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OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.03.2006 – 3 Ss 190/05

§ 64 GmbHG, § 84 Abs 1 GmbHG, § 14 Abs 2 S 1 Nr 1 StGB, § 283 StGB

Normadressat der §§ 64 Abs. 1, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ist aber nicht nur der formell bestellte Geschäftsführer, sondern auch derjenige, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen und ausgeübt hat (vgl. BGHSt 46, 62, 64; 31, 118, 122; 21, 101, 103; 3, 32, 38; BGH NStZ 2000, 34, 36; wistra 1990, 60, 61; BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Antragspflicht 2; Schaal aaO § 84 Rdnr. 10 f; a. A. Altmeppen in Altmeppen/Roth GmbHG 5. Aufl. § 84 Rdnr. 9). Ob für die Erlangung einer faktischen Geschäftsführerstellung das Einverständnis aller GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einverständnis aller Gesellschafter
Gesellschafter
erforderlich ist (so Tiedemann in Scholz GmbHG 9. Aufl. § 84 Rdnr. 33), oder ob die Billigung durch eine Mehrheit der Gesellschafter ausreicht (Schünemann in LK-StGB 11. Aufl. § 14 Rdnr. 70; Schaal aaO § 84 Rdnr. 11 und § 82 Rdnr. 11), ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bislang nicht ausdrücklich entschieden (vgl. aber BGH bei Herlan GA 1971, 36 a. E.; zum Fortbestehen der Pflichtenstellung BGHSt 31, 118, 123 a. E.). Der Senat neigt zu der Auffassung, dass für die Begründung der Pflichtenstellung als faktischer GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
faktischer Geschäftsführer
Geschäftsführer
das Einverständnis einer Mehrheit der Gesellschafter genügt, sofern diese Gesellschaftermehrheit nach den gesellschaftsvertraglich getroffenen Bestimmungen ausreichend wäre, auch eine formelle Bestellung eines Geschäftsführers zu beschließen (vgl. Schaal aaO § 82 Rdnr. 11). Da die einseitige Anmaßung von Leitungsmacht eine Organstellung für die Gesellschaft auch im faktischen Sinne nicht zu begründen vermag (vgl. BGHSt 46, 62, 65), setzt die Begründung einer tatsächlichen Geschäftsführerposition eine Legitimation durch das für die Bestellung des Geschäftsführers zuständige Gesellschaftsorgan in Gestalt einer Billigung der Geschäftsführung voraus. Unabhängig davon, ob diese Billigung als konkludente Bestellung gewertet werden kann (vgl. BGHSt 46, 62, 65), besteht allerdings kein Grund, an die Legitimation einer faktischen Organtätigkeit höhere Anforderungen zu stellen als an die förmliche Bestellung des Organs. Kann der Geschäftsführer einer GmbH daher nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung von einer Mehrheit der Gesellschafter bestellt werden, so reicht das Einverständnis einer entsprechenden Mehrheit für die Erlangung einer faktischen Geschäftsführerstellung aus. Ob und mit welcher Mehrheit in einer Gesellschaft über die Geschäftsführerbestellung entschieden wird, beurteilt sich wegen der sich aus § 45 Abs. 2 GmbHG ergebenden Disponibilität der gesetzlichen Regelung in den §§ 46 Nr. 5, 47 Abs. 1 GmbHG nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages.

Schlagworte: faktischer Geschäftsführer