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OLG Hamm, Urteil vom 11.07.2012 – I-8 U 192/08

BGB §§ 705 ff.

1. Der Gesellschafter einer BGB-Innengesellschaft kann nach deren Beendigung kann auf der Basis eines schuldrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB (analog) vom anderen Gesellschafter eine Ausgleichsforderung verlangen (zur dogmatischen Einordnung vgl. BGHZ 142, 137; BGH NJW 2006, 1268; Ulmer/Schäfer, GbR, 5. Aufl. 2009 § 730 Rn. 13 m. w. N.).

2. Eine Ehegatten-Innengesellschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn aufgrund eines zumindest schlüssig zustande gekommenen Vertrages der unternehmerischen Betätigung die gemeinsame Vorstellung der Ehegatten zugrunde liegt, dass die Gegenstände auch bei formal-dinglicher Zuordnung zum Alleinvermögen eines Ehegatten wirtschaftlich beiden gehören sollen, insbesondere weil der geschäftliche Erfolg von beiden miterarbeitet wird. Die Ehegatten müssen in diesen Fällen gemeinschaftlicher Vermögensbildung einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen wollen. Der formal nicht beteiligte Ehegatte muss mindestens für die Gesellschaft einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag geleistet haben (BGH NJW 1992, 2962, 2963 f, 2966). Zur Feststellung eines nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertenden Handelns kann auf Indizien zurückgegriffen werden wie etwa Planung, Umfang und Dauer der Zusammenarbeit oder gemeinsame Absprachen über die Verwendung und Wiederanlage der Erträge (BGH, a. a. O., BGH NJW 2008, 3277). Der Annahme einer Gesellschaft steht dabei nicht entgegen, dass eine bewusste Vermögensverschiebung aus haftungsrechtlichen Überlegungen erfolgt (BGH NJW 1999, 2962, 2965). Allerdings kann dann nicht auf einen konkludent zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag geschlossen werden, wenn ein Partner an der Schaffung eines Vermögenswertes (Wohnhaus) mitgewirkt hat, der von beiden gemeinsam genutzt werden sollte, aber ihnen nicht gemeinsam gehören sollte (BGH NJW 2008, 3277).

3. Gerade das zentrale Motiv, den Gläubigern des Klägers den Zugriff auf das neue Unternehmen zu erschweren dient als Basis für eine Ehegatteninnengesellschaft in Abgrenzung zu ehebedingten Zuwendungen (NJW 1999, 2962, 2965), wenn die Vermögensverschiebungen aus haftungsrechtlichen Überlegungen erfolgen und es den Parteien in erster Linie darum geht, dass die Gegenstände auch bei formal-dinglicher Zuordnung zum Alleinvermögen eines Beteiligten wirtschaftlich beiden gehören sollen. Zugrunde liegt dann das Bemühen der Parteien, das Vermögen vor dem Zugriff von Gläubigern zu sichern.

4. Maßgeblicher Stichtag für die Bewertung ist die Auflösung der Innengesellschaft; von diesem Zeitpunkt an kann nicht mehr von einer gemeinsamen Vermögensbildung ausgegangen werden (vgl. BGH NJW 1999, 2962, 2967). Dies ist im Regelfall der Zeitpunkt, zu dem die Beteiligten ihre Zusammenarbeit tatsächlich beendet haben und der Geschäftsinhaber das Unternehmen allein weiter geführt hat (BGH NJW 2006, 1268).

5. Bei der Beendigung der Innengesellschaft findet keine gegenständliche Auseinandersetzung statt. Es besteht vielmehr ein Ausgleichsanspruch in Form eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens, der sich nach den §§ 738 ff. BGB sowie einzelnen Vorschriften der §§ 730 ff. BGB bestimmt (BGHZ 142, 137; BGH NJW 2006, 2168). Nach § 738 BGB hat der Außengesellschafter dem ausscheidenden (Innen-)Gesellschafter die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, zurückzugeben und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde. Für vom Innengesellschafter geleistete Dienste kommt ein Ausgleich regelmäßig nicht in Betracht, § 733 Abs. 3 S. 3 BGB (vgl. Ulmer/Schäfer, a. a. O. § 730 Rn. 15),

6. Die vom Institut der Wirtschaftsprüfer entwickelten Standards (IDW S 1) werden in der Praxis verbreitet herangezogen, ohne dass sie letztlich verbindliches Recht darstellen (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl. 2009, Rn. 10). Sie stellen wesentliche allgemeine Grundsätze dar, wobei jeder Bewertungsfall seine eigene fachgerechte und verantwortliche Lösung verlangt.

7. Grundsätzlich entspricht der Wert eines Unternehmens dem Barwert aller künftigen finanziellen Überschüsse (s.a. Großfeld, a. a. O., Rn. 107). Als Methode zur Ermittlung dieses Werts wird in der Rechtsprechung weitgehend das Ertragswertverfahren angewandt, wie es im IDW Standard S 1 niedergelegt ist (vgl. z. B. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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AG 2008, 498). Dabei werden die künftigen Überschüsse aufgrund der Unternehmensplanung prognostiziert und auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

8. Der Bewertung sind grundsätzlich nur die Erkenntnisse und Rahmenbedingungen zugrunde zu legen, die am Bewertungsstichtag vorlagen oder deren Wurzeln in der Zeit vor dem Stichtag gelegt wurden (BGH NJW 1973, 509; Großfeld, a. a. O. Rn. 238, 243). Deshalb wird es grundsätzlich für unzulässig angesehen, eine im Einzelfall durchaus mögliche ex post Betrachtung der realen Geschehnisse an die Stelle der Prognose zu setzen (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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AG 2003, 329, für eine Bewertung in einem Spruchstellenverfahren). Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. So ist ebenfalls anerkannt, dass die tatsächliche Entwicklung ein kritisches Überdenken erlaubt (Großfeld, a. a. O., Rn. 247). Insbesondere kann die spätere Entwicklung Anlass sein, die Richtigkeit der auf den Stichtag bezogenen Planung zu überprüfen (OLG Stuttgart AG 2007, 596), wie es auch der IDW Standard S 1 in Tz 86 f. vorsieht.

9. Liegen maßgebliche Planungsrechnungen eines Unternehmens gar nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß vor oder erweisen sie sich als nicht plausibel, so sind durch den Sachverständigen sachgerechte Prognosen zu treffen oder Anpassungen vorzunehmen. Die zwangsläufig mit einer Zukunftsprognose verbundenen Unsicherheiten muss der Sachverständige möglichst gering halten, indem er die in der Vergangenheit erzielten Unternehmensergebnisse, aber auch erkennbare Entwicklungen der Zukunft berücksichtigt und auswertet (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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AG 2008, 384 m. w. N.). Die untere Grenze des Unternehmenswerts ist der Liquidationswert (Großfeld, a. a. O., Rn. 1100).

Schlagworte: Auflösung, Auseinandersetzung, Bewertungsmethoden, BGB-Gesellschaft, Ertragswertverfahren, GbR, Unternehmensbewertung