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OLG München, Urteil vom 09. November 2016 – 20 U 3221/16

§ 280 Abs. 1 BGB

Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
GmbH & Co. KG
KG
IV entstanden ist, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen ihrer Auffassung haftet die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages für fehlerhafte Angaben im Prospekt. Es kommt weder darauf an, ob sie Gründungskommanditistin war, noch darauf, ob sie eigene Anteile gehalten hat. Ungeachtet einer etwaigen Stellung als Gründungskommanditistin trifft die Beklagte schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2015, III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464, Rz. 16 a.E. m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich ihre Aufklärungspflicht als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten. Eine solche Einschränkung lässt sich den einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht des Treuhandkommanditisten nicht entnehmen. Danach trifft einen Treuhandkommanditisten, der die interessen der Anleger als seiner Treugeber wahrzunehmen hat, die Pflicht, die Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die ihm bekannt waren oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein mussten und die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Diese Pflicht erstreckt sich insbesondere auch auf regelwidrige Auffälligkeiten (vgl. BGH NJW 2002, 1711; NJW-RR 2008, 1129/1130 Rz. 8; NJW-RR 2009, 613 m.w.N), beschränkt sich aber nicht darauf. Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt.

Der Kläger hat sich unstreitig auf der Grundlage des Prospekts selbst informiert. Grundsätzlich ist dies ausreichend und kann die persönliche Beratung durch Übergabe bzw. Übersendung des Prospekts ersetzt werden (vgl. BGH Urteil vom 17.09.2015, III ZR 393/14, TZ. 15 nach juris m.w.Nw.). Nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Emissionsprospekt, der in diesem Fall für einen Beitrittsinteressenten regelmäßig die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens zeichnet. Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015, II ZR 104/13 juris Rz. 8 f. m.w.N.).

Der streitgegenständliche Prospekt informiert den Anleger nicht ausreichend über die Risiken, die durch das Finanzierungskonzept entstehen: Das Finanzierungskonzept wird insbesondere auf den Seiten 35, 50 und 95 des Prospekts (Stand 10. August 2005, Anlage K 5) dahingehend erläutert, dass jeder Treugeber eine Inhaberschuldverschreibung unterzeichnet, die er zum Zwecke der teilweisen Fremdfinanzierung seiner Beteiligung an die E. P. Advance GmbH verkauft, die das dafür fällige Entgelt im Namen und auf Anweisung der Anleger auf ein Mittelverwendungskontrollkonto der Fondsgesellschaft überweist. Der Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Anteilsfremdfinanzierung ist auf Seiten 119 ff. des Prospekts abgedruckt. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Anlegers, den Nennbetrag zzgl. Zinsen am 31.12.2012 zu bezahlen, wobei der Anleger die Gesellschaft beauftragt und bevollmächtigt, die zu den Zahlungsterminen fälligen Leistungen im Namen und für Rechnung des Anlegers aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft zustehenden Entnahmeansprüchen, Auseinandersetzungsguthaben oder Liquidationserlösen zu erbringen. Nicht ausreichend hingewiesen wird auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dieses Risiko besteht ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 25.07.2012 (S. 7/8 der Anlage K 4), wenn die dafür vorgesehenen Distributionsgarantiezahlungen nicht vollständig bei der Gesellschaft eingehen („wenn Schuldner der Distributionszahlungen ausfallen“) oder der Wechselkurs des USD sinkt. Auf Seite 50 des Prospekts wird vielmehr ausgeführt, die Bedienung und Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge in erster Linie durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung. Es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich. Es bestehe grundsätzlich keine Nachschusspflicht. Dadurch wird die Aussage auf Seite 36 des Prospekts, Währungsschwankungen könnten sich negativ auf die Erlöse der Gesellschaft auswirken und die Fondsgesellschaft und damit letztlich die Anleger trügen ein entsprechendes Fremdwährungs- und Wechselkursrisiko, relativiert. Auf dem Blatt „Besondere Informationen nach § 312 c Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 1 der BGB-InfoV zur teilweisen Fremdfinanzierung der mittelbaren Beteiligungen der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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IV“ (zuletzt Anlage A 22) wird unter II. 2. u.a. darauf hingewiesen, es bestehe das Risiko, dass der Anleger die Rückzahlung und den Zins aus der von ihm begebenen Inhaberschuldverschreibung erbringen müsse, obwohl die von ihm mit dem Kaufpreis für die Inhaberschuldverschreibung finanzierte mittelbare Beteiligung an der Gesellschaft keine gleich hohe Rendite erwirtschafte.  Zwar ist dieser Hinweis – isoliert betrachtet – recht eindeutig. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist jedoch nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (BGH, Urteil, vom 05.03.2013, II ZR 252/11, juris Rz. 14, m.w.N.). Dieser Hinweis unter II. 2, der zudem nicht Bestandteil des Prospekts ist, widerspricht den Ausführungen auf Seite 50 des Prospekts, die Rückführung des fremdfinanzierten Beteiligungsanteils erfolge in erster Linie durch die im Wege der Sicherungsabtretung abgesicherten Zahlungsströme aus der Beteiligung, es seien keine weiteren Barmittel seitens des Anlegers zur Bedienung der Beteiligungsfinanzierung erforderlich. Nicht explizit hingewiesen wird im Übrigen auf das Risiko, dass die Inhaberschuldverschreibungen aufgrund des Wechselkursrisikos nicht vollständig aus den anteiligen Ausschüttungsbeträgen bezahlt werden können. Dies ergibt sich weder aus den Ausführungen auf Seite 35 unter der Überschrift „Fremdfinanzierungsrisiko“, noch aus den Ausführungen auf Seite 36 unter der Überschrift „Währungs- und Wechselkursrisiko“. Gemessen an den oben zitierten Prospekthaftungsgrundsätzen ist der Prospekt bezüglich des die Fremdfinanzierung betreffenden Risikos, einschließlich des Währungsrisikos zumindest widersprüchlich.

Auf die Frage, ob der Prospekt auf die Rechtsfolgen der §§ 793 ff. BGB hätte hinweisen müssen, kommt es nicht mehr entscheidend an. Dasselbe gilt für die Darstellung des Risikos des Totalverlustes.

Die Haftung der Beklagten für diesen Prospektfehler wird nicht durch § 13 des Treuhandvertrages ausgeschlossen, denn der darin enthaltene Haftungsausschluss ist nach § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7 b BGB nichtig.

Die Klauseln des formularmäßigen Treuhandvertrages unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einer objektiven Auslegung. (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2015, II ZR 341/14, juris Rz. 24 m.w.N.). § 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages, wonach unter der Überschrift „Haftung der Treuhänderin“ geregelt wird, die Treuhänderin habe das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondstruktur nicht beteiligt, die Anlageberatung oder Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft sei nicht vertragliche Pflicht der Treuhänderin, sind – ausgehend von den interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden – dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte von einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss infolge Verletzung der AufklärungspflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Verletzung der Aufklärungspflicht
über falsche oder irreführende Angaben im Prospekt freigezeichnet werden soll. Derartige formularmäßige Freizeichnungsklauseln sind wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig. Sie benachteiligen die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Dies gilt hinsichtlich der Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten (§ 309 Nr. 7 b BGB) ebenso wie hinsichtlich der Haftung für leichte Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11, juris Tz. 35 m.w.N.). Jedenfalls soweit – wie hier – der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt in sich widersprüchlich ist, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt, sondern für ihre Tätigkeit nach § 14 des Treuhandvertrages (Seite 116 des Prospekts) eine Vergütung erhält, trifft die Treuhänderin eine Aufklärungspflicht. § 14 des Treuhandvertrages stellt keine gesellschaftsvertragliche Regelung dar, so dass die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013, II ZR 193/11, juris Rz. 34).

Unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, die Klausel sei AGB-rechtlich unbedenklich, weil bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegten, einer Inhaltskontrolle entzogen seien. § 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Treuhandvertrages stellen eine Abweichung von der gesetzlichen Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss dar (§ 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) und keine „bloße Leistungsbeschreibung“ im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen bleibt, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urteil vom 12.03.2014, IV ZR 295/13, Tz. 27).

Der Umstand, dass die Beklagte zum 01.08.2011 als Treuhänderin und Mittelverwendungskontrolleurin ausgeschieden ist, hat keinen Einfluss auf ihre Haftung für die fehlerhaften Prospektangaben. Ihr Ausscheiden aus diesen Funktionen setzt nicht den Lauf der Verjährung in Gang. Verjährung ist auch nicht nach der Regelung in § 13 des Treuhandvertrages (Haftung der Treuhänderin) eingetreten. Die Bestimmung in § 13 Abs. 3 des Treuhandvertrages, wonach ein Anspruch auf Schadensersatz, soweit gesetzlich keine frühere Verjährung eintritt, in drei Jahren ab Anspruchsentstehung verjährt, ist nach § 309 Nr. 7, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, denn sie stellt eine unzulässige Haftungsbegrenzung dar (vgl. BGH, Urteil vom 29.5.2008, Az. III ZR 59/07, juris Rz. 35).

Die Kausalität des Prospektfehlers für die klägerische Anlageentscheidung wird vermutet und wurde nicht widerlegt.

Der Kläger hat nach § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Erstattung des eingezahlten Beteiligungsbetrages in Höhe von 10.000,00 € sowie des für den Rückkauf der Inhaberschuldverschreibung aufgewandten Betrages in Höhe von 388,88 €, seines Beitrags zur Liquiditätsreserve in Höhe von 900,00 € und auf Erstattung der von ihm konkret vorgetragenen steuerlichen Verzugszinsen für das Jahr 2005 in Höhe von 2.017,00 €. Die Beklagte hat nicht substantiiert bestritten, dass der Kläger diese Zahlungen erbracht hat. Das pauschale Bestreiten der Schadenshöhe durch die Beklagte ist unsubstantiiert, desgleichen der nicht näher ausgeführte Hinweis auf steuerliche Verlustzuweisungen. Im Übrigen sind steuerliche Vorteile grundsätzlich nicht anzurechnen; für eine Ausnahme hiervon fehlt konkreter Sachvortrag.

Der Kläger hat zudem Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte ihn von Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung freizustellen hat.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Zustellung der Klage ist am 03.12.2015 erfolgt.

Schlagworte: GmbH, GmbH & Co. KG, Prospekthaftung im engeren Sinn, Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinn, Prospekthaftung im weiteren Sinn