenen Benachteiligung des ausscheidenden Gesellschafters.

Schlagworte: anfänglich unwirksame Abfindungsklauseln, Beschränkung der Abfindung, ca. 20% bis 36% des Verkehrswertes