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OLG München, Urteil vom 18.11.2015 – 7 U 4851/14

HGB §§ 86, 89a; BGB §§ 130, 314, 626

1. Allgemeine Voraussetzung einer fristlosen Kündigung ist, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (allgemeiner Rechtsgedanke, der in § 314 Abs. 2 BGB niedergelegt ist und entsprechend auch für die Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses gilt). Entscheidendes Kriterium für die Zumutbarkeit der vorübergehenden Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ist, ob weiterhin eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien möglich erscheint.

2. Zwar setzt die Kündigung wegen verhaltensbezogener Verstöße gegen eine vertragliche Pflicht (wie vorliegend das Wettbewerbsverbot) nach dem Rechtsgedanken des § 314 Abs. 2 BGB, der im Rahmen des § 89a HGB entsprechend heranzuziehen ist, grundsätzlich eine erfolglose Abmahnung voraus. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos, wie § 314 Abs. 2 S. 2 BGB zeigt, der auf § 323 Abs. 2 BGB verweist.

3. Das bedeutet, dass entsprechend § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Abmahnung dann nicht erforderlich ist, wenn aufgrund der Umstände des Falles unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Kündigung gerechtfertigt erscheint.

4. Zwar liegt im Ausspruch einer Abmahnung in der Regel ein konkludenter Verzicht des Abmahnenden auf das Kündigungsrecht aus den abgemahnten Gründen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Auslegung der Abmahnungserklärung ergibt, dass der Abmahnende die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als erledigt ansieht, ein Verzicht also nicht gewollt war (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2007 – 6 AZR 145/07, zitiert nach juris, dort Rz. 24; Urteil vom 26.11.2009 – 2 AZR 751/08, zitiert nach juris, dort Rz. 14; vgl. auch Urteil vom 12.5.2011 – 2 AZR 479/09, zitiert nach juris, dort Rz. 53).

5. Die starre Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gilt für das Handelsvertreterverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, nicht. Die Kündigung hat aber nach dem Rechtsgedanken des § 314 Abs. 3 BGB in angemessener Frist nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund durch den Kündigungsberechtigten zu erfolgen.

6. Die (hier als Einwurfeinschreiben versandte) Kündigung wird erst mit Zugang wirksam (§ 130 BGB). Mangels anderer Anhaltspunkte geht der Senat analog § 15 Abs. 2 S. 2 FamFG von einer Postlaufzeit von drei Tagen aus.

Schlagworte: Abmahnung, Kündigung, Kündigungsfrist, Kündigungsgrund, Wichtiger Grund