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OLG Hamm, Urteil vom 14. Februar 2000 – 8 U 296/98 

§ 243 AktG, §§ 243ff AktG, § 16 Abs 1 GmbHG

1. Eine Befugnis zur Anfechtung von Beschlüssen der GmbH-Gesellschafterversammlung analog AktG §§ 243ff steht nur einem GmbH-Gesellschafter zu.

2. Im Verhältnis zur GmbH gilt als Gesellschafter nur derjenige, der gemäß GmbHG § 16 Abs 1 angemeldet ist. Dabei kann eine solche Anmeldung auch konkludent erfolgen.

3. Eine Anmeldung nach GmbHG § 16 Abs 1 kann aber auch angefochten oder widerrufen werden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Kl. und der Widerbeklagten zu 2) hat keinen Erfolg. Die Klage ist zutreffend abgewiesen worden, die Widerklage ist hingegen begründet.

I.

Der Senat lehnt es ab, das vorliegende Verfahren wegen des beim LG Essen anhängigen Verfahrens auszusetzen. Soweit die dort anhängigen Verfahrensgegenstände überhaupt vorgreiflich sind für die Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit, hält es der Senat jedenfalls nicht für zweckmäßig und sinnvoll, das Verfahren auszusetzen und mit seiner Entscheidung zu warten. Das Gesamtbild, dass die seit langem andauernde Auseinandersetzung der beteiligten Personen  die Herren F und N2 auf der einen, der Kl. und seine Ehefrau auf der anderen Seite  bietet, läßt nicht erwarten, dass von der Entscheidung beim LG Essen eine befriedigende Wirkung ausgehen wird. Im Falle einer Berufung gegen die zu erwartende Entscheidung wird aller Voraussicht nach der Senat auch über ein solches Rechtsmittel zu entscheiden haben. Deshalb besteht nicht die realistische Gefahr, dass einander widersprechende Entscheidungen gegen den Willen der Parteien Bestand haben könnten.

Es sei außerdem festgehalten, dass zumindest die von dem Kl. dargestellten Hilfsanträge zu Ziff. 1.4 und 1.6 im Verfahren vor dem LG Essen nicht vorgreiflich sein dürften, weil zumindest insoweit mit einer Sachentscheidung des LG nicht zu rechnen ist. Die Frage der Geschäftsführerbestellung der Herren N2 und F, um die es in diesen Anträgen geht, ist nämlich bereits im vorliegenden Rechtsstreit in Gestalt der Widerklageanträge zu 1 und 2 rechtshängig. Wenn auch hier die positive Feststellung der Geschäftsführerbestellung beantragt ist, dürfte dieser Streitgegenstand identisch sein mit jenem der als negative Feststellungsanträge formulierten Klagebegehren vor dem LG Essen. Der Senat hat durch Einsicht in die beigezogenen Akten des LG Essen festgestellt, dass jene nachträglich eingeführten Anträge erst am 25. September 1998 mit Antragstellung vor dem LG (Bl. 220 der Beiakte) rechtshängig geworden sind, während die Rechtshängigkeit der hiesigen Widerklage bereits am 01. April 1998 mit Zustellung an den Klägervertreter eingetreten und bereits am 23. Juli 1998 darüber entschieden worden ist. Die Zulässigkeit der beim LG Essen zu Ziff. 1.4 und 1.6 angekündigten Anträge dürfte deshalb an § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO scheitern.

II.

Die Klage bleibt als Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage ohne Erfolg, weil der Kl. seit dem 11. Juni 1997 nicht mehr Gesellschafter der Bekl. ist und deshalb nicht mehr zur Erhebung kassatorischer Klagen analog §§ 243 ff. oder § 249 AktG befugt ist. Die vorliegende Klage ist erst nach Ende der Gesellschafterstellung des Kl. am 22. Dezember 1997 eingereicht worden.

1.

Das Ausscheiden des Kl. infolge Wirksamwerden der Einziehung seines Geschäftsanteils von nominell 5.000,00 DM ist Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 11. Januar 1999 (43 O 180/96 LG Essen  8 U 42/98 OLG Hamm). Der Senat hat mit seinem Urteil, das nach Rücknahme der vom Kl. eingelegten Revision rechtskräftig ist, die Berufung des Kl. zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil bestätigt, mit dem das Ausscheiden des Kl. infolge Einziehung per 11. Juni 1997 festgestellt worden war. Mit seinen Ausführungen über die angeblich zu gering ausgefallene Zahlung auf das Einziehungsentgelt kann der Kl. angesichts dieser Rechtskraft nicht mehr gehört werden.

2.

Die Befugnis zur BeschlußAnfechtung kann der Kl. auch nicht daraus herleiten, dass er nach seiner Darstellung Inhaber auch des weiteren Geschäftsanteils von nominell 45.000,00 DM geblieben sei, weil die in dem Vertrag vom 21. Februar 1994 unter Ziff. 4 vereinbarte, aufschiebende Bedingung für den Übergang dieses Geschäftsanteils auf den Erwerber, den Streithelfer, nicht eingetreten sei. Der Senat hat bereits wiederholt in früheren Entscheidungen ausgeführt, dass der Kl. im Verhältnis zur Bekl. nicht mehr als Inhaber des Geschäftsanteils und der damit verbundenen Gesellschafterrechte angesehen werden kann, seitdem mit dem Abschluß des Vertrags vom 21. Februar 1994, an dem der Kl. als damaliger Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Bekl. beteiligt war, zumindest aber mit dem Verhalten des Streithelfers im Anschluss an diesen Vertragsschluß der Streithelfer als Erwerber des Anteils von 45.000,00 DM bei der Bekl. angemeldet worden ist. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 16 Abs. 1 GmbHG. Die Anmeldung kann konkludent erfolgen und liegt hier in der Mitwirkung des Alleingesellschafters und Geschäftsführers, der dabei notwendig auch von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erhielt. Dass dies jedoch über die bloße Kenntniserlangung hinausging und den Charakter einer Anmeldung gem. § 16 GmbHG hatte, belegt das eigene Verhalten des Kl. in der Folgezeit, der auch in seiner Rolle als Geschäftsführer den Streithelfer immer als Gesellschafter und Inhaber der Mehrheitsbeteiligung behandelt hat. Eine Anmeldung liegt darüber hinaus auch in dem Verhalten des Streithelfers, das die Bekl. zum Anlass genommen hat, ihn als den Mehrheitsgesellschafter zu behandeln, ohne am Eintritt der aufschiebenden Bedingung zu zweifeln oder diesen zu überprüfen. Dies rechtfertigt insgesamt die Anwendung des § 16 Abs. 1 GmbHG (BGH NJWRR 1991, NJW-RR Jahr 1991 Seite 926, NJW-RR Jahr 1991 927 rechte Spalte, ScholzWinter, GmbHG, 8. Aufl., § 16, 15; HachenburgZutt, GmbHG, 8. Aufl., § 16, 8). Entgegen der Auffassung des Kl. ergibt sich anderes nicht aus der vorgenannten Entscheidung des BGH. Allerdings wird danach die Anmeldung eines  für die Gesellschaft erkennbar  aufschiebend bedingten Erwerbs erst mit Bedingungseintritt wirksam (BGH, a.a.O., S. 928, HachenburgZutt, a.a.O., § 16, 12). Entsprechend der einhelligen Auffassung, die bei der Anmeldung eines unbedingten Erwerbs für die wirksame Anmeldung ausreichen läßt, dass die Gesellschaft sich mit einer unbelegten Anmeldung begnügt und auf einen Nachweis verzichten kann (BGH a.a.O., S. 927), kann sich auch im Falle eines bedingten Erwerbs die Gesellschaft vertreten durch ihre Geschäftsführung mit der Mitteilung begnügen, die Bedingung sei eingetreten. Behandelt die Gesellschaft in der Folge den Erwerber und nicht mehr den Veräußerer als Gesellschafter, so ist auch in diesem Fall die Anwendung des § 16 GmbHG auf das Verhältnis zum Erwerber geboten. So lag es nach eigener Darstellung des Kl. auch im vorliegenden Fall mit dem Streithelfer.

Rechtsfolge der Anmeldung ist die ausschließliche Legitimation des Erwerbers, hier des Streithelfers, gegenüber der Bekl. zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte. Diese Rechtsfolge kann der Kl. auch nicht mit der nach eigener Darstellung erklärten Anfechtung der Anmeldung beseitigen. Zwar ist eine Anmeldung gem. § 16 GmbHG grundsätzlich der Anfechtung zugänglich. Das Anfechtungsrecht steht hinsichtlich der vom Streithelfer konkludent vorgenommenen Anmeldung jedoch nicht dem Kl. zu, so dass die Rechtsfolgen der Anmeldung selbst bei einer erfolgreichen Anfechtung der vom Kl. selbst erklärten Anmeldung Bestand haben. Einen Widerruf der Anmeldung, die mit Wirkung für die Zukunft ebenfalls grundsätzlich zulässig ist, wenn eine wirksame Veräußerung fehlt, können die Anmeldeberechtigten entweder gemeinsam (bei Einigkeit über das Fehlen der Veräußerung) oder einer von ihnen unter Nachweis des Fehlens oder der Unwirksamkeit des Rechtsübergangs erklären (Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 16, 12). Keine der Alternativen liegt hier vor. Weder hat der Streithelfer seinerseits den Widerruf erklärt noch hat der Kl. die Unwirksamkeit des Rechtsübergangs nachgewiesen. Die Rechtsfolgen des § 16 Abs. 1 GmbHG haben mithin Bestand.

III.

Die Klage kann auch nicht als allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO Erfolg haben. Der Senat kann die vom Kl. beantragten Feststellungen nicht treffen. Den im Antrag bezeichneten Beschlüssen haftet nicht ein zur Nichtigkeit führender Mangel an.

1.

Es liegt nicht ein Einberufungsmangel vor. Die Einberufung durch Anwaltsschreiben vom 15. Oktober 1997 (Bl. 10/11 d.A.) in Vollmacht und im Namen des Streithelfers in seiner Rolle als Gesellschafter wie auch als Geschäftsführer der Bekl. ist ordnungsgemäß erfolgt. Der Einwand des Kl., der Streithelfer sei nicht Geschäftsführer der Bekl. gewesen, ist nicht berechtigt. Ihr steht schon die rechtskräftige Entscheidung des Senats vom 22. Februar 1999 (43 O 77/97 LG Essen  8 U 85/98 OLG Hamm) entgegen. In jenem Verfahren ist die gegen die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 14. März 1997, darunter auch die Bestellung des Kl. zum Geschäftsführer der Bekl., gerichtete Nichtigkeits- und AnfechtungsklageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Anfechtungsklage
Nichtigkeits- und Anfechtungsklage
des Kl. abgewiesen worden, so dass damit von einer Wirksamkeit der Bestellung des Streithelfers als Geschäftsführer auszugehen ist. Als solcher war er gem. § 49 Abs. 1 GmbHG zur Einberufung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschafterversammlung
befugt.

2.

Der Streithelfer war auch Gesellschafter der Bekl.. Für das Verhältnis zur Bekl. ergibt sich das, wie oben dargelegt worden ist, zumindest aus § 16 Abs. 1 GmbHG. Als Gesellschafter hatte er das auf seinen Geschäftsanteil entfallende Stimmrecht.

3.

Dem von dem Kl. behaupteten Einstimmigkeitserfordernis der Satzung ist genügt, weil der Streithelfer am 22. November 1997 alleiniger Gesellschafter der Bekl. war. Der Geschäftsanteil des Kl. i.H.v. 5.000,00 DM war bereits mit den wirksamen Beschlüssen der Gesellschafterversammlungen vom 09. März und 06. April 1996 eingezogen worden und die Einziehung selbst nach der Zahlung des Einziehungsentgelts mit Ablauf des 11. Juni 1997 wirksam geworden. Das steht, wie ebenfalls oben dargelegt worden ist, nach dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 11. Januar 1999 fest.

IV.

Die Widerklage ist begründet. Die Berufung greift die landgerichtliche Entscheidung allein damit an, dass es sich wegen der nach Auffassung des Kl. und der Widerbeklagten zu 2) fehlenden Gesellschafterstellung des Streithelfers um unbeachtliche Scheinbeschlüsse handele. Es ist schon dargelegt worden, dass dieser Auffassung nicht gefolgt werden kann.

Schlagworte: Aktivlegitimation des Gesellschafters, Ausschluss- oder Einziehungsbeschluss, Gesellschafterliste bei Ausschlussvorgängen, Gesellschafterliste bei Übertragungsvorgängen, Zeitpunkt der Klageerhebung, Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ZPO § 265 Abs. 2