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OLG München, Urteil vom 03.12.2008 – 7 U 3315/08

§ 119 Abs 1 HGB

a) Verstößt der Geschäftsführer einer Kommanditgesellschaft gegen eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen der vorherigen Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedürfen, so kann regelmäßig sein satzungswidriges Handeln von den Gesellschaftern nachträglich genehmigt werden.

Das zunächst gegen § 9 Nr. 9 Gesellschaftsvertrag verstoßende Handeln des Beklagten wurde aber mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 12.12.2002 wirksam nachträglich genehmigt. Diese Genehmigung ließ die Pflichtwidrigkeit des Handelns des Beklagten rückwirkend entfallen.

b) Eine solche Genehmigung kann durch Mehrheitsentscheidung beschlossen werden, wenn die Satzung auch für die vorherige Einwilligung in die Geschäftsführungsmaßnahme eine Mehrheit ausreichen lässt.

Diese Genehmigung ist durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 12.12.2002 wirksam erklärt worden. Insbesondere genügt für die Wirksamkeit dieses Beschlusses die erreichte Mehrheit von 75 %. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Kläger, dass für einen solchen Beschluss Einstimmigkeit notwendig gewesen wäre. Nach § 19 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag erfordern Beschlüsse der Gesellschaft eine Mehrheit von 62 %, soweit nicht dieser Vertrag oder eine zwingende gesetzliche Bestimmung etwas anderes verlangen. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Anwendungsbereich einer solchen allgemeinen Mehrheitsklausel allerdings auf „gewöhnliche Beschlussgegenstände“ beschränkt. Im Gegensatz dazu stehen Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Grundlagen der Gesellschaft
berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, welche bei der im Gesellschaftsvertrag außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbarten Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst werden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden können (BGHZ 85, 350/356). Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert aber nicht, dass eine Mehrheitsklausel die betroffenen Beschlussgegenstände im Einzelnen auflisten müsste. Vielmehr genügt es, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag – sei es auch durch dessen Auslegung – eindeutig ergibt, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll (vgl. BGH, WM 2007, 501 Rn. 9 m. w. N.). Gerade dies ist vorliegend der Fall. § 9 Gesellschaftsvertrag zeigt, dass für die Zustimmung zu den dort aufgeführten Maßnahmen der Geschäftsführung eine Mehrheit von 62 % der Gesellschafter ausreichen soll. Es besteht kein durchgreifender Grund dafür, dieses Quorum nur für die vorherige Einwilligung in eine solche Maßnahme und nicht auch für die nachträgliche Genehmigung ausreichen zu lassen. Das Erfordernis einer Einstimmigkeit des nachträglichen Genehmigungsbeschlusses ergibt sich insbesondere nicht aus der Überlegung des Erstgerichts, seien erst einmal vollendete, nur noch schwer oder überhaupt nicht rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen, dürfte die Neigung der Gesellschafter generell größer sein, die Maßnahmen im Nachhinein dann doch noch zu billigen; jedenfalls könnte ein Geschäftsführer darauf spekulieren. Diese Annahme erscheint bereits nicht zwingend: So mag die Entscheidung der Gesellschafter, eine Maßnahme nachträglich zu genehmigen, insbesondere auch davon abhängen, ob diese für die Gesellschaft Vorteile erbrachte. Erwies sich die Maßnahme als nicht erfolgreich, könnten die Gesellschafter sogar geneigt sein, ihre nachträgliche Zustimmung zu verweigern, selbst wenn sie, sofern sie damit befasst worden wären, im Vorhinein vermutlich ihre Einwilligung erklärt hätten. Selbst wenn aber im Nachhinein eher die Neigung bestehen sollte, eine bereits getroffene Maßnahme zu billigen, und dies in gewissem Umfang dem präventiven Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen könnte, würde dies nicht die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein nachträglicher Genehmigungsbeschluss Einstimmigkeit erfordert. Auch in einem solchen Fall stellt der Beschluss kein einer Satzungsänderung vergleichbares „Grundlagengeschäft“ dar. Ebenso wenig wird durch die Zulassung einer solchen Mehrheitsentscheidung in unzulässiger Weise in schlechthin unverzichtbare oder in „relativ unentziehbare“, d. h. in nur mit Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte eingegriffen. Grundlegende Rechtspositionen eines einzelnen Gesellschafters werden durch einen solchen Beschluss nicht verletzt. Die Regelungen in § 9 Gesellschaftsvertrag begründen keine unverzichtbaren oder relativ unentziehbaren Mitgliedschaftsrechte. Der Umstand, dass § 9 Gesellschaftsvertrag für die Zustimmung zu den betreffenden Maßnahmen der Geschäftsführung ein Quorum von 62 % vorsieht, zeigt vielmehr, dass durch diese Bestimmungen nicht im Interesse des einzelnen Gesellschafters bestimmte Maßnahmen nur mit Zustimmung aller möglich sein sollten, sondern hier Mehrheitsentscheidungen ergehen können. Die vertraglichen Regelungen dienen zwar einer Kontrolle der Geschäftsführung und einer Beschränkung von deren Befugnissen, nicht aber vorrangig dem (Minderheiten-)Schutz einzelner Gesellschafter.

Schlagworte: Allgemeine Mehrheitsklauseln im Gesellschaftsvertrag, Auslegung des Gesellschaftsvertrages, Beschlussgegenstand ausdrücklich von Mehrheitsklausel erfasst, Billigung Kompetenzüberschreitung, Einschränkungen der Kompetenz der Geschäftsführer, Einstimmigkeitsprinzip, Entlastung in Kenntnis der Kompetenzüberschreitung, Genehmigung, Geschäftsführungsbefugnis, Gewöhnliche Beschlussgegenstände, Kompetenzüberschreitung, Kompetenzüberschreitungen, massive Kompetenzüberschreitungen, milder Kompetenzverstoß