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OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.02.2014 – 13 U 108/13

Bilanzmanipulation Scheingeschäfte

ZPO § 916, 917, 294; BGB § 823Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
BGB
BGB § 823
; StGB § 263

Macht ein Gesellschafter glaubhaft, durch vorsätzliche Täuschung zu dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen veranlasst worden zu sein, insbesondere durch Bilanzmanipulationen auf der Grundlage von Scheingeschäften, die einen höheren Umsatz und Jahresüberschuss vorgetäuscht haben, kann zur Sicherung eines Schadensersatzanspruchs gegen die handelnden Organe der Gesellschaft der dingliche Arrest angeordnet werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.05.2013 (LGKONSTANZ Aktenzeichen 2O11213C 2 O 112/13 C) wie folgt abgeändert:

1. Wegen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagen 2 und 3 als Gesamtschuldner in Höhe von 5.186.077,53 € infolge des Erwerbes von Aktien der Hess AG am 15.02., 26.10. und 06.11.2012 sowie wegen einer Kostenpauschale in Höhe von weiteren 112.900,00 € wird in das gesamte Vermögen der Beklagten 2 und 3 der dingliche Arrest angeordnet.

2. Durch Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 5.298.977,53 € oder durch das Stellen einer schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes über denselben Betrag wird die Vollziehung des Arrestes gehemmt und die Beklagten 2 und 3 sind befugt, die Aufhebung des vollzogenen Arrestes zu beantragen.

3. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass des Arrestes zurückgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten beider Instanzen tragen die Klägerin 70% und die Beklagten 2 und 3 30% als Gesamtschuldner.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.900.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Konstanz vom LGKONSTANZ 17.05.2013 sowie den Beschluss vom 08.07.2013 Bezug genommen.

Das Landgericht Konstanz hat den am 15.04.2013 erlassenen Arrestbeschluss aufgehoben und den Antrag auf Erlass eines dinglichen Arrests abgewiesen. Hinsichtlich des Erwerbes der ersten Tranche der Aktienkäufe liege keine kausale Täuschung der Klägerin vor, da die vorgetragenen Bilanzmanipulationen alle zeitlich nach der Investitionsentscheidung vom 03.11.2011 lägen, so dass ein Arrestanspruch nicht bestehe. Für den Erwerb der zweiten und dritten Tranche der Aktienkäufe käme zwar ein Schadensersatzanspruch wegen eines Vermögensdeliktes der Beklagten 2 und 3 zum Nachteil der Klägerin in Betracht, es fehle aber an einem Arrestgrund.

2. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge gegen die Beklagten 2 und 3 weiter verfolgt. Zu Unrecht sei das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein gemeinsamer Tatplan der Beklagten zur Begehung der Bilanzmanipulationen nicht bereits vor dem 03.11.2011 feststellbar sei. Zudem ergebe sich aus dem zwischenzeitlich vorliegenden Bericht zur Gläubigerversammlung in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma Hess AG vom 21.06.2013 (Anlage II, K 5), dem Untersuchungsbericht der Wirtschaftsprüfergesellschaft E. S. über die Untersuchungen der Jahresabschlüsse 2007 bis 2011 sowie der Konzernabschlüsse zum 30.06. und 30.09.2012 vom 05.11.2013 (Anlage K 25), sowie der Klageschrift des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Hess AG gegen die H. Werkzeugmaschinen GmbH vom 03.05.2013 und der Klageerweiterung gegen den Berufungsbeklagten 2 vom 12.06.2013 (Anlage II, K 6), dass die Beklagten die Bilanzen der Hess AG bereits seit dem Jahr 2007 „geschönt haben“. Es bestehe daher jetzt Gewissheit, dass der Gesamtplan der Berufungsbeklagten mindestens seit dem Jahr 2009 bestehe. Die Klägerin sei vor Abschluss des Investment Agreement zudem dadurch getäuscht worden, dass ihr die Zusatzvereinbarungen der Hess AG vom 08.06.2011 und vom 09.11.2011 nicht vorgelegt worden seien. Dass die Klägerin bereits im Vorfeld ihres Einstieges getäuscht worden sei, ergebe sich aus einem am 21.10.2011 gefassten Beschluss des Aufsichtsrates der Hess AG (Anlage K 28) in Verbindung mit dem Schreiben des H. vom 11.11.2013 (Anlage K 29). Entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe die Klägerin das Vorliegen eines Arrestgrundes glaubhaft gemacht. Hinzu komme, dass zwischenzeitlich weitere Umstände bekannt seien, die einen Arrestgrund begründeten: Der Beklagte 2 habe unmittelbar nach Veröffentlichung der Ad-Hoc-Mitteilung am 21.01.2013 seine Wohnung leer geräumt. Der Beklagte 2 habe zudem versucht, am 15.03.2012 1,2 Mio. Euro auf sein Konto in der Schweiz zu transferieren und Lebensversicherungen auf seine Frau umzuschreiben. Zudem habe der Beklagte 2 versucht, nach seiner Entlassung als Vorstand bei der … Bank 2 Mio. Euro von den Konten der Hess AG abzuheben. Schließlich seien von der Ehefrau des Beklagten 2 am 05./06.02.2013 jeweils 1.040,00 € in bar vom Firmenkonto der Hess AG abgehoben worden. Der dienstliche Laptop des Beklagten 3 sei neu formatiert worden. Der Beklagte 3 habe am 28.01.2013 seine Beteiligung an der … P. GmbH auf seine Ehefrau übertragen. Nach seiner Entlassung als Vorstand habe der Beklagte 3 versucht, vom Konto der Hess AG 500.000,00 € in bar abzuheben.

3. Der Beklagte 2, der Zurückweisung der Berufung beantragt, ist der Auffassung, dass es sich bei dem Bericht über die Sonderuntersuchung der Hess AG (Anlage ASt 18) und dem Untersuchungsbericht der Wirtschaftsprüfergesellschaft E. S. über die Untersuchungen der Jahresabschlüsse 2007 bis 2011 sowie der Konzernabschlüsse zum 30.06. und 30.09.2012 vom 05.11.2013 (Anlage K 25) um einseitige Privatgutachten handelt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten er und der Beklagte 3 nicht die Bilanzen der Hess AG gefälscht. Ein Arrestanspruch liege daher auch nicht bzgl. der Investition der Klägerin vom 15.02.2012 und vom 06.10./06.11.2012 vor. Es sei zulässig gewesen, die Entwicklungs- und Produktionskosten durch die Auslagerung und Berechnung an Konzernunternehmen beim herrschenden Unternehmen dadurch zu aktivieren, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter, die zunächst selbst geschaffen worden seien, an ein Konzernunternehmen verkauft und anschließend von diesem wieder zurück erworben worden seien, weil die betreffende Transaktion einem Drittvergleich Stand hielten. Dies sei auch von den Experten Rechtsanwalt Dr. B. und den Wirtschaftsprüfern der D. bestätigt wurden. Der Vorstand sei zudem vom Aufsichtsratsvorsitzenden T. D. zur Aktivierung der Entwicklungs- und Produktionskosten aufgefordert worden. Ein Hinweis auf die Vorgehensweise befinde sich zudem im Börsenzulassungsprospekt. Der Jahresab-schluss 2012 sei nicht mehr von ihm, dem Beklagten 2, gefertigt worden. Die Aktienerwerbe der Klägerin in der ersten und zweiten Tranche seien völlig unabhängig von irgend welchen Bilanzmaßnahmen im Jahr 2011 erfolgt.

Der Beklagte 2 trägt zur Frage des Arrestgrundes vor, dass er keine Geldbeträge „gewaschen“ habe, sondern legal erworbene und versteuerte Gewinnausschüttungen über eine deutsche Bankfiliale im Frühjahr 2012 in der Schweiz angelegt habe. Weder er noch seine Ehefrau hätten nach dem Abberufungsbeschluss im Januar 2013 noch irgendwelche weiteren Beträge von Firmenkonto der Hess AG für private Zwecke abgebucht. Die Bestellung der zwei Eigentümergrundschulden stelle keine Vermögensverschiebung dar, sondern diene dem Zweck der künftig möglicherweise notwendigen Absicherung der laufenden Kosten seines Lebensunterhaltes und der seiner Familie. Er habe weder vor noch nach der Durchsuchung am 30.01.2013 irgendwelche Verdunkelungsmaßnahmen ergriffen oder Beweismittel manipuliert oder unterdrückt. Er habe insbesondere nicht den Safe in seinem Privathaus „leergeräumt“, sondern alle seine beruflichen Unterlagen in seinem Arbeitszimmer bei der Hess AG aufbewahrt, wo sie bis heute lägen.

4. Der Beklagte 3, der ebenfalls Zurückweisung der Berufung beantragt, ist der Auffassung, dass es sich bei dem Sonderuntersuchungsbericht um kein geeignetes Mittel zur Glaubhaftmachung handle. Zutreffend komme das Landgericht zu dem Ergebnis, dass ein gemeinsamer Tatplan der Beklagten im Sinne eines Kapitalanlagebetruges nicht festgestellt werden könne. Dieser ergebe sich auch nicht aus der E-Mail vom 18.10.2011, die u. a. auch an Rechtsanwalt Dr. B. gerichtet sei. Die Testate der Wirtschaftsprüfer für die vergangenen Jahre der Hess AG hätten nach wie vor Bestand und würden auf keine Unregelmäßigkeiten hinweisen. Die Entwicklungs- und Produktionskosten seien von der Hess AG in rechtlich zulässiger Weise aktiviert worden. In die Prozedur sei insbesondere der Experte Rechtsanwalt Dr. B. involviert gewesen. Die Bilanzierungsmaßnahmen seien durch die Rechtsanwälte Dr. B. und die Testate der Wirtschaftsprüfer D. bestätigt worden. Die betreffenden Transaktionen zwischen der Hess AG und der E. GmbH seien seitens der Wirtschaftsprüfer als wirtschaftlich angemessen bestätigt worden. Der Aufsichtsrat sei zudem entsprechend mit einbezogen gewesen.

Der Beklagte 3 ist der Auffassung, dass ein Arrestgrund nicht vorliege. Zur Darlegung eines Arrestgrundes reiche es nicht aus, dass dem behaupteten Arrestanspruch eine gegen das Vermögen der Gläubigerseite gerichtete Straftat zugrunde liege. Die Klägerin habe keine weiteren Umstände, die eine Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung im konkreten Einzelfall bedingten, vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Es seien auch nicht zwischenzeitlich weitere Erkenntnisse zu Tage getreten, die einen Arrestgrund belegten. Die Beklagten 2 und 3 seien am gleichen Tag wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ihm, dem Beklagten 3, sei lediglich aufgegeben, seinen Personalausweis und seinen Reisepass zu hinterlegen sowie bestimmten Meldepflichten nachzukommen. Im Nachhinein seien ihm bereits Auslandsreisen genehmigt worden. Er habe kein Auslandsvermögen. Er habe auch keine Kaution leisten müssen. Die Aussetzung des Haftbefehles zeige, dass eine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr nicht existiere. In der Rückgabe des Laptops sei keine „Vertuschungshandlung“ zu erkennen. Für die Übertragung seiner Beteiligung an der … P. GmbH auf seine Ehefrau habe er einen adäquaten Kaufpreis in Höhe von 25.000,00 € erhalten. Er habe nicht versucht, 500.000,00 € bei „… Banken“ in bar abzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen geben dem Senat keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr gegen die Beklagten 2 und 3 ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.186.077,53 € (Kaufpreis für das zweite und dritte Aktieninvestment) zusteht, während es der Klägerin nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ihr hinsichtlich eines weiteren Betrages von 12.500.750 € (Kaufpreis für die erste Tranche des Aktienerwerbs) ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Der Senat kommt entgegen den Ausführungen des Landgerichts zu dem Ergebnis, dass die Klägerin glaubhaft gemacht hat, dass ein Arrestgrund vorliegt.

1. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass die Beklagten 2 und 3, indem sie den Jahresabschluss der Hess AG zum 31.12.2011 manipuliert haben, einen Betrug zum Nachteil der Klägerin begangen haben, der kausal für die Kaufentscheidungen der zweiten und dritten Tranche war und der Klägerin daher ein Schadensersatzanspruch nach § BGB § 823 Abs. BGB § 823Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Absatz 2 BGB i. V. m. § STGB § 263 StGB zusteht.

a. Die Beklagten 2 und 3 haben als Vorstände der Hess AG zur Erhöhung der Umsatzerlöse und des Jahresergebnisses 2011 Entwicklungsleistungen zum Schein mittels entsprechender Scheinrechnungen an beherrschte und wirtschaftlich abhängige Unternehmen verkauft. Hierdurch wurden die Umsätze der Hess AG um 4.758.640 € erhöht. Die Klägerin hat im Einzelnen folgenden Sachverhalt glaubhaft gemacht:

Der Beklagte 3 hat per E-Mail vom 30.11.2011 (Ermittlungsakten der StA Mannheim (601 Js 1964/13), zusammengefasst im Zwischenbericht des EKHK E. vom 12.07.2013 (Ermittlungsakten Bd. 11, Bl. 9651 ff), Anlage K 31, S. 102) einen Mitarbeiter angewiesen, verschiedene genau vorgegebene Rechnungen „auszulösen“, wobei keiner der Rechnungen Entwicklungsleistungen zugrunde lagen. Mit E-Mails vom 20.12.2011, 21.12.2011 und 22.12.2011 (Zwischenbericht, Anlage K 31, S. 111, 107, 103) hat der Beklagte 3 veranlasst, dass weitere (Schein-)rechnungen erstellt wurden. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Rechnungen der Hess AG (Zwischenbericht, Anlage K 31, S. 91 f):

• vom 30.11.2011 an die … A. … GmbH über 274.000 €

• vom 30.11.2011 an die l. GmbH über 721.000 €

• vom 30.11.2011 an die E. GmbH über 375.000 €

• vom 20.12.2011 an die … P. GmbH über 193.460 €

• vom 21.12.2011 an die … P. GmbH über 240.443 €

• vom 22.12.2011 an die … GmbH über 465.000 €

• vom 22.12.2011 (4 Rechnungen) an die V. GmbH über insgesamt 489.000 €

• vom 22.12.2011 an die E. GmbH über 584.737 €

• vom 23.12.2011 (4 Rechnungen) an die E. GmbH über insgesamt 1.416.000 € (164.000 €, 210.000,00 €, 338.000 € und 704.000 €).

Um den Rechnungsempfängern … A. GmbH, l. GmbH, … P. GmbH, … GmbH und V. GmbH die zur Bezahlung der Rechnungen notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, wurden auf Veranlassung des Beklagten 3 meist rückdatierte Rechnungen an die E. GmbH fakturiert. Im Einzelnen wurden vereinbarungsgemäß folgende Rechnungen an die E. GmbH erstellt (siehe Zwischenbericht, Anlage K 31, S. 105 ff):

• Rechnung der … GmbH, erstellt am 15.12.2011, rückdatiert auf den 30.11.2011 über 278.400 €

• Rechnung der … P. GmbH, rückdatiert auf den 05.12.2011 über 242.443 € und 195.460 €

• Rechnung der l. GmbH, rückdatiert auf den 30.11.2011 über 730.400 €

• Rechnung der … GmbH, rückdatiert auf den 10.12.2011 über 576.000 €

• Rechnung der V. GmbH vom 22.12.2011 über 511.550 €.

Nachdem die E. GmbH Zahlungen geleistet hatte, haben die Rechnungsempfänger jeweils Zahlungen auf die Rechnungen der Hess AG geleistet. Die E. GmbH wiederum wurde finanziert durch die H. GmbH & Co.KG sowie die H. GmbH. Durch diese Vorgehensweise haben sich die Umsatzerlöse der Hess AG in der Bilanz 2011 um 4.758.640 € erhöht.

Die Rechnungsstellung erfolgten in Kenntnis und in Absprache mit den Beklagten 2, wie sich aus den E-Mails des Beklagten 3 an den Beklagten 2 vom 30.11.2011 und vom 23.12.2011 (Zwischenbericht, Anlage K 31, S. 94) ergibt.

b. Die Vorgänge, die als solche von den Beklagten nicht bestritten werden, ergeben sich im Einzelnen aus den bisherigen Ermittlungen der Landespolizeidirektion Freiburg, Ermittlungsakten der StA Mannheim (601 Js 1964/13), zusammengefasst im Zwischenbericht des EKHK E. vom 12.07.2013 (Ermittlungsakten Bd. 11, Bl. 9651 ff), Anlage K 31.

c. Soweit die Beklagten meinen, durch das Erstellen der Rechnungen seien in zulässiger Weise Entwicklungs- und Produktionskosten in der Bilanz der Hess AG aktiviert worden, trifft dies nicht zu. Denn vorliegend geht es nicht um die Frage, ob Entwicklungs- und Produktionskosten durch die Auslagerung und Berechnung an Konzernunternehmen beim beherrschenden Unternehmen dadurch aktiviert werden dürfen, dass die betreffenden immateriellen Wirtschaftsgüter, die zunächst selbst geschaffen worden sind, an ein Konzernunternehmen veräußert werden, d. h. ob Entwicklungskosten in Höhe von 1.088.000 € in der Bilanz aktiviert werden durften (siehe polizeilicher Zwischenbericht, S. 93). Ob innerhalb einer Gruppe von im Rechtssinn verbundenen Unternehmen ein entgeltlicher Erwerb stattfinden kann, ist umstritten (verneinend beispielsweise Moxter, Bilanzrechtsprechung, 6. Aufl., 2007, S. 27). Soweit dies bejaht wird, ist jedenfalls die Wertbeständigkeit durch den Markt besonders zu prüfen, d. h. die Existenz und Wertbeständigkeit des Vermögensgegenstandes ist kritisch zu sehen und bei wesentlichen Zweifeln zu verneinen (Münchner Komm./Ballwieser, HGB, 3. Aufl., 2013, § 248, Rn. 37; Baumbach/Hopt- Merkt, Handelsgesetzbuch, 35. Aufl., 2012, § 248, Rn. 4). Die Erwerbsvorgänge müssen dem Charakter eines Erwerbsvorganges von einem Dritten entsprechen. Wegen der bestehenden Manipulationsgefahr sind dabei strenge Anforderungen an die Darlegung und Überprüfung der Werthaltigkeit vereinbarter Gegenleistungen zu stellen (Staub/Kleindiek, HGB-Komm., 5. Aufl., § 248, Rn. 46). Wird eine Rechnung, sei es an ein verbundenes Unternehmen, sei es an einen Dritten, nur zum Schein erstellt oder hält sie einem Drittvergleich nicht stand, ist dies unzulässig.

d. Die Klägerin hat durch Bezugnahme auf die Ermittlungsakten der StA Mannheim (601 Js 1964/13) sowie durch Vorlage des Berichts über die Sonderuntersuchung bei der Hess AG vom 26.02.2012 (Anlage Ast 18) glaubhaft gemacht, dass die unter a) dargestellten Rechnungen lediglich zum Schein erstellt wurden, d. h. dass entweder bereits eine Entwicklungsleistung gar nicht existiert hat, bzw., soweit Entwicklungen stattgefunden haben, die Entwicklungsleistungen jedenfalls nicht, wie dies die Rechnungen suggerieren, an den Rechnungsempfänger übertragen wurden.

Wie sich aus dem polizeilichen Zwischenbericht (Anlage K 31, S. 18 ff) ergibt, haben die Ermittlungsbehörden eigene umfangreiche Ermittlungen durchgeführt, bei der u. a. umfangreiche Unterlagen sichergestellt wurden, so dass es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf ankommt, ob der von den Anwälten der Kanzlei P. + Partner für die Ermittlungsbehörden am 23.04.2013 eingerichtete virtuelle Datenraum vollständig gewesen ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich auch bei dem Sonderprüfungsbericht um eine zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung gem. § ZPO § 294 ZPO. Der Aufsichtsrat der Hess AG und nicht nur dessen Aufsichtsratsvorsitzender T. D. hat in seiner Sitzung am 21.01.2013 (Anlage Ast 27) beschlossen, eine wirtschaftliche und rechtliche Sonderuntersuchung durch unabhängige Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte durchzuführen. Auftraggeber ist die Hess AG. Ein Interessenkonflikt der Rechtsanwälte P. und PartnerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, die die Klägerin beim Abschluss des Investment Agreement im Jahre 2011 vertreten haben, liegt nicht vor. Denn bei der Aufdeckung der Bilanzmanipulationsvorwürfe und der Beratung der Klägerin im Rahmen des Investment Agreement im Jahre 2011 handelt es sich nicht um dieselbe Rechtssache. Zudem liegen widerstreitende Interessen nicht vor, weil sowohl die Klägerin als auch die Hess AG ein Interesse an der Aufklärung haben. Soweit unter dem von der Klägerin vorgelegten Exemplar des Sonderprüfungsberichts die Unterschriften fehlen, hat die Klägerin mit Schreiben der Erstatter des Berichts vom 24.04.2013 (Anlage ASt 28) glaubhaft gemacht, dass diese vollumfänglich zum Inhalt des Berichts stehen.

Soweit der Vortrag der Beklagten dahin zu verstehen ist, dass auch der „Sonderprüfung“ ein unvollständiger, bzw. falscher Datenraum zur Verfügung stand, ist dies nicht glaubhaft gemacht. Der Beklagte 2 hat durch Vorlage des E-Mails des Rechtsanwaltes T. vom 30.04.2013 (Anlage AG (2) 44) lediglich glaubhaft gemacht, dass den Ermittlungsbehörden ein virtueller Zugriff auf den Datenraum der Kanzlei P. + Partner gewährt wurde. Dass bestimmte Unterlagen den Ermittlungsbehörden vorenthalten wurden bzw. dass der Sonderuntersuchung bestimmte Unterlagen nicht vorlagen, wurde nicht glaubhaft gemacht. Jedenfalls aber sind die von den Beklagten genannten Unterlagen nicht geeignet zu widerlegen, dass die Rechnungen nur zum Schein erstellt wurden (vgl. unten unter f)).

e. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass es sich bei den unter a) dargestellten Rechnungen um Scheinrechnungen handelt:

Nach den polizeilichen Ermittlungen liegen den Rechnungen nicht der Verkauf von Entwicklungsleistungen zugrunde (vgl. Zwischenbericht, S. 93, 100). Nach den Ermittlungen hat der (angebliche) Verkauf von Entwicklungsprojekten und Werkzeugen der Hess AG an die E. GmbH bei der Hess AG keine weiteren Maßnahmen ausgelöst, die üblicherweise hätten ausgelöst werden müssen (S. 100): Ein Warenausgang wurde nicht verzeichnet. Technische Dokumentationen und Pläne verblieben bei der Hess AG. Die verkauften Produkte wurden nicht aus dem Sortiment genommen, sondern weiterhin verkauft. Es liegen keine Nutzungs- oder Lizenzvereinbarungen vor. Es sind Produkte betroffen, an denen Dritte ein Lizenzrecht besitzen. Diese wurden über dem Verkauf nicht unterrichtet bzw. gefragt.

Gleiches gilt für die Rechnungen der Hess AG an die … A. GmbH. Der Verkauf hat nach den Ermittlungen keine Aktivitäten oder Konsequenzen ausgelöst (Zwischenbericht, S. 105). Hinsichtlich der Rechnungen der Hess AG an die l. GmbH hat der Beschuldigten L., Geschäftsführer der l. GmbH, bei seiner Vernehmung angegeben, dass er von den Rechnungen an die l. GmbH keine Kenntnis gehabt habe, die Rechnungspositionen keinen Sinn machen würden, keine Aufträge erteilt worden seien und den Rechnungen keine Leistungen zugrunde liegen würden (S. 108). Hinsichtlich der V. Außenleuchten GmbH hat deren kaufmännischer Leiter M. bei seiner Vernehmung ausgesagt, dass die Geschäftsbeziehung zu E. lediglich auf dem E-Mailverkehr mit Z. beruhte. Die Rechnungen würden auf keinen realen Geschäften beruhen (S. 110).

Nach dem Sonderuntersuchungsbericht (Anlage ASt 18, S. 21 ff) liegen zwar teilweise eigene Entwicklungsleistungen der Hess AG aus der Vergangenheit vor. Die Entwicklungen seien aber nicht für Dritte erfolgt. Die bei der Entwicklung angefallenen Kosten seien in die Verkaufspreise für die am Markt angebotenen Produkte eingepreist gewesen. Die Hess AG habe die Ergebnisse der Entwicklungen (Musterleuchten, Baupläne, gewerbliche Schutzrechte) den Rechnungsempfängern auch nicht übergeben oder übertragen.

Nach der Stellungnahme der E. S. GmbH & Co. KG vom KG 18.10.2013 (Anlage K 32, S. 3) sind in den Rechnungen über den Verkauf der „Rechte“ keine detaillierten Nachweise zu den verkauften Entwicklungen beigefügt (keine Anlagen zur Rechnung, keine Einzelheiten, wie sich die Rechnungen im Einzelnen zusammensetzt, keine Spezifikationen zu Design, technische Zeichnungen, Produktpläne, Kalkulationen). Für die einzelnen Produktentwicklungen sei der gesamte elektronische Datenbestand (Festplatten, E-Mails) untersucht worden und es hätten keine Hinweise zu Rechnungsanlagen oder sonstigen Details gefunden werden können.

f. Der Vortrag der Beklagten und die hierzu vorgelegten Unterlagen sind nicht geeignet, die Glaubhaftmachung der Klägerin, dass den Rechnungen nicht die Veräußerung von Entwicklungsleistungen zugrunde liegt, zu erschüttern:

Entgegen der Auffassung des Beklagten 2 ergibt sich nicht allein daraus, dass in der Rechnung vom 23.12.2011 (Anlage AG (2) 50) von „O-und Vorserienkosten und Partnermustern“ gesprochen wird, dass der Rechnung tatsächlich Entwicklungsleistungen zugrunde lagen. Allein eine genauere Spezifizierung der Entwicklungsleistungen besagt nicht, dass Ergebnisse von Entwicklungsleistungen auch veräußert wurden.

Soweit die Beklagten auf das Schreiben der E. GmbH vom 08.04.2013 (Anlage AG (2),13) Bezug nehmen, geht aus diesem zwar hervor, dass die E. GmbH im Insolvenzeröffnungsverfahren der Hess GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S., vorträgt, dass die Höhe und die projektbezogenen Zuordnungen der Kosten zwischen den einzelnen Parteien abgesprochen und aufgrund der marktüblichen Preise für derartige Entwicklungen angemessen seien. Aus dem Schreiben geht aber weder hervor, ob es sich hierbei um die unter a) dargestellten Vorgänge handelt noch wird näher begründet, inwiefern die Preise marktüblich sein sollen. Es wird vielmehr lediglich auf Rechnungen verwiesen. Rechnungen allein belegen aber gerade nicht, dass die Entwicklungsleistungen tatsächlich veräußert wurden. Zudem folgt aus Absprachen zwischen der Hess AG und der E. AG, bei der es sich nach den polizeilichen Ermittlungen (Zwischenbericht S. 85) lediglich um eine scheinbar von der Hess AG unabhängige Firma gehandelt hat, gerade nicht, dass der in den Rechnungen genannte Kaufpreis marktüblich ist.

Die Anlage B 21 ist mit „Entwicklungskostenplanung 2012- 2014“ überschrieben, so dass bereits deshalb hierin kein Nachweis für bereits geleistete Entwicklungsarbeiten im Jahr 2011 gesehen werden kann. Ferner geht aus dem Dokument nicht hervor, welche spezifischen Entwicklungsleistungen 2011 erbracht wurden. Schließlich kann daraus, dass Entwicklungen getätigt wurden, noch nicht darauf geschlossen werden, dass diese den Rechnungen entsprechend veräußert wurden.

Den Anlagen zur Rechnung vom 22.12.2011 (Anlage AG(2) 68 = Anlage B 30 und B 33) kann ohne nähere Darlegung nicht entnommen werden, um welche Entwicklung es geht, welches Projekt betroffen ist, ob es sich um Produktions- oder nur um allgemeine Forschungskosten handelt, welche Rechte übertragen wurden und inwieweit mögliche Ausbuchungen die nach a) angeblich veräußerten Werkzeuge betreffen. Soweit die Anlage die Höhe der für die jeweiligen Produktfamilien angesetzten Entwicklungs- und Produktionskosten aufschlüsseln sollen, ist eine Zuordnung jedenfalls ohne Erläuterung nicht möglich. Entscheidend ist zudem, dass sich aus der Existenz von Entwicklungskosten nicht ergibt, dass diese gemäß den Rechnungen auch übertragen wurden.

Soweit die Beklagten auf die E-Mail des Beklagten 3 an den Wirtschaftsprüfer B. vom 08.08.2012 und 01.08.2012 (Anlage AG(2) 69 und AG Jahr 1969 Seite 77 = Anlage B 32) verweisen, ergibt sich aus dieser zwar, dass dem Wirtschaftsprüfer B. für Auftragsentwicklungsprojekte Kostenzusammenstellungen übersandt werden. Aus den E-Mails geht aber nicht hervor, welche Auftragsentwicklungsprojekte gemeint sind. Soweit weitere Unterlagen in der Anlage AG(2) 69 = Anlage B 32 vorgelegt werden, ist nicht dargetan, dass diese Entwicklungsleistungen betreffen, die den Rechnungen von November/Dezember 2011 zugrunde liegen und um die es hier geht. Hiergegen spricht, dass die Unterlagen Entwicklungsprojekte zum 30.6.2012 betreffen. Dass mit den vorgelegten Unterlagen Entwicklungen, die mit den streitgegenständlichen Rechnungen veräußert worden sein sollen, dokumentiert werden, ist nicht ersichtlich. Schließlich ergibt sich daraus, dass eigene Entwicklungskosten der Hess AG zusammengestellt und ermittelt wurden, nicht dass diese Entwicklungskosten den Rechnungen unter a) entsprechend veräußert wurden.

Soweit die Beklagten behaupten, dass Gussformen für die betreffenden Leuchten bzw. deren Produktfamilie als Entwicklungs- u. Produktionsergebnis durch „Besitzkonstitut“ von der Hess AG übereignet worden seien, haben sie dies nicht ausreichend dargelegt. Die Beklagten haben nicht dargetan, dass gem. § BGB § 930 BGB ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis i. S. v. § BGB § 868 BGB vereinbart wurde. Dagegen spricht auch die fehlende Dokumentation und buchhalterische Erfassung. Hinzu kommt, dass die Vorlage der Kopie eines beliebigen Modellbildes einer der E. GmbH gehörenden Coquillen nicht geeignet ist, den Vortrag der Beklagten zu belegen. Soweit zur Glaubhaftmachung der Zeuge Z. angeführt wird, ist dies zudem kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung, da dieser in der mündlichen Verhandlung weder präsent war noch rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung hätte geladen werden können (Vgl. Zöller/Greger, 30. Aufl., § 295, Rn. 3).

Die Kurzkommentierung der Steuerberatergesellschaft B. & Kollegen GmbH vom 05.12.2013 zum „Abschlussbericht“ über die Untersuchung der Jahresabschlüsse 2007 bis 2011 und der IFRS-Konzernabschlüsse zum 30.6. und zum 30.09.2012 vom 05.11.2013 (Anlage AG (2), 73) ist ebenfalls nicht geeignet, die Glaubhaftmachung der Klägerin, dass den Rechnungen nicht die Veräußerung von Entwicklungsleistungen zugrunde liegt, zu erschüttern. Soweit unter Punkte 5.1. zu den Vorgängen unter a) Stellung bezogen wird, wird zwar offenbar die Ansicht vertreten, dass keine Scheingeschäfte abgeschlossen wurden. Da aber keine Belege dafür benannt werden, dass Entwicklungsleistungen gemäß den Rechnungen übereignet wurden, kann mit der Kurzkommentierung die Glaubhaftmachung der Gegenseite nicht erschüttert werden.

Auch in der gutachterlichen Stellungnahme der Steuerberatergesellschaft B. & Kollegen GmbH zu ausgewählten Problemkreisen aus dem „Abschlussbericht“ über die Untersuchung der Jahresabschlüsse 2007 bis 2011 und der IFRS-Konzernabschlüsse zum 30.6. und zum 30.09.2012 vom 05.11.2013 (Anlage AG (2), 74) werden lediglich Behauptungen aufgestellt, ohne dass hierfür Belege angeführt werden. Gerade der Umstand, dass die E. GmbH in den Räumen der Hess AG angesiedelt gewesen ist, bzw. die Werkzeuge, Coquillen und Formen nicht bei der Hess AG gelagert waren, sondern in den Gießereien, hätte eine schriftliche Dokumentation darüber, was genau übertragen wird, erfordert. Es fehlt auch jeder Vortrag zu einem angeblich vereinbarten konkreten Besitzmittlungsverhältnis. Denn ohne diese kann bei einer Veräußerung eines immateriellen Vermögensgegenstandes an ein verbundenes Unternehmen weder Existenz und Wertbeständigkeit noch Übertrag des immateriellen Vermögensgegenstandes belegt werden. Ein Drittvergleich ist nicht möglich. Soweit in der gutachterlichen Stellungnahme darauf abgestellt wird, dass es nicht ordnerweise Auftrags- und Vertragsunterlagen gab, weil die handelnden Parteien ständig im Gespräch gewesen seien und sich laufen abgestimmt hätten, wird ein solches Vorgehen der bei einer Veräußerung eines immateriellen Vermögensgegenstandes an ein verbundenes Unternehmen geforderten Darlegung und Überprüfbarkeit der Werthaltigkeit vereinbarter Gegenleistungen (vgl. oben) gerade nicht gerecht.

Entgegen der Auffassung des Beklagten 3 ergibt sich daraus, dass Rechnungen Rechnungs- bzw. Zeichnungsnummern aufweisen, nicht, dass den Rechnungen die Veräußerung von Entwicklungsleistungen tatsächlich zugrunde lag.

Soweit der Beklagte 3 hierzu auf die Rechnungen in Anlage B 29 verweist, handelt es sich hierbei nicht um die unter 1a) aufgeführten Rechnungen. Bei den fünf vorgelegten Rechnungen, sämtlich datiert von 30.11.2011, handelt es sich um Rechnungen der E. GmbH an die H. GmbH. Um diese Rechnungen geht es aber vorliegend nicht.

Soweit die Beklagten sich für ihre Behauptung, es habe keine Finanzmanipulationen, keine rechtswidrigen Kreislaufgeschäfte oder Scheinrechnungen der Hess AG gegeben, auf das Zeugnis der Wirtschaftsprüfer der D. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft B. und M. sowie auf das Zeugnis der Rechtsanwaltes Dr. B. berufen, ist dies kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung, da diese in der mündlichen Verhandlung weder präsent waren noch rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung hätten geladen werden können. Hinzu kommt, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagte 2 in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass diese nicht als Zeugen benannt oder in die Verhandlung gestellt werden könnten, weil sie nicht von der Schweigepflicht entbunden würden.

Soweit die Beklagten sich auf das Zeugnis von R.S. und S.S. berufen, ist dies ebenfalls kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (s.o.). Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, dass das Entwicklungsprojekt „Castor“ Gegenstand der unter a) dargestellten Rechnungen war. Schließlich kann daraus, dass Berechnungen über die Bestimmung der Höhe von Entwicklungskosten vorgenommen werden, noch nicht geschlossen werden, dass die Entwicklungen auch veräußert wurden.

g. Die Rechtmäßigkeit des Vorgehens ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus entsprechenden Testaten der Wirtschaftsprüfer. Soweit die Beklagten insoweit auf den Bericht über die Prüfung des Berichts des Vorstandes über Beziehungen zu verbundenen Unternehmen für das Geschäftsjahr 2011 der D. vom 24.2.2012 (Anlage AG (2), 12) verweisen, ergibt sich hieraus nicht, dass die entsprechenden Transaktionen seitens der Wirtschaftsprüfer überprüft wurden. Denn die entsprechenden Rechtsgeschäfte sind im Bericht des Vorstandes über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen im Geschäftsjahr 2011 vom 13.01.2012 nicht aufgeführt. Gleiches gilt soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass die Wirtschaftsprüfer die Ordnungsgemäßheit der Bilanzen überprüft und bestätigt haben (Anlage AG (2) 45-AG Jahr 1945 Seite 47). Die Bestätigungsvermerke wurden erteilt, als die Bilanzmanipulationsvorwürfe, die erstmals im Januar 2013 erhoben wurden, noch nicht bekannt waren. Den Testaten kann nicht entnommen werden, ob aus den den Wirtschaftsprüfern zur Verfügung gestellten Unterlagen die tatsächlichen gesellschaftlichen Beziehungen hervorgehen und ob die Existenz und Werthaltigkeit der streitgegenständlichen Entwicklungsleistungen geprüft wurden. Auch dass im Vorfeld die Möglichkeiten der Aktivierung von Entwicklungskosten mit den Beratern ausführlich besprochen wurde, besagt nicht, dass die Beratern den Beklagten geraten haben, wie unter a) dargestellt vorzugehen.

Gleiches gilt dafür, dass sich bei der finanziellen Prüfung der Jahresabschlüsse 2010 und 2011 durch das Beratungsunternehmen B. – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft keine Beanstandungen ergeben haben (vgl. Financial Due Diligence Bericht der BDO vom 15.08.2012, Anlage B 36). In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass finanzielle oder andere Informationen, die dieser Bericht enthält, keiner gesonderten Überprüfung oder Verifizierung unterzogen worden seien, sondern die Untersuchung sich nur darauf bezogen hätten, ob die Unterlagen und Angaben plausibel seien. Soweit sich der Bericht mit der Aktivierung von Entwicklungskosten auseinandersetzt, enthält er nur Angaben zur Aktivierung der Entwicklungskosten für neue Produkte der Hess AG, wobei der Bericht die Planzahlen für 2012 als gefährdet betrachtet. Dagegen lässt sich dem Bericht nichts entnehmen, aus dem sich ergeben kann, dass geprüft worden ist, ob Entwicklungskosten durch Veräußerungen an konzernabhängige Unternehmen ordnungsgemäß aktiviert worden sind und Entwicklungsleistungen, wie dies die Rechnungen suggerieren, tatsächlich an den Rechnungsempfänger übertragen worden sind.

Ebenso wenig kann daraus, dass in dem Beratungsangebot der FAS vom 08.12.2011 (Anlage AG (2), 4, S. 7) auf die Möglichkeit der Aktivierung für selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte hingewiesen wird, auf die Rechtmäßigkeit des Vorgehens geschlossen werden.

Entgegen der Auffassung des Beklagten 2 kann der E-Mail vom 18.10.2011 (Anlage, ASt 32) nicht entnommen werden, dass Rechtsanwalt Dr. B. der Auffassung ist, dass die aufgeführten Transaktionen einem Drittvergleich standhalten. Dr. B. war lediglich Adressat der E-Mail vom 18.10.2011, aus denen die unter a) dargestellten Vorgänge auch nicht hervorgehen.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach dem polizeilichen Ermittlungen (vgl. zu dem Ergebnis Zwischenbericht, Anlage K 31, S. 82 ff), deren Schlussfolgerungen vom Senat diesbezüglich im Einzelnen überprüft wurden, die E. GmbH nach außen als eine von der Hess AG unabhängige Firma dargestellt wurde. Bei dem Verkauf von Entwicklungsleistungen an eine unabhängige Firma ist die Werthaltigkeit der verkauften Entwicklungsleistungen anders als bei einem Verkauf an ein verbundenes Unternehmen nicht gesondert zu überprüfen. Die polizeilichen Ermittlungen haben ergeben, dass die Rahmenprojekt- und Rahmenentwicklungsvereinbarung der Hess AG und der E. GmbH, angeblich am 30.11.2011 unterzeichnet, zur Vortäuschung und Anerkennung der Entwicklungskosten der Hess AG mit der E. GmbH gefertigt wurde, um sie dem beauftragten Wirtschaftsprüfer B. vorzulegen (Zwischenbericht, Anlage K 31, S. 79,85).

h. Aufgrund der Bilanzmanipulationen des Jahresabschlusses der Hess AG zum 31.12.2011 durch die Beklagten, die zu einer Erhöhung der Umsatzerlöse von mindestens 4.758.640 € geführt haben, ist die Klägerin einem entsprechenden Irrtum hinsichtlich der Umsatzzahlen unterlegen.

Der Annahme eines Irrtums steht nicht entgegen, dass der Vorstand durch den Aufsichtsrat, dessen Mitglied T. D. ist, der zugleich seit Dezember 2011 Chief Investment Officier der Klägerin ist, mit Beschluss zur Umsatz- und Ergebnisplanung 2012 ff, zur Investitionsplanung, zur Entwicklungsplanung sowie zur Finanzplanung (Anlage AG (2) 8, dort Anlage 2) angehalten wurde, die Aktivierung der Entwicklungskosten durch geeignete Dokumentationen und Abrechnungsmaßnahmen in maximal möglichem Umfang vorzunehmen. Gleiches gilt für den Hinweis im Börsenprospekt, S. 28 (Anlage AG (2), 10), der sich zudem nur auf zukünftige Entwicklungsleistungen bezieht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Aufforderung des Aufsichtsrats oder der Hinweis im Börsenprospekt auf nicht zulässige, illegale Bilanzierungsmaßnahmen bezieht.

Ebenso wenig kann daraus, dass T. D. in seiner E-Mail vom 19.04.2012 an die Landesbank (Anlage AG (2), 71) von einem hohen Innovationsgrad der Hess AG spricht, auf eine Kenntnis der Klägerin von Manipulationen geschlossen werden.

Dies gilt ebenso für eine Präsentation des Vorstandes der Hess AG im Juni 2012 gegenüber dem Aufsichtsrat (Anlage AG (2) 72. Weder die Übersicht der diversen Gesellschaften (Folie 5) noch der Hinweis auf eine „H. GmbH“ (Folie 9) lässt den Schluss auf Bilanzmanipulationen zu.

Schließlich steht auch der Red Flag Due Diligence Report vom 01.11.2011 (Anlage B 22 a) der Annahme eines Irrtums der Klägerin nicht entgegen. Denn aus diesem gehen die maßgeblichen Bilanzierungsmaßnahmen nicht hervor.

Nach der von der Klägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des T. D. vom 09.05.2013 (Anlage ASt 30) hatte dieser den Beschluss auch so verstanden, dass in maximal zulässigem Umfang Entwicklungskosten aktiviert werden sollten, wenn und soweit die Voraussetzungen hierfür vorlagen. Er habe nie die Zustimmung erteilt oder gar dazu angehalten, Entwicklungskosten unter Verstoß gegen Bilanzierungsgrundsätze in illegaler Art und Weise zu bilanzieren.

Durch den Irrtum über die Umsatzzahlen ist die Klägerin zu einer Vermögensverfügung veranlasst worden, indem sie die Kaufpreise für das zweite und dritte Aktienpaket gezahlt hat. Der Vermögensschaden i. S.v. § STGB § 263 StGB liegt darin, dass aufgrund der Täuschung über die den Preis der Aktien bestimmenden werthaltigen Faktoren, nämlich die Höhe des Umsatzes und den darauf gründenden Erwartungen hinsichtlich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, ein zu hoher Preis für die Beteiligung an der Hess AG gezahlt wurde. Dem Vermögensabfluss der Klägerin stand damit kein äquivalenter Vermögenszufluss gegenüber.

Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass die Täuschung der Beklagten 2 und 3 über die von der Hess AG erzielten Umsätze im Jahr 2011 kausal war für den Aktienkauf der Klägerin am 26.10.2012 und am 06.11.2011 in Höhe von 3.685.327,53 € und für den Abschluss des sog. Follow-On Agreements am 30.01.2012, das zu einem Kauf von Aktien der Hess AG in Höhe von 1.500.750 € am 15.02.2012 geführt hat.

Der unrichtige Abschluss der Hess AG zum 31.12.2011 fand u. a. Eingang in den Prospekt der Hess AG zum Börsengang am 05.10.2012 (Auszug aus dem Börsenzulassungsprospekt, S. 62 ff, S. 72 ff, Anlage Ast 23). Der Börsenprospekt war maßgebliches Entscheidungskriterium für die Aktienkäufe. Aufgrund des Irrtums über die Umsatzzahlen erwarb die Klägerin am 26.10.2012 und am 06.11.2012 Aktien im Werte von insgesamt 3.685.327,53 €.

Die Entscheidung der Klägerin zum Kauf von Aktien der Hess AG in Höhe von 1.500.750 € am 15.02.2012 beruht ebenfalls darauf, dass die Beklagten die Umsatzzahlen der Hess AG im Jahr 2011 falsch dargestellt haben. Vor ihrer Kaufentscheidung wurden der Klägerin mit E-Mail vom 12.1.2012 (Anlage ASt. 21) die Umsätze für Oktober 2011 und November 2011 übersandt sowie die Prognosen für die Folgemonate. Mit weiterer E-Mail vom 26.1.12 (Anlage ASt 22) wurde der Umsatz für Dezember 2011 übersandt. Hätten die Beklagten gewusst, dass die Umsatzzahlen Ende 2011 sowie die darauf beruhenden Prognosen auf Bilanzmanipulationen der Beklagten 2 und 3 zurückzuführen sind, hätten sie die Aktien am 15.02.2012 nicht erworben.

Hingegen waren die vorgenommen Bilanzmanipulationen nicht kausal für den Erwerb von Aktien durch die Klägerin am 03.11.2011 über 12.500.750 €. Die Kaufentscheidung der Klägerin lag zeitlich vor den ersten Bilanzmanipulationen der Beklagten, die Ende November 2011 stattfanden (vgl. unten unter 3).

jDie Beklagten haben vorsätzlich gehandelt. Ihnen war bewusst, dass sie, indem sie Rechnungen lediglich zum Schein erstellten bzw. erstellen ließen, was zu einer erheblichen Erhöhung der Umsatzzahlen der Hess AG führte, einen Irrtum bei der Klägerin erregten. Durch Unterzeichnung des Börsenprospekts bestätigten die Beklagten zudem konkludent die Richtigkeit dieser Zahlen, obwohl, wie die Beklagten wussten, die Umsatzsituation falsch dargestellt worden war. Ferner war den Beklagen bewusst, dass sie durch die Irrtumserregung die Vermögensverfügung der Klägerin, d. h. den Kauf der Aktien der zweiten und dritten Tranche herbeiführten und dass sie hierdurch die Klägerin unmittelbar in ihrem Vermögen schädigten. Schließlich haben die Beklagten 2 und 3 in der Absicht gehandelt, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Beklagten haben beabsichtigt, das Vermögen der Hess AG durch den von der Klägerin gezahlten Kaufpreis zu vermehren.

Die Kläger haben glaubhaft gemacht, dass die Beklagten nicht aufgrund von Ratschlägen einem Rechtsirrtum unterlegen waren. Unabhängig von der Frage, ob die Aktivierung von Entwicklungskosten zulässig ist, konnten und mussten die Beklagten jedenfalls davon ausgehen, dass es nicht zulässig ist, Rechnungen nur zum Schein zu erstellen und den Umsatz hierdurch zu erhöhen. Die Beklagten können sich insbesondere nicht auf das Testat der Wirtschaftsprüfer der D. vom 24.02.2012 noch auf die E-Mail vom 18.10.2011 berufen. Aus den von den Beklagten vorgelegten Unterlagen geht nicht hervor, dass den Wirtschaftsprüfern bzw. Rechtsanwalt Dr. B. die Vorgänge im Einzelnen bekannt waren (s.o.). Hinzu kommt, dass den Beklagten, selbst wenn entsprechende Ratschläge erteilt worden sein sollten, als langjährige Vorstandsvorsitzende bzw. Finanzvorstände der Hess AG hätte klar sein müssen, dass es nicht zulässig ist, Rechnungen nur zum Schein zu erstellen.

k. Hätte die Klägerin die Manipulation der Bilanzen gekannt, hätte diese nicht den Kaufpreis für das zweite und dritte Aktienpaket gezahlt, so dass ein Schaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises entstanden ist. Der gem. § BGB § 823 BGB zu ersetzende Schaden beläuft sich folglich auf den für das zweite und dritte Aktienpaket gezahlten Kaufpreis.

Der Klägerin ist es somit gelungen glaubhaft zu machen, dass ihr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.186.077,53 € gegen die Beklagten 2 und 3 zusteht.

3. Der Klägerin ist es hingegen nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihr hinsichtlich des am 03.11.2011 mit der H. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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geschlossenen Investment Agreement (Anlage Ast 4) ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten 2 und 3 zusteht.

a. Vertragliche Ansprüche gegen die Beklagten 2 und 3 bestehen nicht, da Vertragspartner allein die Beklagte 1 ist. Dass bestimmte Unterlagen von der Hess AG entgegen der geschlossenen Vereinbarungen der Klägerin nicht vorgelegt wurden, begründet somit keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagten 2 und 3.

b. Ein Anspruch aus c.i.c. scheitert bereits daran, dass die Beklagten 2 und 3 nicht Vertragspartner der Klägerin wurden bzw. werden sollten.

C. Die Beklagten haften auch nicht § BGB § 311 Abs. BGB § 311 Absatz 3 BGB.

Die Beteiligung des Geschäftsführers und Gesellschafters einer GmbH an der von ihm vertretenen Gesellschaft reicht allein nicht aus, um seine Haftung aus Verhandlungsverschulden wegen unmittelbaren wirtschaftlichen Eigeninteresses zu begründen (BGH, NJW – RR 1991, 1312 m. w. N.). Ein darüber hinausgehendes haftungsbegründendes Eigeninteresse der Beklagten 2 und 3 ist nicht dargetan.

Entgegen der Auffassung der Klägerin haben die Beklagten auch kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Das allgemeine Interesse des Geschäftsführers oder Gesellschafters am Erfolg seines Unternehmens begründet keine Eigenhaftung (BGH, a. a. O.; BGH, NJW 1995, NJW Jahr 1995 Seite 1544; NJW 1990, NJW Jahr 1990 Seite 389; Palandt/Grüneberg, 72. Aufl., § 311, Rn. 65). Tritt der Geschäftsführer oder Gesellschafter für die Gesellschaft auf, nimmt er in der Regel nur normales Verhandlungsvertrauen in Anspruch. Selbst wenn er den Verhandlungspartner durch positiv täuschendes Verhalten schädigt, haftet er daher in der Regel nicht aus § BGB § 311 Abs. BGB § 311 Absatz 3 BGB. Eine Eigenhaftung kommt allerdings dann in Betracht, wenn seine Erklärung als ein selbstständiges Garantieversprechen aufgefasst werden kann (BGH, NJW-RR 2001, NJW-RR Jahr 2001 Seite 1611).

Die Beklagten 2 und 3 haben daher nicht bereits deshalb ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen, weil sie die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin persönlich geführt haben, bei allen Treffen persönlich anwesend waren, die Unternehmenskennzahlen dargestellt haben und Ansprechpartner für die von der Klägerin beauftragten Spezialisten zur Durchführung der Due Diligence waren. Denn hierdurch wurde lediglich das normale Verhandlungsvertrauen und kein darüber hinausgehendes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Dass der Beklagte 2 Enkelsohn des Unternehmensgründers ist, begründet ebenso wenig seine persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten den Eindruck vermittelt haben, dass sie persönlich mit ihrer Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte selbst dann gewährleisten, wenn die Klägerin der Beklagten 1 nicht oder nur weniger vertraut, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass die Beklagten 2 und 3 die Klägerin über die Umsatzzahlen der Hess AG getäuscht haben mögen, begründet ebenso wenig eine Haftung nach § BGB § 311 Abs. BGB § 311 Absatz 3 BGB.

d. Die Klägerin hat nicht glaubhaft zu machen vermocht, dass sie aufgrund einer Täuschungshandlung der Beklagten 2 und 3 zum Kauf der ersten Tranche am 03.11.2011 veranlasst wurde und ihr deshalb eine Schadensersatzanspruch gem. § BGB § 823 Abs. BGB § 823Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Absatz 2 BGB in Verbindung mit § STGB § 263 StGB bzw. aus § BGB § 826 BGB zusteht.

aa. Handlungen, mit denen im Jahr 2012 die Bilanzen manipuliert worden sein sollen, (z. B. Rechnungen an die T. GmbH im Juni 2012) können nicht ursächlich für die Kaufentscheidung der Klägerin am 03.11.2011 gewesen sein.

bb. Die Klägerin ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die Beklagten 2 und 3 ihren Entschluss, die Bilanzen der Hess AG im Jahr 2011 durch die unter Ziff. 2) festgestellten Manipulation zu fälschen, bereits vor dem Abschluss des Investment Agreements am 03.11.2011 gefasst haben und die Klägerin hierüber nicht aufgeklärt haben.

Die ersten Scheinrechnungen haben die Beklagten am 30.11.2011 erstellt. Denkbar ist daher, dass die Beklagten sich erst zu diesem Zeitpunkt entschlossen haben, die Bilanz zu manipulieren und die Manipulationen der Bilanzen nicht nach einem zuvor ausgedachten, konkreten Gesamtplan ausführten, sondern ihr betrügerisches System erst nach und nach entwickelten. Dass bereits vor dem 03.11.2011 ein entsprechender Gesamtplan gefasst wurde, ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus der E-Mail vom 18.10.2011 (Anlage ASt. 32), aus der lediglich hervorgeht, dass überlegt wurde, Entwicklungskosten über eine Projektgesellschaft abzurechnen. Die Veräußerung tatsächlich entstandener Entwicklungskosten an eine externe Gesellschaft ist per se nicht unzulässig. Gegen die Annahme, dass bereits unzulässige Maßnahmen konkret ins Auge gefasst waren, spricht, dass Adressaten der E-Mail u. a. Rechtsanwalt Dr. B. und L. waren. Der in der in der E-Mail vom 18.10.2011 zum Ausdruck kommende Plan wurde so auch nicht umgesetzt (vgl. auch Zwischenbericht, S. 89). Weder die H. noch die L. noch die E. wurde bei den streitigen Vorgängen als Projektgesellschaft deklariert, sondern die Rechnungen liefen über die E. GmbH, die nach außen den Anschein einer von der Hess AG unabhängigen Firma erweckte. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann nicht allein daraus, dass die K. GmbH die E. GmbH im August/September 2011 erworben hat, geschlossen werden, dass der Entschluss, die Bilanzen des Jahres 2011 in der unter 2 a) dargestellten Weise zu manipulieren, bereits vor der ersten Investitionsentscheidung der Klägerin getroffen wurden ist. Denn aus dem Erwerb der E. GmbH durch die K. GmbH ergibt sich nicht, dass die Beklagten 2 und 3 beabsichtigten, der E. GmbH Scheinrechnungen zu erstellen. Vielmehr ergibt sich aus der E-Mail vom 18.10.2011, dass zu diesem Zeitpunkt noch geplant war, die H., die L. oder die E. als Projektgesellschaften zu nutzen.

Ebenso wenig kann von der E-Mail vom 23.12.2011 (Anlage Ast 18, S. 49) auf einen bestimmten Zeitpunkt für einen Tatentschluss geschlossen werden.

Schließlich geht auch nicht aus dem Beschluss des AufsichtsratsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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vom 21.10.2011 (Anlage K 28) in Verbindung mit dem Schreiben des H. an das Landgericht Stuttgart vom LGSTUTTGART 11.11.2013 (Anlage K 29) hervor, dass sowohl Vorstand als auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates von Bilanzfälschungen wussten. Aus den Unterlagen geht nicht hervor, dass man ein Fehlverhalten oder eine Falschbilanzierung kannte, sondern dass man nochmals die Entscheidungen aus der Vergangenheit absegnen wollten, um so die Vorstände abzusichern.

cc. Die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagten 2 und 3 einen Betrug zum Nachteil der Klägerin begangen haben, bzw. die Klägerin sittenwidrig geschädigt haben, indem sie in den Jahren 2010 und davor die Bilanzen der Hess AG manipuliert haben und diese Umsatzzahlen, bzw. ausgehend von diesen Umsatzzahlen falsche Prognosen zur zukünftigen Umsatzentwicklung der Hess AG präsentiert haben.

Soweit die Klägerin zur Glaubhaftmachung allgemein auf den Untersuchungsbericht der Wirtschaftsprüfergesellschaft E./S. über die Untersuchungen der Jahresabschlüsse 2007 bis 2011 sowie der Konzernabschlüsse zum 30.06. und 30.09.2012 vom 05.11.2013 (Anlage K 25) verweist, ist dies nicht ausreichend. Allein dass der Untersuchungsbericht zu dem Ergebnis kommt, das die Jahresabschlüsse der Hess AG für das Jahr 2007 um 1.068.072,10 €, für das Jahr 2008 um 1.141.232,85 €, für das Jahr 2009 um 1.224.706,60 € und für das Jahr 2010 um 3.418.362,74 € zu korrigieren seien, lässt noch nicht den Schluss zu, dass die Beklagten 2 und 3 vorsätzlich falsche Umsatzzahlen generiert und dann präsentiert haben.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass aufgrund der Beteiligungen der Hess AG an der L. GmbH Abschreibungen in Höhe von 150.000.00 € und aufgrund einer Darlehensforderung der Hess AG gegen die L. GmbH eine Wertberichtigung in Höhe von 200.000,00 € im Jahresabschluss 2009 hätte erfolgen müssen, hat die Klägerin weder glaubhaft gemacht, dass die Beteiligungen dauerhaft im Wert gemindert waren bzw. erhebliche Zweifel an der Tilgungs- und Kapitaldienstfähigkeit der L. GmbH bestanden, noch dass die Beklagten hiervon Kenntnis gehabt haben. Dass zur Beurteilung der Werthaltigkeit der Beteiligung die Hess AG Planungsunterlagen benötigt hätte, die E./S. nicht hätten vorgelegt werden können (siehe Untersuchungsbericht, S. 34), reicht für ein Glaubhaftmachung dafür, dass die Beteiligungen voraussichtlich dauerhaft im Wert gemindert waren, nicht aus. Zudem hat die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Beklagten 2 und 3 Kenntnis von der angeblich dauerhaft geminderten Werthaltigkeit hatten.

Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin, dass die Beklagten spätestens ab dem 31.12.2010 für eine Abschreibung der Darlehensforderungen der Hess AG gegen die … GmbH hätten sorgen müssen. Die Klägerin hat weder näher dargetan noch glaubhaft gemacht, dass die Darlehensforderungen der Hess AG gegen die … GmbH dauerhaft im Wert gemindert waren, bzw. dass die Beklagten 2 und 3 Kenntnis von der angeblich dauerhaft geminderten Werthaltigkeit hatten. Dass nach Einschätzung der neuen Geschäftsführung der Hess AG der Maschinenpark der … GmbH stark instandhaltungsbedürftig ist, bzw. dass die Darlehen im April 2012 von der Hess AG an die E. GmbH abgetreten wurden, reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus.

Schließlich hat die Klägerin nicht glaubhaft zu machen vermocht, dass die Beklagten 2 und 3 im Jahr 2010 eine Scheinrechnung an die E. GmbH in Höhe von 1.020.000,00 € gestellt haben. Aus dem Untersuchungsbericht (S. 75) ergibt sich, dass die Rechnung der Hess AG an die E. GmbH vom 30.06.2010 über 1.017.000,00 € storniert wurde und statt dessen am 28.12.2010 drei Vorauszahlungsrechnungen an die E. GmbH ausgestellt wurden. Die Rechnungen wurden im Mai und August 2011 bezahlt.

Soweit der Vortrag der Klägerin dahingehend zu verstehen ist, dass die Umsätze erst im Jahr 2011 hätten erfasst werden dürfen, da nur ein tatsächlich geleisteter Anzahlungsbetrag in der Bilanz hätte angesetzt werden dürfen, hat die Klägerin nicht dargelegt, dass dies für ihre Kaufentscheidung maßgeblich gewesen wäre. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Hess AG im Jahr 2010 keine Leistungen für die E. GmbH erbracht hat, ist dies nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Soweit sich aus dem Untersuchungsbericht (S. 76) ergibt, dass die Hess AG weder eine Bestellung noch nähere Angaben zu den Leistungen im Rahmen der Projektausführung habe nachweisen können und dass eine E-Mail Kommunikation zwischen den beiden Beklagten vorgelegen habe, aus welcher der Scheincharakter der Rechnungen hervorgehe, reicht dies nicht aus. Dass die Bewertung von E./S., dass aus einer E-Mail Kommunikation der Beklagten der Scheincharakter der Rechnung hervorgehe, zutreffend ist, ist nicht dargelegt und kann, ohne dass hierzu Fakten angeführt werden, nicht übernommen werden. Zudem folgt allein daraus, dass die Hess AG weder eine Bestellung vorgelegt noch nähere Angaben zu den Leistungen gemacht hat, noch nicht zwingend, dass die Hess AG keine Leistungen erbracht hatte, zumal Zahlungen durch die E. auf die Rechnungen geleistet wurden.

dd. Soweit die Klägerin in ihrer Berufung darauf abstellt, der Beklagte 3 habe im Jahr 2009 veranlasst, dass die Hess AG drei an sie gerichtete Rechnungen für Maschinen bezahlt habe, ohne eine Gegenleistung erhalten zu haben (vgl. Klageverfahren LG Konstanz LGKONSTANZ Aktenzeichen 2 O 150/13), kann hierin keine Täuschung der Klägerin gesehen werden, weil das Vorgehen nicht zu einer scheinbaren Erhöhung der Umsatzzahlen der Hess AG geführt hat, auf die es der Klägerin bei Kaufvertragsabschluss ankam, sondern niedrigere Umsätze zur Folge hatte.

ee. Die Klägerin hat nicht glaubhaft machen können, dass ihr wichtige Unterlagen vor Abschluss des Investment Agreements am 03.11.2011 vorenthalten wurden und sie hierdurch von den Beklagten 2 und 3 getäuscht wurde.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass ihr die Zusatzvereinbarungen zu den jeweiligen Produktliefervereinbarungen zwischen der Hess AG und der E. GmbH vom 08.06.2011 und vom 09.09.2011 nicht vorgelegt worden seien, aus denen sich ergebe, dass die Hess AG als Auftragnehmerin wiederum die E. GmbH als Subunternehmerin beauftrage und dass die Abrechnungen der jeweiligen „Leistungen“ von der E. GmbH an die Hess AG und zurück zeitversetzt erfolgen sollten, ergibt sich aus dem Red Flag Due Diligence Report vom 01.11.2011 (Anlage AG (2), 22), dass der Klägerin nicht nur zwei Liefervereinbarungen (supply agreements), sondern auch zwei „framework agreements“ vorlagen. Dass sich weitere Erkenntnisse aus Zusatzvereinbarungen ergeben, die nicht bereits im framework enthalten sind, wie beispielsweise die Funktion der Hess AG als „Projektfinanzier“ hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, zumal im Red Flag Due Diligence Report von einem „back to back payment“ die Rede ist. Aus der von der Klägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Y. vom 10.04.2013 (Anlage Ast 8) ergibt sich lediglich, dass Zusatzvereinbarungen nicht vorgelegt wurden. Außerdem ergibt sich aus dem Red Flag Due Diligence Report vom 01.11.2011, S. 24, dass der Klägerin bekannt war, dass nicht alle Vereinbarungen seitens der Hess AG vorgelegt wurden, so dass auch deshalb keine Täuschung vorliegt.

Soweit die Klägerin in erster Instanz noch darauf abstellt, dass ihr nach Ziff. 6.7 e des Annex zum Investment Agreement (Anlage ASt 4) der beabsichtigte Grundstückskaufvertrag über ein Betriebsgelände in … zwischen der H. GmbH und der K. GmbH hätte vorgelegt werden müssen, trifft dies nicht zu, weil der entsprechende Vertrag erst am 22.12.2011 geschlossen wurde. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, es habe eine Offenbarungspflicht bestanden, dass ein entsprechender Kaufvertragsabschluss beabsichtigt sei, kann diese Frage dahingestellt bleiben. Denn soweit Unterlagen entgegen der abgegebenen Garantie in 6.7 von Annex 6 zum Investment Agreement nicht vorgelegt wurden, kommt allenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen die Hess AG als Vertragspartner, nicht aber gegen die Beklagten 2 und 3 in Betracht.

ff. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die E. GmbH der Hess AG bezüglich des Projektes „A.“ sieben Rechnungen, beginnend bereits Ende Juni 2011 über „Projektentwicklungsleistungen“ gem. Zusatzvereinbarung vom 08.06.2011 mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 2.206.829,74 € und für das Projekt „M.“, beginnend im September 2011, mit einem Gesamtvolumen von 2.585.824,06 € in Rechnung gestellt habe und die Hess AG wiederum der E. GmbH mit etwas Zeitverzug (Beginn im Juli, bzw. Oktober 2011) jeweils die gleichen Beträge in Rechnung gestellt habe und hierdurch die Umsatzzahlen in unzulässiger Weise erhöht worden seien, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass dieses Verhalten den Tatbestand des § STGB § 263 StGB bzw. § BGB § 826 BGB erfüllt.

Zwar wurden ausweislich des Berichts über die Sonderuntersuchung bei der Hess AG vom 26.02.2012 (Anlage Ast 18, S. 61, 63) betreffend das Projekt A. 2011 Rechnungen der Hess AG an die E. GmbH am 29.07.2011 und am 29.09.2011 sowie betreffend das Projekt M. 2011 am 12.09.2011 gestellt und damit zeitlich vor der ersten Kaufentscheidung der Klägerin am 03.11.2011. Gleichwohl hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie hierdurch im Hinblick auf ihre erste Kaufentscheidung getäuscht wurde. Denn dass ihr vor ihrer Kaufentscheidung Umsatzzahlen für das Jahr 2011 präsentiert wurden, hat die Klägerin weder dargelegt noch behauptet. Zudem ergibt sich weder aus dem Bericht über die Sonderuntersuchung bei der Hess AG noch aus dem Untersuchungsbericht vom 05.11.2013, wer für die Rechnungsstellung verantwortlich ist. Eine Täuschungshandlung kann daher weder dem Beklagten 2 noch dem Beklagten 3 zugeordnet werden.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass sie dadurch getäuscht worden sei, dass ihr in den Power-Point-Präsentationen vom 30.08.2011 (Anlage Ast 19) und vom 29.09.2011 (Anlage Ast 20) Prognosen von Umsatzzahlen präsentiert wurden, von denen die Beklagten gewusst hätten, dass diese nur durch Bilanzmanipulationen hätten erreicht werden können, hat die Klägerin dies nicht glaubhaft machen können. Denn hierfür hätte die Klägerin glaubhaft machen müssen, dass es zum Zeitpunkt ihrer Kaufentscheidung nicht möglich gewesen ist, die angegebenen Umsatzprognosen zu erfüllen. Dass es nach guten Quartalszahlen 2011 im dritten Quartal zu einem erheblichen Umsatzeinbruch gekommen ist, so dass es zum Zeitpunkt der Präsentation ausgeschlossen war, die prognostizierten Umsatzzahlen von 65,9 Mio. € für 2011, von 78,5 Mio. € für 2012 und von 89,8 Mio. € für 2013 zu erreichen und dies den Beklagten hätte bekannt sein müssen, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht.

4. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Klägerin das Vorliegen eines Arrestgrundes glaubhaft gemacht.

a. Nach § ZPO § 917 Abs. ZPO § 917 Absatz 1 ZPO findet der dingliche Arrest statt, wenn ohne seine Verhängung zu besorgen ist, dass die Vollstreckung eines Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Zwar genügt eine Straftat oder unerlaubte Handlung des Schuldners allein nicht als Arrestgrund aus (BGH, WM 1975, WM Jahr 1975 Seite 641; OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Nürnberg
, Beschluss vom 16.04.2013 – OLGNUERNBERG Aktenzeichen 2WS53312 2 Ws 533/12
, 2 Ws 10/13 und 2 Ws 11/13 – BeckRS 2013,BECKRS Jahr 08418; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, NJW-RR 2007, NJW-RR Jahr 2007 Seite 388; OLG Bamberg, WM 2013, WM Jahr 2013 Seite 649; OLG SaarbrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Saarbrücken
, Beschluss vom 22.7.2013 – OLGSAARBRUECKEN Aktenzeichen 4W2613 4 W 26/13
BeckRS 2013,BECKRS Jahr 13128; Mayer in Beck’scher Online Kommentar, ZPO, Stand 15.07.2013, § 917, Rn. 7; Drescher in MüKo, ZPO, 4. Aufl., § 917; Rn. 10). Nur aus dem konkreten Sachverhalt kann sich die Gefährdung einer Vollstreckung des Hauptsacheurteils und damit der Arrestgrund ergeben. Entscheidend ist, ob nach den Umständen des Einzelfalles das Verhalten des Schuldners die ernsthafte Befürchtung einer Wiederholung vertragswidriger und betrügerischer Maßnahmen rechtfertigt, d. h. die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Vollstreckung durch den Schuldner deshalb zu befürchten ist, weil er seine unredliche Verhaltensweise gegenüber dem Schuldner fortsetzen wird und den rechtswidrig erlangten Vermögensvorteil bzw. sein Vermögen dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen versucht. Ausgehend hiervon kann die konkrete Art und Ausführung des dem Beschuldigten vorgeworfene Straftat, wie etwa eine „betrügerische Machenschaft“ oder „Schädigung auf listiger Art“ ein wichtiges Indiz sein (vgl. BGH, WM 1983, WM Jahr 1983 Seite 614, wonach eine Arrestgrund „regelmäßig“ besteht, wenn das vorsätzliche vertragswidrige Verhalten des Schuldners mit einer gegen den Gläubiger gerichteten Straftat zusammenfällt; OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O.; OLG Bamberg, a. a. O.; OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, NStZ 2011,NSTZ Jahr 2011 Seite 174; Drescher, a. a. O.). Dementsprechend kann beispielsweise ein Arrestgrund in einem Fall des Kapitalanlagebetruges dann bejaht werden, wenn die Durchsuchung keine Unterlagen über die Verwendung der angelegten Gelder zutage fördert und die Geschäftsführer sich weigern, Auskunft zu geben (OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O.; KGR Berlin 2001, 353).

b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin das Vorliegen eines Arrestgrundes glaubhaft gemacht.

Bereits die konkrete Art und Ausführung der Straftat stellt vorliegend ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass ein Arrestgrund besteht. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht hat, dass die Beklagten die Vermögens-, Finanz- u. Ertragslage im Jahresabschluss zum 31.12.2011 absichtlich unzutreffend dargestellt haben und die Umsatzerlöse um rund 4,7 Mio. € zu hoch ausgewiesen sind. Sie hat somit glaubhaft gemacht, dass die Beklagten die Bilanzen manipuliert haben. Hierdurch haben sie nicht nur die Klägerin zu erheblichen Investitionen verleitet, sondern weitere Anleger im Rahmen des Börsengangs am 25.10.2011 geschädigt. Weitere Täuschungs- und Verschleierungshandlungen erscheinen daher nicht ausgeschlossen.

Hinzu kommt, dass die Klägerin weitere Umstände glaubhaft gemacht hat, die jedenfalls in der Zusammenschau geeignet sind, davon auszugehen, dass die Beklagten versuchen, ihr Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen:

Beklagter 2:

aa. Die Klägerin hat durch Vorlage des Durchsuchungsberichts des Regierungspräsidiums Freiburg (Anlage Ast 13) glaubhaft gemacht hat, dass bei der Durchsuchung beim Beklagten 2 am 30.01.2013 weder Wertsachen noch private oder berufliche Unterlagen vorgefunden wurden, so dass die Beamten schlussfolgerten, dass die Wohnung komplett „gesäubert“ worden sei. Dies zeigt, dass die Aufdeckung der Tat keine Zäsur in dem Sinne darstellt, dass der Beklagte 2 Abstand von der Tat nimmt und den Schaden wieder gut machen will, indem er beispielsweise ein Teilgeständnis ablegt oder nicht unerhebliche Vermögenswerte offenbart (vgl. OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O.) oder Vermögen schafft (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a. a. O.), sondern Handlungen vorgenommen hat, um die Aufdeckung der Tat zu verhindern. Dass weder Wertgegenstände (z. B. Schmuck oder Uhren) noch Bargeld aufzufinden waren, lässt zudem darauf schließen, dass der Beklagte 2 bereits Vermögen beiseite geschafft hat.

bb. Entscheidend für die Annahme eines Arrestgrundes ist, dass der Beklagte 2 unmittelbar nach seiner Absetzung als Vorstandsvorsitzender und dem Bekanntwerden der Bilanzmanipulation am 06.02.2013 drei Eigentümergrundschulden zu je 330.000,00 € und d a – mit Eigentümergrundschulden in einer Gesamthöhe von 990.000,00 € auf seine eigene Immobilien hat eintragen lassen. Auffallend starke Grundstücksbelastungen sind anerkannte Gefahrenquellen für eine Vermögensverschiebung (Dreher, a. a. O., Rn. 6) und vermögen den Verdacht unlauteren Handelns des Schuldners zu begründen (OLG, Düsseldorf, OLGR 1998,OLGR Jahr 1998 Seite 313; KG Berlin, FamRZ 2013, FAMRZ Jahr 2013 Seite 251). Eine Eigentümergrundschuld kann gemäß §§ BGB § 1192, BGB § 1196, BGB § 1154 BGB unter erleichterten Voraussetzungen an einen Dritten abgetreten werden und kann dann nicht mehr dem Vermögen des Antragsgegners zur Verfügung stehen. Zwar hat der Beklagte 2 glaubhaft gemacht, dass eine der drei Eigentümergrundschulden zwischenzeitlich gelöscht wurde, hinsichtlich der anderen beiden Eigentümergrundschulden in Höhe von insgesamt 660.000,00 € bleibt aber die Gefahrenquelle bestehen.

Der Annahme eines Arrestgrundes wegen der Bestellung der Eigentümergrundschulden steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte 2 vorträgt, diese dienten dem Zweck der künftig möglicherweise notwendigen Absicherung der laufenden Kosten des Lebensunterhaltes des Beklagten 2 und seiner Familie. Denn mit den Grundschulden kann der Lebensunterhalt nicht bestritten werden und dieser ist angesichts dessen, dass der Beklagte 2 am 15.03.2012 1,27 Mio. €, die einen Teil seiner Gewinnausschüttung der Hess AG für das Jahr 2011 darstellen, auf ein Schweizer Konto überwiesen hat, bereits gesichert.

CC. Die Klägerin hat zudem glaubhaft gemacht, dass der Beklagte 2 nach seiner Entlassung als Vorstand zumindest bis zum 03.02.2013 täglich 2.000,00 € in bar vom Firmenkonto der Hess AG abgehoben hat. Dies geht aus dem Vermerk der KK S. vom 13.2.13 über ein Telefonat mit Herrn L.. hervor (Anlage K 16). Demnach hat Herr L. mitgeteilt, dass der Beklagte 2 täglich von der Kreditkarte 2.000,00 € vom Firmenkonto abhebe, eine Sperrung sei nicht möglich, da die Kreditkarte persönlich auf den Beklagten 2 ausgestellt sei. Zudem ergibt sich aus der E-Mail des Herrn L. vom 06.02.2013 an EKHK E. (Anlage K 15), dass die Ehefrau des Beklagten 2 am 5.2. und 6.2.2012 jeweils 1.040,00 € vom Firmenkonto in bar abgehoben hat. Diese Vorgänge begründen zwar keine unmittelbare Gefahr der Vollstreckungsvereitelung, zeigen aber, dass der Beklagte 2 auch nach Entdeckung der Bilanzmanipulation weitere Schädigungshandlungen vorgenommen hat, so dass letztlich nahe liegt, dass er auch die Vollstreckung vereitelt, zudem es ihm durch diese Art der Geldbeschaffung möglich ist, nicht auf eventuell vorhandenes Vermögen zurückzugreifen und dieses dadurch zu offenbaren.

Beklagter 3

Der Beklagte 3 hat nach Aufdeckung der Straftaten seine Unternehmensbeteiligung an der … GmbH am 21.01.2013 auf seine Ehefrau übertragen. Hierdurch hat er seine Unternehmensbeteiligung dem Zugriff der Klägerin und anderer Gläubiger entzogen. Da nach dem notariellen Kaufvertrag vom 21.01.2013 (Anlage B 5) der Kaufpreis bereits entrichtet ist, besteht auch kein Vermögenswert in Form der Kaufpreisforderung, auf den die Klägerin hätte zugreifen können. Diese Vorgehensweise stellt ein hinreichendes Indiz für eine Vollstreckungsvereitelung dar. Soweit der Beklagte 3 behauptet, dass die Unternehmensbeteiligung einen Wert von 25.000,00 € hat und Hintergrund sei, dass er auf diese Weise einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit als Geschäftsführer nachgehen könne, hat der Beklagte 3 nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass der Wert der Unternehmensbeteiligung lediglich 25.000,00 € betragen hat. Unerheblich ist, dass Motiv für die Übertragung neben der Vollstreckungsvereitelung auch die Verschaffung einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit gewesen sein mag. Soweit der Beklagte 3 darauf hinweist, dass ihm für die Dauer von 10 Jahren die Gewinnausschüttungen weiter zu stehen, stellen mögliche Ausschüttungen zwar einen Vermögenswert, auf den zugegriffen werden könnte dar, ändern aber nichts daran, dass sich der Wert der Unternehmensbeteiligung nicht mehr im Vermögen des Beklagten 3 befindet.

Zudem hat die Klägerin glaubhaft gemacht, dass der Beklagte 3 versucht hat, elektronische Daten zu löschen bzw. löschen zu lassen. Nach den polizeilichen Ermittlungen (Ermittlungsakten, S. 9691) wurde bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Hess AG am 30.01.2013 festgestellt, dass das Notebook des Beklagten 3 und eine Festplatte von diesem mitgenommen worden war. Diese Datenträger konnten auch bei der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten 3 am 30.01.2013 nicht aufgefunden werden. Als der Beklagte 3 später die Datenträger an die Hess AG zurückgab, ergab die forensische Auswertung, dass die Datenträger so gelöscht wurden, dass Daten nicht wieder herstellbar waren. Auch wenn es, wie der Beklagte 3 behauptet, üblich ist, dass der Laptop nach einer Kündigung leer zurückgegeben wird, spricht dafür, dass der Beklagte 3 Daten beseitigen wollte, dass sich der Laptop, obwohl dem Beklagten 3 am 21.01.2013 fristlos gekündigt wurde, weder in den Räumen der Hess AG – der Beklagte 3 hat gem. dem Bericht über die Durchsuchung von Geschäftsräumen der Hess AG am 31.01.2013 (Anlage K 17) die Herausgabe zunächst verweigert – noch in den Privaträumen des Beklagten 3, befand und später so zurückgegeben wurde, dass Daten nicht wiederhergestellt werden konnten. Hinzu kommt, dass wichtige E-Mails (vom 18.10.2011 und 23.12.2011) im Mailkonto des Beklagten 3 gelöscht wurden (Ermittlungsakten, S. 9699).

5Zur Sicherung der Kosten im Hauptsacheverfahren war zudem auf Antrag der Klägerin eine Kostenpauschale mit in den Tenor aufzunehmen, deren Höhe sich aus den überschlägig ermittelten Kosten des Hauptsacheprozesses (Gerichtskosten + Kosten des eigenen Anwaltes) erster Instanz hinsichtlich eines Streitwertes von 5.186.077,53 € ergibt (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 922 Rn. 2).

III

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ ZPO § 97, ZPO § 92, ZPO § 100 ZPO. Die Abwendungsbefugnis ergibt sich aus § ZPO § 923 ZPO.

Das Urteil ist unanfechtbar.

Schlagworte: Abberufung, Abberufung Aufsichtsrat, Abberufung aus wichtigem Grund Abberufung außerhalb des gesetzlichen Sofortvollzugs, Abberufung des Alleingeschäftsführers, Abberufung des Fremdgeschäftsführers Abberufung des Geschäftsführers, Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund, Abberufung des Geschäftsführers zu gesellschaftsvertragswidrigem Zweck; Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, Abberufung des Versammlungsleiters, Bilanzmanipulation, Dinglicher Arrest, Vorläufiger Rechtsschutz