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OLG Hamm, Urteil vom 10.02.2012 – 7 U 77/11, I-7 U 77/11

UmwG §§ 190, 191, 202, 226, 235

1. Eine GmbH kann gemäß §§ 1 Abs. 1, 190, 191 Abs. Abs. 1 Nr. 2 und 2 Nr. 1, 226 UmwG in eine GbR umgewandelt werden. Mit der Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister entsteht die GbR und wird im Wege der Rechtsnachfolge der neue Rechtsträger des bisherigen Vermögens (§§ 226, 235 Abs. 1 iVm §§ 198 Abs. 1, 202 UmwG – vgl. Staudinger-Habermeier, BGB, § 718 Rn. 13). Der in § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG normierte Fortbestand des Rechtsträgers in lediglich veränderter Rechtsform (sog. Identität des Rechtsträgers; vgl. Lutter-Decker, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 202 Rn. 7) hat zur Folge, dass die schuldrechtlichen Beziehungen unverändert fortbestehen. Der Rechtsträger bleibt Schuldner seiner Verbindlichkeiten (vgl. Semler/Stegel-Kübler, UmwG, 3. Aufl., § 202 Rn. 7, 9 mwN; Lutter-Decher, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 202 Rn. 32).

2. Bei einem Formwechsel in eine GbR ist von einer unbeschränkten persönlichen Haftung der Gesellschafter (auch) für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft auszugehen (so Semler/Stegel-Ihrig, UmwG, 3. Aufl., § 228 Rn. 46 m. w. N.).

3. Gesellschafter einer durch Formwechsel entstandenen GbR sind diejenigen Personen, die im Zeitpunkt der Eintragung Gesellschafter der formwechselnden GmbH waren (vgl. Widmann/Mayer-Vossius, Umwandlungsrecht, Loseblattsammlung, Stand Juni 2008, § 228 Rn. 93; Petersen in: Kölner Kommentar zum UmwG, 2009, § 202 Rn. 22; Lutter-Decher, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 202 Rn. 10).

4. Soll der neue Gesellschafter jedoch – bspw. zur Vermeidung einer Haftung – noch dem formwechselnden Rechtsträger beitreten, so kann die Abtretung zwar zeitlich nach dem Umwandlungsbeschluss erfolgen, sie muss aber jedenfalls noch vor Eintragung des Formwechsels wirksam vorgenommen sein (so ausdrücklich Widmann/Mayer-Vossius, Umwandlungsrecht, Loseblattsammlung, Stand Juni 2008, § 228 Rn. 96, 97).

5. Mit dem in § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG normierten Grundsatz der Identität des Rechtsträgers in neuer Rechtsform geht eine Diskontinuität der Rechtsordnung einher. Das bedeutet, dass nach dem Formwechsel ausschließlich das Recht des neuen Rechtsträgers maßgeblich ist (vgl. Lutter-Decher, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 202 Rn. 8 f.; Semler/Stengel-Kübler, UmwG, § 202 Rn. 24 ff.). Daraus folgt zunächst, dass nach Entstehung der GbR infolge Eintragung des Formwechsels ein Gesellschafterwechsel nur noch durch Abtretung der GbR-Anteile erfolgen kann, und zwar zulässig nur mit Zustimmung des jeweils anderen Gesellschafters oder aber nach dem Gesellschaftsvertrag (vgl. Palandt-Sprau, § 719 Rn. 6).

6. Sind die vor Eintragung des Formwechsels beurkundeten Abtretungen der GmbH-Anteile infolge des Einsatzes vollmachtloser Vertreter bei der Beurkundung im Zeitpunkt der Eintragung des Formwechsels noch schwebend unwirksam (§ 177 Abs. 1 BGB), so gehen sie ins Leere, da dann bei Beendigung des Schwebezustandes gar keine GmbH mehr existiert. Daran ändert auch die Rückwirkung gemäß § 184 Abs. 1 BGB nichts, da hierdurch keine dingliche Surrogation dergestalt ausgelöst werden kann, dass sich die rückwirkend wirksam gewordene Abtretung der GmbH-Anteile an den GbR-Anteilen fortsetzte.Dem steht die Diskontinuität der Rechtsordnungen ebenso wie der Rechtsgedanke des § 184 Abs. 2 BGB entgegen. Eine solche dingliche Surrogation sieht auch § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UmwG gerade nicht vor; denn wegen der Identität des Rechtsträgers und der Kontinuität der Mitgliedschaft und damit dem Fortbestand bei Umwandlung bestehender Rechte hat diese Vorschrift nur Klarstellungsfunktion (vgl. Semler/Stengel-Kübler, UmwG, § 202 Rn. 27 ff.).

7. Soweit § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UmwG als Konsequenz der Kontinuität der Mitgliedschaft auch Rechte Dritter an den Anteilen oder Mitgliedschaften des formwechselnden Rechtsträgers an den an ihre Stelle tretenden Anteilen oder Mitgliedschaften des neuen Rechtsträgers weiterbestehen lässt, sind zudem nur dingliche Rechte wie Pfand- und Nießbrauchsrechte erfasst (vgl. Lutter-Decher, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 202 Rn. 20 m. w. N.).

8. Zustellungsadressat einer GbR ist der geschäftsführende Gesellschafter bzw. einer ihrer Gesellschafter (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, § 170 RN 3, 6).

Schlagworte: Abtretung, Anteilsübertragung, BGB-Gesellschaft, Eintragung, Erwerber, Formwechsel, GbR, Gesamtrechtsnachfolge, Gesellschafter, Handelsregister, Umwandlung