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OLG Köln, Urteil vom 06.06.2012 – 18 U 240/11

AktG §§ 67, 241, 243, 246, 248; WpHG § 21

1. Das Prinzip der Doppelvertretung gilt auch für die Erteilung der Prozessvollmacht (Hüffer in: MüKo AktG, § 246, Rn. 55), so dass die Vollmacht durch Vorstand und Aufsichtsrat erteilt werden muss.

2. Die Vollmachtserteilung allein durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats ist nicht ausreichend. Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat erfolgt grundsätzlich durch den gesamten Aufsichtsrat (Hüffer, AktG, Rn. 4). Dieser kann seinen Vorsitzenden lediglich zur Kundgabe des im Gremium gebildeten Willens als Erklärungsvertreter ermächtigen (Habersack in: MüKo, AktG, § 107, Rn. 59).

3. Die Genehmigung der Prozessführung durch den Vertretenen oder die Erteilung einer ordnungsgemäßen Vollmacht heilen den Vollmachtsmangel, solange noch kein das Rechtsmittel als unzulässig verwerfendes Prozessurteil vorliegt (Gemeinsamer Senat NJW 1984, 2149).

4. Ob auch derjenige, der nach § 67 Abs. 1 AktG in das Aktienregister eingetragen ist, obwohl er nicht Eigentümer der Aktien ist (Legitimationsaktionär), den Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 WpHG unterliegt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Eine Auffassung verneint eine Mitteilungspflicht. § 21 Abs. 1 WpHG stelle auf die in Aktien verbriefte Mitgliedschaft, aus der das Stimmrecht folge, und nicht auf das Stimmrecht selbst ab. Nicht derjenige, der zur Stimmrechtsausübung ermächtigt ist, sondern der Inhaber der Aktie sei nach § 21 Abs. 1 WpHG meldepflichtig. Der Wortlaut der Vorschrift sei insoweit missverständlich und entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie er etwa in der BT-Drs. 14/4051, S. 16 zum Ausdruck komme (OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.2004 – 20 U 16/03 -, Juris-Tz. 45; Nolte in: Heidelberger Komm. zum AktG, Anh. § 22/§ 21 WpHG, Rn. 3, Dehlinger/Zimmermann in: Fuchs, WpHG, § 21, Rn. 32). Die Gegenmeinung stellt auf die Fiktionswirkung des § 67 Abs. 2 AktG ab und sieht jedenfalls auch den Eingetragenen als mitteilungspflichtig an (Bayer in: MüKo, AktG, § 67, Rn. 57 ff.; Cahn in: Spindler/Stilz, AktG, § 67, Rn. 18; Dieckmann BB 1999, 1985, 1987; Wieneke in: Heidelberger Komm. zum AktG, § 67, Rn. 15). Zutreffend erscheint dem Senat eine vermittelnde Ansicht, die grundsätzlich von den Eigentumsverhältnissen ausgeht, aber eine zusätzliche Meldepflicht des Registeraktionärs neben dem Eigentümer annimmt, wenn der Registeraktionär nach außen unbeschränkt zur Stimmrechtsausübung berechtigt ist (Schneider in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21, Rn. 49 ff.), was für den Legitimationsaktionär gemäß § 67 Abs. 2 AktG stets zutrifft.

5. Die Statthaftigkeit der positiven Beschlussfeststellungsklage, bei der es sich der Sache nach um eine Gestaltungsklage handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt (BGH NJW 1980, 1465, 1467 f.; BGH, Urteil vom 31.05.2011 – II ZR 216/10 –, Juris-Tz. 9; Hüffer in: MüKo, AktG, § 246, Rn. 85; Drescher in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 246 AktG, Rn. 50). Entwickelt worden ist sie für Fälle der unrichtigen Feststellung ablehnender Beschlüsse. In diesen Fällen ist dem Kläger mit der Feststellung, dass der ablehnende Beschluss nichtig ist, nicht geholfen. Er hat vielmehr ein Interesse an der Feststellung, dass bei richtiger Stimmzählung der beantragte Beschluss gefasst worden wäre (BGH NJW 1980, 1465, 1467; Hüffer in: MüKo, AktG, § 246, Rn. 84). Teilweise wird sogar die Auffassung vertreten, für eine isolierte Anfechtungsklage fehle in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis (Drescher in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 246 AktG, Rn. 50). Neben den Fällen der unrichtigen Stimmzählung hält der Bundesgerichtshof eine positive Beschlussfeststellung auch in solchen Fällen für möglich, in denen die Ablehnung des beantragten Beschlusses darauf beruht, dass Gegenstimmen missbräuchlich unter Verletzung von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten abgegeben worden sind (BGH NJW 1984, 489, 491 f.; Schwab in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 38). Dabei geht es nicht darum, einen mangelhaften und deshalb wirksam angefochtenen Beschluss durch einen überhaupt nicht gefassten anderen Beschluss zu ersetzen; vielmehr richtet sich die Anfechtungsklage lediglich gegen die Unrichtige Feststellung eines in Wirklichkeit gar nicht so zustande gekommenen Beschlusses, wogegen die damit verbundene Feststellungsklage verbindlich klären soll, was in Wahrheit beschlossen worden ist. Mit der Beseitigung des „Scheinbeschlusses”, der nur bis zu einem rechtskräftigen Urteil nach § 248 AktG als gefasst gilt, wird der Weg für die Feststellung des richtigen Beschlussergebnisses frei (BGH NJW 1980, 1465, 1467). Grundlage für die Zulassung der positiven Feststellungsklage war mithin gerade der Umstand, dass nur ein bei zutreffender Bewertung tatsächlich gefasster, nicht aber ein bloß fiktiver Beschluss festgestellt werden kann.

6. Eine (isolierte) positive Beschlussfeststellungsklage bezogen auf einen Beschlussantrag, über den in der Hauptversammlung nicht abgestimmt wurde, ist unzulässig und daher abzuweisen (Heer in: ZIP 2012, 803, 808 f.). Die Möglichkeit der Feststellung eines Beschlussergebnisses, über das nicht abgestimmt wird, wird in der Literatur nur vereinzelt vertreten (Heidel in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Auflage, § 246 AktG, Rn 12a) und ist abzulehnen. Dass die Feststellung der Annahme eines Antrags, über den nicht abgestimmt worden ist, ausscheidet, folgt auch zwingend daraus, dass ein fiktives Abstimmungsergebnis nicht vorhersehbar ist, und zwar weder mit absoluter noch mit einer dem Beweismaß des § 286 ZPO genügenden Sicherheit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle der Feststellung der Ablehnung eines Vorschlags weitere Gegenvorschläge gemacht worden wären, die ggfls. zu einem anderen als dem zuvor verabredeten Stimmverhalten geführt hätten.

Schlagworte: Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Aufsichtsrat, gesetzliche Vertretung, Positive Beschlussfeststellungsklage, Stimmrechtsausschluss, Vorstand