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OLG München, Urteil vom 12.07.2017 – 15 U 4938/16

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München II vom 04.11.2016, Az. 13 O 5061/15 Rae, abgeändert:

Auf die Berufung der Klägerin wird der Beklagte verurteilt, über den durch das Landgericht zugesprochenen Betrag von 4.494,51 € zuzüglich Zinsen hinaus an die Klägerin weitere 2.448,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin 84% und der Beklagte 16%.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 86% und der Beklagte 14%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Vergütungsansprüche – im Wesentlichen eine Geschäfts- und eine Einigungsgebühr – für anwaltliche Tätigkeit geltend.

Der Beklagte und sein Bruder C. H. waren an der H.Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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mit einer Kommanditeinlage von je 100.000,00 € beteiligt. Im Eigentum dieser Gesellschaft steht ein Gebäudekomplex am U. 8 und am G.-Platz 4 in M.

An der M. H.Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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waren der Beklagte und sein Bruder mit Kommanditeinlagen von je 13.000,00 € und deren Mutter Margot H. mit einer Kommanditeinlage von 24.000,00 € beteiligt. Diese Gesellschaft verfügt ebenfalls über Grundbesitz in M., auf dem die Metzgerei L. H. GmbH ihren Betrieb führt. An dieser GmbH war der Beklagte mit einem Gesellschaftsanteil von 13.000 DM beteiligt.

Die Klägerin beriet den Beklagten in streitigem Umfang bei der „Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Betriebs und der im Miteigentum stehenden Immobilien sowie aller gemeinsamen Vermögenswerte der Brüder L. und C. H.“ (Vergütungsvereinbarung Anlage K 2), dabei trat sie unstreitig gegenüber dem Steuerberater der Metzgerei L. H. GmbH auf.

Mit notariellem Vertrag vom 23.12.2014 (URNr. …82/2014 des Notars Dr. B. Anlage B 4) übertrug C. H.von seiner Kommanditbeteiligung an der H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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einen Teilanteil von 88.000,00 € an den Beklagten, während letzterer seinen Kommanditanteil an der M. H. Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und seinen Geschäftsanteil an der Metzgerei L. H. GmbH an C. H. abtrat. C. H. erbrachte zusätzlich eine Ausgleichsleistung von 1.350.000,00 € an den Beklagten.

Am gleichen Tag übertrug C. H. mit notariellem Vertrag (URNr. …83/2014 des Notars Dr. B. Anlage B 3) den drei Kindern des Beklagten je einen Teilanteil von 4.000,00 € an seinem Kommanditanteil an der H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Zu diesem Zeitpunkt hatte die H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Verbindlichkeiten von 1,45 Mio €.

Durch das Vertragswerk vom 23.12.2014 wurden die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen den Brüdern beendet.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vorbringens in erster Instanz verweist der Senat im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil, mit dem das Landgericht München II der Klage nur zu einem Bruchteil stattgegeben hat. Es hat ausgeführt, der Klägerin stehe für ihre Tätigkeit nur eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 1,3 Mio € zu, aber keine Einigungsgebühr. Eine Mitwirkung der Klägerin am Vertragsschluss vom 23.12.2014 sei nicht nachgewiesen. Von dem sich zuzüglich der Unkostenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG ergebenden Bruttobetrag von 8.707,11 € hat das Landgericht eine vom Beklagten erbrachte Zahlung von 4.212,60 € abgezogen.

Im Rahmen der Berufung verfolgt die Klägerin ihre ursprüngliche Forderung zum Teil weiter.

Sie macht geltend, der Gegenstandswert der Angelegenheit betrage zumindest 2,1 Mio €. Zudem stehe ihr eine Einigungsgebühr zu.

Dass die Hausbank das Objekt der H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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mit 3 Mio € bewertet habe, zeige, dass der Wert zumindest zwischen 2 und 3 Mio € liege. Das Gutachten des Sachverständigen P. habe den Verkehrswert drücken sollen.

Es habe Streit über das „ob“ und „wie“ der Auseinandersetzung bestanden. Der Bruder C. habe anfangs keine Auseinandersetzung gewünscht, stattdessen habe der Beklagte sich mit einer Erwerbsunfähigkeitsrente begnügen und auf Mitbestimmung in den Gesellschaften verzichten sollen. Der Beklagte habe dagegen entweder ohne finanziellen Verlust Ausscheiden oder eine sonstige Lösung der Probleme gewollt.

Sie habe vorgeschlagen, dass C. H. 6% der Gesellschaftsanteile an die Kinder des Beklagten übertragen sollte, um den Anfall von Grunderwerbssteuer zu vermeiden.

Nach dem Maßstab des Urteils des BGH vom 20.11.2008 – IX ZR 186/07 sei eine Einigungsgebühr wegen der bestehenden Ungewissheit angefallen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München II, Az: 13 O 5061/15 Rae den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 22.510,52 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2015 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Er bringt vor, der Ansatz einer Einigungsgebühr sei nicht gerechtfertigt.

Sein Bruder C., seine Mutter und er seien sich über die Durchführung der Auseinandersetzung einig gewesen.

Sein Bruder habe sich der Auseinandersetzung nicht widersetzt. Sie hätten, was bei einer Abfindung wohl erforderlich geworden wäre, keine der Gesellschaften verkaufen wollen. Deshalb seien sie übereingekommen, Gesellschaftsanteile zu tauschen und die Ausgleichzahlung durch einen Steuerberater und einen Sachverständigen für Immobilienbewertung errechnen zu lassen. Die Werte hätten der gemeinsame Steuerberater und die Sachverständigenbüros T. und P. ermittelt.

Es habe keinen Streit und keine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gegeben.

Dass seine Erkrankung, innerbetriebliche Meinungsverschiedenheiten sowie Streitigkeiten der Ehefrauen ein Motiv für die Auseinandersetzung der drei Gesellschaften gebildet haben können, bestreitet der Beklagte nicht.

Der Vorschlag, seinen Kindern aus steuerlichen Gründen 12% des Kommanditkapitals seines Bruders zuzuwenden, stamme nicht von der Klägerin, sondern von seinem Steuerberater Effner.

Zu den Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze der Klägerin vom 21.02.2017 (Bl. 116/122 d. A.), vom 21.04.2017 (Bl. 139/143 d. A.) und vom 16.05.2017 (Bl. 148/152 d. A.) sowie des Beklagten vom 12.04.2017 (Bl. 135/138 d. A.) und vom 05.05.2017 (Bl. 144/147 d. A.).

Mit Verfügung vom 13.03.2017 (Bl. 125/127 d. A.) hat der Senat rechtliche Hinweise erteilt.

II.

Die Berufung der Klägerin hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag hinaus steht ihr weiteres Honorar in Höhe von 2.448,90 € zu. Das Landgericht ist nach Auffassung des Senats von einem etwas zu niedrigen Gegenstandswert ausgegangen, hat aber den Anfall einer Einigungsgebühr zutreffend verneint.

1) Der Klägerin hat Anspruch auf eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Wert von 1.875.000,00 € und mithin einschließlich Unkostenpauschale auf einen Betrag von 11.156,01 €.

a) Der Senat folgt dem Landgericht darin, dass der Beklagte den Abschluss einer Stundenhonorarvereinbarung nicht hat nachweisen können. Die Annahme, dass der Beklagte und seine Ehefrau die Festlegung eines Stundensatzes von 150,00 € für Reisezeiten in Ziffer 3 der vom Beklagten unterschriebenen Vergütungsvereinbarung (Anlage K 2) fehlinterpretiert haben, liegt nahe.

Eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist angefallen. Die Klägerin hat nicht nur intern mit dem Beklagten gesprochen, sondern auch den Steuerberater der Metzgerei L. H. GmbH zur Erlangung von Informationen angeschrieben.

b) Der Senat schätzt den Gegenstandswert der Angelegenheit auf 1.875.000,00 €.

Der Gegenstandswert soll das Interesse des Mandanten an der anwaltlichen Tätigkeit ausdrücken und muss nicht wissenschaftlich exakt ermittelt werden (vgl. § 3 ZPO, § 23 Abs. 3 RVG sowohl nach der Fassung von 2013 als auch der von heute, § 30 KostO und 36 Abs. 1 GNotKG, in denen jeweils auf freies beziehungsweise billiges Ermessen abgestellt wird), weshalb eine Erholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert des Grundstücks U. 8 und G.-Platz 4 in M. ausscheidet, zumal dessen Kosten im Honorarprozess in keinem vernünftigen Verhältnis zum streitigen Vergütungsanteil stehen (vgl. jetzt auch § 46 Abs. 4 GNotKG).

Maßgeblich für die Bestimmung der Geschäftsgebühr ist nach § 60 RVG die Rechtslage zum Zeitpunkt der Mandatserteilung im Januar 2013 und damit über § 23 Abs. 3 RVG a. F. zusätzlich zu den allgemeinen Regelungen die damals noch geltenden Vorschriften der KostO, soweit das RVG auf sie verweist. Ausdrücklich keine Verweisung erfolgt auf § 18 Abs. 3 KostO, gemäß dem Verbindlichkeiten, die auf einer Vermögensmasse lasten, bei der Berechnung nicht abgezogen werden. Diese Regelung widerspräche zudem der ganz herrschenden und sachgerechten Auffassung, dass bei Gesellschaftsauseinandersetzungen auf den Wert des Gesellschaftsanteils des Gesellschafters, um dessen Interessen es geht, abzustellen ist (Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 36. Aufl., § 3 Rn 76; Zöller/Herget, ZPO 31. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort „Gesellschaft“), worauf schon das Landgericht hingewiesen hat.

Nach den allgemeinen Grundsätzen der Streitwertberechnung werden Leistung und Gegenleistung nicht addiert; es kommt also nur darauf an, was der Beklagte im Rahmen des Tausches der Gesellschaftsanteile erlangt hat. Würde man ansetzen, was er hergegeben hat, würde sich in der vorliegenden Konstellation wegen der Vermutung der Gleichwertigkeit der Leistungen nichts anderes ergeben; allerdings fehlen für die Bewertung des Anteils des Beklagten an der Metzgerei GmbH und der Besitz KG des Betriebsgrundstücks bis auf einige Angaben der Klägerin zu den Buchwerten im Jahr 2011 nähere Anhaltspunkte.

Anzusetzen ist der Wert der Beteiligung des C. H. an der H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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einschließlich des an die Kinder des Beklagten übertragenen Anteils, da diese Übertragung mit dem Willen des Beklagten aus steuerlichen Erwägungen erfolgt ist. Abzuziehen ist davon die Hälfte der Verbindlichkeiten der KG, die der Senat im Rahmen seiner Schätzung auch für 2013 mit 1,45 Mio € ansetzt. Der Buchwert des Eigenkapitalanteils dieser Beteiligung ist niedrig, wie sich aus Anlage B 3, der Berechnung der Steuerberaterin A. G., ergibt (Abzugsposition von 72.074 € für Anteil des C. H., kein negativer Wert, sondern rechnerischer „Veräußerungspreis“), hat aber bei einer Grundstückgesellschaft für den Verkehrswert der Immobilie nur begrenzte Aussagekraft.

Als Ansatzpunkt für eine Bewertung kommt einmal das Gutachten des Sachverständigen U. P. vom 22.10.2014 (Anlage B 2) in Betracht, das den Verkehrswert des Gebäudekomplexes mit 2.008.000 € beziffert, während die von der Klägerin vorgelegte Schätzung der …-Bank W. eG (Anlage K 7) einen „Verkaufswert“ von 3 Mio € ausweist. Interne Beleihungswerte der Bank oder Brandversicherungswerte liegen nicht vor. Die Klägerin bringt vor, das Gutachten komme aus steuerlichen Gründen zu einer bewusst niedrigen Bewertung. Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass der mit den örtlichen Verhältnissen vertraute Bruder des Beklagten insoweit eine Schenkung vornehmen wollte, doch könnten im Betriebsgrundstück der Metzgerei ebenfalls stille Reserven liegen.

Die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Objekts ohne Berücksichtigung von Abschreibungen beliefen sich nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerin im Jahresabschluss 2011 auf 2.938.535,24 €, nach deren Abzug betrug der Buchwert 2.139,057,32 €. Bei einer Immobilie, die sich wie im vorliegenden Fall schon lange in Familienbesitz und zugleich im bayerischen Oberland mit seinen beträchtlichen Preissteigerungen befindet, wird der Buchwert im Regelfall unter dem Verkehrswert liegen. Nach den vorgelegten Fotos handelt es sich um ein schönes Anwesen.

Der Senat schätzt den Wert des Grundstücks, der zugleich den Wert der H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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vor Abzug der Verbindlichkeiten bestimmt, unter Berücksichtigung dieser Überlegungen auf ungefähr den Mittelwert der beiden oben dargestellten Bewertungen von Sachverständigem und Bank, das heißt auf 2,5 Mio €. Die Hälfte davon sind 1,25 Mio €; nach Abzug der Hälfte der Verbindlichkeiten (725.000,00 €) ergibt sich ein Wert der übertragenen Beteiligung von 525.000 €.

Hinzu kommt die vom Beklagten erlangte Zuzahlung von 1.350.000,00 €.

Die Summe beider Beträge ergibt 1.875.000,00 €.

c) Die Gebühr berechnet sich, da die Klägerin vor dem 01.08.2013 beauftragt worden ist (§ 60 RVG), nach der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG in der vor dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Eine 1,3 Gebühr aus einem Wert von 1.875.000,00 € beträgt danach 9.354,80 € netto. Zuzüglich der Unkostenpauschale von 20,00 € ergibt sich ein Bruttobetrag von 11.156,01 €.

2) Das Landgericht hat den Anfall einer Einigungsgebühr zutreffend verneint.

Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und seinem Bruder C. H. war durch die beiderseitige Beteiligung an der Metzgerei und den Grundstücksgesellschaften gegeben. Diese Beziehung wurde durch das Vertragswerk vom 23.12.2014 aufgehoben.

a) Die Verträge haben jedoch keinen Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG beseitigt.

Ist unstreitig, dass ein Rechtsverhältnis besteht und keiner Partei ein Recht zur Änderung dieses Rechtsverhältnisses zusteht, einigen sich die Parteien aber auf eine Beendigung oder Modifizierung dieses Rechtsverhältnisses, so wird keine Einigungsgebühr ausgelöst, weil es an einem Streit fehlt (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 22. Aufl., VV 1000 Rn 107, der als Beispiel ausdrücklich anführt: „Die Gesellschafter einer GbR sind sich einig, dass im Moment keiner der Parteien ein Recht zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zusteht. Wegen des gestörten Vertrauensverhältnisses und aus wirtschaftlichen Gründen einigen sich die Gesellschafter auf das Ausscheiden eines GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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“). Diese Auffassung entspricht auch der veröffentlichten Rechtsprechung (OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 09.06.2011 – 15 Wx 519/10 = FamRZ 2011, 1975 Rz 11 bei Juris; anders als die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 05.07.2017 Bl. 158/160 d. A. auf Seite 2 vorbringt, behandelt diese Passage des Beschlusses nicht die vormundschaftliche Genehmigung, sondern ergänzende Vereinbarungen danach; LG Dessau-Roßlau Urteil vom 16.11.2012 – 1 S 127/12 Rz 14 bei Juris bezogen auf den Fall der Aufhebung eines Vertragsverhältnisses als obiter dictum unter Hinweis auf die Kommentarliteratur; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
Urteil vom 18.04.2000 – 24 U 191/99 = JurBüro 2001, 87 Rz 6 ff bei Juris zu § 23 BRAGO).

Dass der Beklagte oder sein Bruder einen Anspruch auf Änderung der Beteiligungsverhältnisse an den drei Gesellschaften behauptet hätten, ist nicht ersichtlich.

Eine Ungewissheit im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG hat der BGH in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 20.11.2008 – IX ZR186/07 angenommen, weil die Mandantin sich in einer Ehefolgensache mit der Begründung an die Rechtsanwältin gewandt habe, sie befürchte, von der Gegenseite „über den Tisch gezogen zu werden.“ Damit wird der Begriff der „Ungewissheit“ möglicherweise anders definiert als von der Literatur, die sie als gegeben ansieht, wenn die Parteien sich unsicher sind, wie die Rechtslage eigentlich ist (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 22. Aufl., VV 1000 Rn 108; Schneider/Wolf Anwaltkommentar 8. Aufl., Nr. 1000 VV RVG Rn 71); denkbar ist aber auch, dass der BGH aus der Befürchtung der Mandantin auf deren Unsicherheit über die Rechtslage schließt. Die Unsicherheit muss jedenfalls, wie sich schon aus dem Wortlaut des Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG ergibt, zum Zeitpunkt der Vereinbarung bestehen (“Vertrages … durch den … die Ungewissheit … beseitigt wird“).

Die Klägerin bringt im Schriftsatz vom 05.07.2017 (Bl. 158/160 Seite 3) vor, der vom BGH entschiedenen Konstellation sei gleichzusetzen, dass sich der Beklagte mit der Bitte um Beratung an sie gewandt habe, um keinen Fehler zu machen, wobei sie sich auf die Aussage der Ehefrau in erster Instanz beruft, die Verträge sollten nochmal durchgeschaut und für die Eheleute verständlich gemacht werden. Darin liegt aber allenfalls das Verlangen, die sich aus den Gesellschaftsverträgen ergebende Rechtslage vor einem Vertragsschluss mit dem Bruder von einer Spezialistin „nochmal“ erläutert zu bekommen; es heißt nicht, dass noch am 23.12.2014 beim Beklagten irgendwelche Ungewissheit über die Auslegung der Gesellschaftsverträge mit seinem Bruder bestanden hat. Jedenfalls fehlt hierzu jeder Vortrag der Klägerin.

Die auf Seite 3 der Berufungsbegründung als Beleg für eine Ungewissheit genannten Punkte (weitere Mitarbeit des erkrankten Beklagten in der Metzgerei, persönliche Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern und ihren Ehefrauen sowie eine aus Sicht des Beklagten ungünstige Nachfolgeklausel) sind bloße Motive der Trennung der Brüder.

b) Den Tatbestand des Mitwirkens bei Vertragsverhandlungen, Nr. 1000 Abs. 2 VV RVG, hat die Klägerin nicht nachgewiesen.

Die beiden erst im Berufungsverfahren auf Hinweis des Gerichts vorgelegten Anteilsübertragungsverträge vom 23.12.2014 (Anlagen B 3 und B 4) sind vom Notariat B. entworfen und der Klägerin nicht zur Prüfung vorgelegt worden. An ihrem Aushandeln mit der Gegenseite war sie nicht beteiligt. Sie hat nicht dazu geraten, das Vertragswerk zu unterzeichnen; sie kannte es nicht einmal (vgl. die von Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 22. Aufl., VV 1000 Rn 249 ff angeführten Kriterien).

Die von der Klägerin als Anlagen K 16 und K 17 und mit Schriftsatz vom 21.04.2017 nochmals vorgelegten Aktennotizen enden mit einem Telefonat vom 18.08.2014. Abgesehen davon, dass derartige interne Aufzeichnungen, wenn sie vom Mandanten nicht gegengezeichnet bzw. ihm nicht zeitnah übersandt worden sind, allenfalls äußerst begrenzten Beweiswert haben, und dem zeitlichen Abstand zum Vertragsschluss, beschreiben sie, wie der Beklagte sie über den Stand der Verhandlungen mit seinem Bruder informiert. Die wiedergegebenen Hinweise der Klägerin finden im späteren Vertragswerk keinen konkreten Niederschlag.

Die Klägerin bringt allerdings vor, dass sie dem Beklagten einen den Vergleich in einem Einzelpunkt fördernden Rat erteilt hat, nämlich an dessen Kinder einen Teil des Kommanditanteils seines Bruders an der H. Verwaltung GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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übertragen zu lassen. Eine entsprechende Konstruktion findet sich im Vertragswerk vom 23.12.2014. Der Beklagte bestreitet jedoch substantiiert, dass dieser Vorschlag von der Klägerin stammte und hat dafür den Steuerberater E. als Zeugen benannt. Die Beweislast für ihre Mitwirkung liegt bei der Klägerin, die in ihrer Klageschrift vom 09.10.2015 auf Seite 4 noch selbst angegeben hat, der Beklagte habe ihr dieses Modell als Vorschlag des Steuerberaters berichtet. Auch die klägerische Aktennotiz vom 29.04.2014 (Anlage K 16) spricht vom Wortlaut (“Angedacht ist …“) eher für die Version des Beklagten.

3) 11.156,01 € abzüglich unstreitig gezahlter 4.212,60 € und der erstinstanzlichen Verurteilung von 4.494,51 € ergeben 2.448,90 €.

4) Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 05.07.2017 (Bl. 158/160 d. A.) enthält Rechtsausführungen zur Definition von Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG, die der Senat bei seinen Überlegungen berücksichtigt hat. Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bietet er nicht.

5) Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

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