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OLG München, Urteil vom 26.04.2018 – 23 U 1542/17

HGB § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4; InsO § 178

1. Der Kommanditist trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Inanspruchnahme zur Gläubigerbefriedigung nicht mehr erforderlich ist; der Insolvenzverwalter hat jedoch die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, soweit nur er dazu im Stande ist.

2. Die Feststellung einer Forderung gegen die Kommanditgesellschaft zur Insolvenztabelle nimmt auch dem Kommanditisten die Einwendungen, die der Gesellschaft mit der Feststellung abgesprochen wurden.

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 23.03.2017, Az. 3 O 2126/16, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der MS „A. S.“ S. GmbH & Co KG, an der sich der Beklagte mit einem Kommanditanteil von 40.000,00 Euro beteiligt hat. Der Kläger fordert vom Beklagten die Rückzahlung von Liquiditätsausschüttungen in Höhe von 8.000,00 Euro.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.000,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit

Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bestreitet die zur Tabelle festgestellten Gläubigerforderungen und erklärt sich zu den zugrundeliegenden Lebenssachverhalten mit Nichtwissen. Zudem ist der Beklagte der Ansicht, dass der Kläger die geltend gemachten Gläubigerforderungen substantiiert darlegen und vortragen müsse, in welcher Reihenfolge er sie geltend mache. Die Vorlage der Tabelle genüge nicht. Eine Feststellung zur Tabelle wirke nicht gegen den Kommanditisten.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe die geltend gemachte Gläubigerforderung, den Darlehensrückzahlungsanspruch der C.bank, hinreichend substantiiert. Ob die Rechtskraftwirkung der Tabellenfeststellung zu Lasten eines Kommanditisten wirke, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls seien die vom Beklagten erhobenen Einwendungen und Einreden nicht durchgreifend.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 23.03.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts München II, Az. 3 O 2126/16, die Klage kostenpflichtig abzuweisen, sowie hilfsweise den Rechtsstreit unter Berücksichtigung der Auffassung des Senats zur Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen, und weiter hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Die Parteien haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2018 (Protokoll S. 3, Bl. 292 d.A.) mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, hat der Senat den 03.04.2018 festgesetzt. Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 26.03.2018 ist dem Beklagtenvertreter per Fax am 28.03.2018 übermittelt worden. Im Schriftsatz vom 03.04.2018 (Bl. 304 ff d.A.) hat der Beklagtenvertreter zum gegnerischen Schriftsatz vom 26.03.2018 und dem dort zitierten Urteil des BGH vom 20.02.2018, II ZR 272/16, Stellung genommen.

Ergänzend wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 23.11.2017 (Bl. 257 ff d.A.) und vom 22.02.2018 (Bl. 290 ff d.A.) sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig.

1.1. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit der eingeklagten Forderung unzulässig.

1.1.1. Der Kläger macht vorliegend als Insolvenzverwalter einen Darlehensrückzahlungsanspruch der C.bank aus einem Darlehensvertrag vom 29.11.2005 über 20.893.000,00 USD, der in Höhe von 8.830.676,62 Euro zur Tabelle festgestellt wurde (Anlage K 7), mit einem Teilbetrag von 8.000 Euro nach § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB gegen den Beklagten als Kommanditisten geltend. Weiter hat der Kläger dargetan, dass das Darlehen zum 12.07.2012 gekündigt worden sei und hat die Forderungsanmeldung als Anlage K 8 und den Darlehensvertrag sowie das Kündigungsschreiben als Anlage K 9 vorgelegt.

Damit ist hinreichend klar, welche Forderung aus welchem Lebenssachverhalt streitgegenständlich ist.

1.1.2. Im Übrigen würde für eine substantiierte Darlegung der vom Insolvenzverwalter eingeklagten Forderungen der Gesellschaftsgläubiger sogar genügen, dass der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle mit den festgestellten Forderungen vorlegt (BGH, Urteil vom 20.02.2018, II ZR 272/16, juris Tz. 14 f). Einer Darlegung, in welcher Reihenfolge der Insolvenzverwalter die Forderungen einklagt, bedarf es nicht (BGH, a.a.O, Tz. 17 f). Da die Haftsumme des Kommanditisten insgesamt geltend gemacht wird, liegt auch keine Teilklage vor (BGH, a.a.O, Tz. 18).

1.1.3. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich aus der Rechtsprechung des BGH nicht ableiten, dass der Insolvenzverwalter stets alle zur Tabelle festgestellten Forderungen der Gläubiger einklagen müsste. Dass die Vorlage der Insolvenztabelle genügt (s. die vorzitierte Entscheidung des BGH) bedeutet nicht, dass in jedem Fall sämtliche festgestellten Insolvenzforderungen geltend zu machen wären. Sofern bereits eine einzige festgestellte Insolvenzforderung so hoch ist, dass bereits für die Befriedigung dieser Forderung die Masse nicht genügt, besteht kein Grund, weshalb der Insolvenzverwalter sämtliche festgestellten Insolvenzforderungen im Wege der Prozessstandschaft geltend machen müsste. Anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nicht aus anderen Entscheidungen des BGH, insbesondere nicht aus dem Urteil vom 18.10.2011 (II ZR 37/10, juris). Danach ist allein maßgeblich, ob die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt wird (Tz. 9). Dass der BGH von konkreten „Gläubigerforderungen“ spricht, schließt nicht aus, dass die Geltendmachung einer festgestellten Forderung genügt, wenn die Masse schon zur Befriedigung dieser Forderung nicht ausreicht.

1.2. Entgegen der Ansicht des Beklagten (Schriftsatz vom 20.02.2018, S. 1 ff, Bl. 286 ff d.A. und vom 03.04.2018 (S. 2, Bl. 305 d.A.) fehlt nicht wegen der Anzeige der drohenden Masseunzulänglichkeit das Rechtschutzbedürfnis für die Klage oder die Prozessführungsbefugnis des Klägers.

Nach § 208 Abs. 3 InsO ist der Insolvenzverwalter auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit weiter zur Verwaltung und Verwertung der Masse verpflichtet. Das Amt des Insolvenzverwalters bleibt folglich nach Abgabe der Erklärung einschließlich der Verwertungs- und Befriedigungsaufgabe uneingeschränkt bestehen. Darum hat der Insolvenzverwalter nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit erfolgversprechende Aktivprozesse im Interesse der Massemehrung einzuleiten und durchzuführen (BGH, Urteil vom 06.06.2013, IX ZR 204/12, NZI 2013, S. 793, Tz. 9; Ries in Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl, § 208 Rz. 38; Hass / Mock, in Röhricht / Graf von Westphalen / Haas, HGB, 4. Aufl, § 171 Rz. 65). Anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten (u.a. im Schriftsatz vom 03.04.2018, S. 2, Bl. 305 d.A.) nicht aus dem Urteil des BGH vom 04.07.2002, IX ZR 97/99 (juris). Im dortigen Fall hat der BGH entschieden, dass bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern das Recht entfällt, Zahlung auf erstes Anfordern zu verlangen, wenn sich der Gläubiger in masseloser Insolvenz befindet oder der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Dies ist mit dem vorliegenden Fall, in dem der Insolvenzverwalter nach § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB eine Insolvenzforderung gegen den Kommanditisten geltend macht, nicht vergleichbar.

1.3. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter nach § 171 Abs. 2 HGB prozessführungsbefugt. Die vom Kläger geltend gemachte Darlehensforderung der C.bank wurde ordnungsgemäß zur Tabelle angemeldet.

1.3.1. Da die Anmeldung eine Form der Rechtsverfolgung darstellt und der Gläubiger aus der Eintragung als Titel die Zwangsvollstreckung betreiben kann, muss die Forderung zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert werden. Der Gläubiger hat bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem – nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden – Rechtssatz die geltend gemachte Forderung begründet erscheinen lässt (BGH, Urteil vom 21.02.2013, IX ZR 92/12, juris Tz. 15; BGH, Urteil vom 22.01.2009, IX ZR 3/08, juris Tz. 10). Dabei kann der Gläubiger zur Darlegung seiner Forderung auch auf beigefügte Unterlagen Bezug nehmen; dies ist allerdings unzureichend, wenn sich daraus der Grund der Forderung nicht ergibt. Handelt es sich um eine Sammelanmeldung, hat für jede einzelne Forderung eine Substantiierung zu erfolgen (BGH, BGH, Urteil vom 22.01.2009, IX ZR 3/08, juris Tz. 11).

Nach diesen Grundsätzen ist die angemeldete Forderung hinreichend konkretisiert.

Aus der Anmeldung (Anlage K 8) ergibt sich hinreichend klar, dass es sich um eine Darlehensforderung der C.bank AG aus einem Darlehensvertrag über 20.893.000,00 USD vom 29.11.2005 handelt und dieser zum 12.07.2012 gekündigt wurde. Des Weiteren verweist die Anmeldung zulässigerweise auf den beigefügten Darlehensvertrag. Die Höhe der geltend gemachten Forderung ist konkret dargelegt.

Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich nicht um eine Sammelanmeldung.

Allein die Tatsache, dass bezüglich dieses einen Darlehensvertrags von der C.bank mehrere Konten in unterschiedlichen Währungen geführt wurden, ändert nichts daran, dass es sich einen Darlehensrückzahlungsanspruch aus einem Darlehensvertrag handelt.

Ferner ist aus der Anmeldung hinreichend klar, dass die C.bank nur eine eigene Forderung im eigenen Namen anmeldet.

1.3.2. Entgegen der Behauptung des Beklagten ist die Anmeldung K 8 insgesamt in deutscher Sprache abgefasst.

1.3.3. Meldet eine Gesellschaft Forderungen zur Insolvenztabelle an, muss die Anmeldung von vertretungsberechtigten Personen unterzeichnet sein (Sinz in Uhlenbruck, Insolvenzordung, 14. Aufl, § 174 Rz. 22). Dies ist vorliegend der Fall. Die Anmeldung vom 18.12.2014 (Anlage K 8) ist von Frau H. und Herrn R. unterzeichnet. Aus dem vom Kläger als Anlage K 11 vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt sich, dass Frau H. und Herr R. zum Zeitpunkt der Anmeldung jeweils Gesamtprokura gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied oder einem anderen Prokuristen hatten.

1.3.4. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine Beifügung von Originalunterlagen für eine wirksame Forderungsanmeldung nicht nötig. Gemäß § 174 Abs. 1 Satz 2 InsO „sollen“ der Anmeldung die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, „in Abdruck“ beigefügt werden. Auch dabei handelt es sich nur um eine Sollvorschrift, so dass die Anmeldung selbst ohne Beifügung der Kopien wirksam ist (Sinz, in Uhlenbruck, a.a.O., § 174 Rz. 41).

2. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Zahlungsanspruch in Höhe von 8.000,00 Euro gegen den Beklagten gemäß § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.

2.1. Der Beklagte ist unstreitig Kommanditist der MS „A. S.“ S. GmbH & Co KG, der Insolvenzschuldnerin.

2.2. Die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB ist begrenzt durch die Haftsumme, die Höhe des ausgezahlten Betrags und das Ausmaß der dadurch entstehenden Haftsummenunterdeckung (BGH NJW 2001, S. 2351, 2353).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht ein Anspruch gegen den Beklagten in Höhe von 8.000,00 Euro.

2.2.1. Die Haftsumme des Beklagten deckt sich nach seinem eigenen Vortrag und dem von Kläger vorgelegten Handelsregisterauszug (Anlage K 1, S. 2) mit der Einlagepflicht und beträgt 40.000,00 Euro. Der Beklagte hat Liquiditätsausschüttungen in Höhe von insgesamt 8.000,00 Euro erhalten, so dass das Kapitalkonto in dieser Höhe unter die bedungene Einlage und die Haftsumme gemindert wurde. Dies ergibt sich aus dem unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 2). Danach hatte der Beklagte die Einlage von 40.000,00 Euro in voller Höhe einbezahlt. Die Insolvenzschuldnerin erzielte von Beginn an bis zum 31.12.2011 ausschließlich negative Jahresergebnisse. Das Kapitalkonto des Beklagten wies durchgängig negative Salden aus. Dennoch erhielt der Beklagte in den Jahren 2004 bis 2006 Liquiditätsausschüttungen in Höhe von insgesamt 8.000,00 Euro (Urteil des Landgerichts S. 2).

Soweit der Beklagte dies in zweiter Instanz bestreitet, dringt er damit nicht mehr durch. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag haben weder der Kläger noch der Beklagte gestellt. Gründe, ein erstmaliges Bestreiten des Beklagten in zweiter Instanz nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, sind weder dargetan noch ersichtlich. Im Übrigen erschließt sich der Vortrag des Beklagten dazu, dass die vom Kläger vorgelegte Berechnung eines Kapitalkontenstands von – 27.464,84 Euro aufgrund einer falschen Berechnungsmethode unzutreffend wäre (Schriftsatz vom 29.01.2018, S. 3, Bl. 274 d.A.), auch nicht. Zudem übersieht der Beklagte, dass es auf den genauen Stand des Kapitalkontos ohnehin nicht ankommt, sofern das Kapitalkonto jedenfalls auf oder unter den Betrag von 32.000,00 Euro gemindert wurde. Im Übrigen muss der Kommanditist, vorliegend also der Beklagte darlegen und beweisen, dass eine unstreitige Ausschüttung die Haftung nicht wieder begründet hat (BGH, NJW 2011, S. 2351, 2353).

2.2.2. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es für die hier geltend gemachte Außenhaftung gegenüber den Gläubigern nicht darauf an, ob der Kommanditist im Innenverhältnis einen Anspruch auf die Liquiditätsausschüttungen hatte (Strohn in Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, 3. Auflage, § 172 Rz. 21). Daher ist auch nicht maßgeblich, ob es einen Gesellschafterbeschluss zur Rückforderung der Ausschüttungen gibt.

2.2.3. Soweit der Beklagte meint, die Geltendmachung der Darlehensforderung der C.bank verstoße gegen § 242 BGB, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Selbst wenn die C.bank den Gesellschaftsvertrag kannte und vom Anspruch der Kommanditisten auf Liquidtätsausschüttungen wusste, ändert dies nichts daran, dass die Haftung der Kommanditisten wieder aufgelebt ist. Damit ist auch eine entsprechende Klage des Insolvenzverwalters nicht treuwidrig.

2.3. Der Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass die eingeklagten 8.000,00 Euro zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht erforderlich wären.

Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB ist nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (BGH, Urteil vom 22.03.2011, II ZR 271/08, NJW 2011, S. 2351, 2353; BGH, Urteil vom 18.10.2011, II ZR 37/10, juris Tz. 9). Dabei trägt der Kommanditist die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Inanspruchnahme zur Gläubigerbefriedigung nicht mehr erforderlich ist. Der Insolvenzverwalter hat jedoch die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, soweit nur er dazu im Stande ist (BGH, Urteil vom 20.02.2018, II ZR 272/16, juris Tz. 39; BGH, Urteil vom 11.12.1989, II ZR 78/89, NJW 1990, S. 1109, 1111).

Der Kläger hat vorgetragen, der Massebestand betrage aktuell 200.503,89 Euro zuzüglich weiterer 774.331,93 Euro. Hierzu hat der Kläger die Anlagen K 18 und K 19 vorgelegt und erläutert, dass über den aus der Anlage K 19 ersichtlichen Betrag von 716.270,59 Euro ein weiteres Treuhandkonto über 58.061,34 Euro existiere, so dass sich addiert ein Betrag von 774.331,93 Euro ergebe. Außerdem könnten von den Kommanditisten unter Einschluss der hier streitgegenständlichen Forderung noch weitere 109.613,35 Euro eingezogen werden. Schließlich hat der Kläger dargetan, dass allein die zur Tabelle festgestellte Forderung der C.bank sich auf über 8 Millionen Euro beläuft. Damit hat der Kläger seiner sekundären Darlegungslast entsprochen. Soweit der Beklagte den Vortrag des Klägers bestreitet (Schriftsatz vom 20.02.2018, S. 4, Bl. 289 d.A. und Schriftsatz vom 03.04.2018, S. 4, Bl. 307 d.A.) übersieht er, dass ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass seine Inanspruchnahme nicht mehr zur Gläubigerbefriedigung nötig ist. Eine Beweisvereitelung, wie der Beklagte im Schriftsatz vom 03.04.2018 (S. 2, Bl. 305 d.A.) behauptet, vermag der Senat nicht zu erkennen, selbst wenn dem Beklagten vorprozessual keine Auskunft erteilt wurde.

2.4. Soweit der Beklagte das Bestehen, die Höhe und die Durchsetzbarkeit der Darlehensforderung der C.bank gegen die Insolvenzschuldnerin bestreitet, dringt er damit nicht durch.

2.4.1. Die Forderung wurde in Höhe von 8.830.676,62 Euro vom Insolvenzverwalter zur Tabelle festgestellt, wie sich aus der Anlage K 7 ergibt. Dass dieser Forderung vom Insolvenzverwalter, der Insolvenzschuldnerin oder einem anderen Gläubiger widersprochen wurde, behauptet auch der Beklagte nicht.

Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 03.04.2018 (S. 3, Bl. 306) pauschal das „Prüfergebnis“ bestreitet und ausführt, der Kläger habe keinen „Titel“ vorgelegt, dringt er damit nicht durch. Der Kläger hat als Anlage K 7 die Tabelle vorgelegt, aus der sich die festgestellte Forderung der C.bank unter der laufenden Nummer „§ 38 – 7“ findet.

2.4.2. Ob ein einfaches Bestreiten der festgestellten Forderung durch den Kommanditisten überhaupt beachtlich ist, erscheint nach Ansicht des BGH bereits fraglich (Urteil vom 20.02.2018, II ZR 272/16, juris Tz. 20). Es kann aber dahingestellt bleiben, da dem Kommanditisten diese Einwendung aufgrund der widerspruchslosen Feststellung der Forderung in der Insolvenztabelle nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten ist (BGH, a.a.O, Tz. 21).

Die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger nach § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Für den Schuldner ergibt sich die Rechtskraftwirkung mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO (BGH, a.a.O, Tz. 22). Dabei besteht die Rechtskraftwirkung außerhalb der Vollstreckung schon vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist (BGH, a.a.O, Tz. 23).

Die Rechtskraftwirkung eines Titels gegenüber der Gesellschaft beschränkt grundsätzlich die Einwendungsmöglichkeiten für den persönlich haftenden Gesellschafter. Gegen die aus § 128 HGB begründete persönliche HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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eines Gesellschafters einer OHG kann ein Gesellschafter gemäß § 129 Abs. 1 HGB abgesehen von persönlichen Einwendungen nur die Einwendungen geltend machen, die auch von der Gesellschaft erhoben werden können. Ein rechtskräftiges Urteil gegenüber der Gesellschaft nimmt auch dem persönlich haftenden Gesellschafter die Einwendungen, die der Gesellschaft abgesprochen wurden (BGH, a.a.O, Tz. 23). Diese Grundsätze gelten gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch für die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB (BGH, a.a.O, Tz. 24).

Eine einschränkende Auslegung der § 161 Abs. 2, § 129 Abs. 1 HGB zu Gunsten der Kommanditisten in der Insolvenz ist nicht geboten. Die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter nehmen die Rechte der Schuldnerin im Insolvenzverfahren wahr. Der Kommanditist hat die Möglichkeit, sich im Insolvenzverfahren hinsichtlich der gegen die Gesellschaft bestehenden Forderungen zu informieren und sich im Hinblick auf die Feststellung zur Insolvenztabelle bzw. wegen der Erhebung eines Widerspruchs an den vertretungsberechtigen Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin bzw. an den Insolvenzverwalter zu wenden (BGH, a.a.O, Tz. 28).

Die Grundsätze für die Anwendung von § 129 Abs. 1 HGB gegenüber Gesellschaftern einer OHG im Hinblick auf widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellte Gesellschaftsgläubigerforderungen sind nicht auf die Kommanditisten übertragbar (BGH, a.a.O, Tz. 29). Gesellschafter einer OHG können eine angemeldete Forderung im Prüfungstermin Bestreiten. Die Ausübung dieses Rechts verhindert die Rechtskraftwirkung der Feststellung einer Forderung zur Konkurstabelle gegenüber dem Bestreitenden (BGH, a.a.O, Tz. 30). Diese Grundsätze sind nicht auf den Kommanditisten übertragbar, da dessen Stellung anders ausgestaltet ist als die des persönlich haftenden Gesellschafters. Die Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen und müssen vom vertretungsberechtigten Gesellschafter eingegangene Verpflichtungen und auch dessen Prozessführung hinnehmen. Dafür kann der Kommanditist mit der Erbringung seiner Einlage seine Haftung ausschließen, § 171 Abs. 1 HGB, und haftet auch gegenüber Gläubigern bei Entnahme der Hafteinlage nach § 172 HGB nur begrenzt bis zur Höhe des noch offenen Einlagebetrags (BGH, a.a.O, Tz. 31, 31). Im Insolvenzverfahren steht das Widerspruchsrecht nach § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO der Kommanditgesellschaft zu. Widerspruchsberechtigt ist daher das vertretungsberechtigte Organ. Der Kommanditist hat kein Widerspruchsrecht (BGH, a.a.O, Tz. 33).

Der Eröffnungsbeschluss mit dem darin nach § 29 Abs. 1 InsO enthaltenen Prüfungstermin ist nach § 30 Abs. 2 InsO dem Schuldner, d.h. dem vertretungsberechtigten Gesellschafter, nicht aber dem Kommanditisten zuzustellen. Daher steht eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die Möglichkeit zur Teilnahme am Prüftermin und Erhebung eines Widerspruchs im Gegensatz den persönlich haftenden Gesellschaftern nicht in Rede. Der Kommanditist ist gehalten, auf einen Widerspruch des vertretungsberechtigten Gesellschafters oder des Insolvenzverwalters hinzuwirken (BGH, a.a.O, Tz. 34).

2.4.3. Nach diesen Grundsätzen ist dem Beklagten infolge der widerspruchslosen Feststellung des Darlehensrückzahlungsanspruchs der C.bank nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Tabelle der Einwand, der Darlehensvertrag sei mit der C.bank bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht wirksam zustande gekommen, nicht mehr möglich. Des Weiteren kann der Beklagte nicht mehr einwenden, das Darlehen sei nicht valutiert worden, der Vertrag sei infolge Übersicherung nichtig und das Darlehen sei nicht wirksam gekündigt worden.

Ob der Darlehensrückzahlungsanspruch durch Kündigung oder nach § 41 InsO fällig wurde, ist daher nicht maßgeblich. Im Übrigen ergibt sich aus den vom Beklagten zitierten Entscheidungen (Schriftsatz vom 03.04.2018, S. 2 und S. 3, Bl. 305 f d.A. sowie Schriftsatz vom 18.04.2018) auch nicht, dass ein Kommanditist für eine nach § 41 Abs. 1 InsO als fällig geltende Forderung nicht hafte. Das Urteil des BGH vom 15.11.2012, IX ZR 169/11 betrifft die anders gelagerte Frage, ob insolvenzabhängige Lösungsklauseln bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie wirksam sind. Das OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
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hat in dem zitierten Urteil vom 04.02.2013 (1 U 168/12) entschieden, dass die insolvenzrechtliche Fiktion der Fälligkeit nach § 41 Abs. 1 InsO nur das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner und -Gläubiger, aber nicht die Beziehung des Insolvenzgläubigers zu Dritten, wie Bürgen, betrifft. Die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB ist mit der eines Bürgen jedoch nicht vergleichbar.

Ausgeschlossen ist ferner die Einwendung, der Rückzahlungsanspruch sei – etwa durch Verwertung von Sicherheiten – ganz oder teilweise schon vor der Feststellung zur Tabelle erfüllt worden. Dass es eine Erfüllung nach der Feststellung zur Tabelle gegeben hätte, behauptet auch der Beklagte nicht konkret. Entgegen der Ansicht des Beklagten im Schriftsatz vom 03.04.2018 (S. 3, Bl. 306 d.A.) wurde die Forderung in Höhe von 8.830.676,62 Euro nicht für den Ausfall festgestellt (s. Anlage K 7).

Soweit der Beklagte sich darauf beruft, der Darlehensrückzahlungsanspruch sei verjährt, dringt er damit ebenfalls nicht durch. Darauf, dass der Anspruch bereits zum Zeitpunkt der FeststellungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
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zur Tabelle verjährt gewesen sei, kann er sich nach § 129 Abs. 1 HGB, § 161 Abs. 2 HGB nicht berufen. Eine spätere Verjährung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Verjährung durch die ordnungsgemäße Anmeldung des Darlehensrückzahlungsanspruchs zur Tabelle (s.o. Ziff. 1.3) nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB gehemmt wurde. Zudem beträgt die Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Ziff. 5, § 201 BGB dreißig Jahre ab der Feststellung im Insolvenzverfahren.

2.4.4. Unbehelflich ist der Vortrag des Beklagten, für Forderungen nach §§ 54, 55 InsO sei der Insolvenzverwalter nicht zum Einzug befugt (Schriftsatz vom 03.04.2018, S. 3, bl. 306 d.A). Der Kläger macht vorliegend weder Kosten des Insolvenzverfahrens noch Masseverbindlichkeiten geltend.

2.4.5. Soweit der Beklagte anregt (Schriftsatz vom 03.04.2018, S. 4, Bl. 307 d.A.), das Gericht möge eine Urkundenvorlage, „gestützt auf BGH, Urt. V. 20.02.2018, II ZR 272/16, Rn. 20“ anordnen, bleibt schon unklar, welche Urkunden nach Ansicht des Beklagten vom Kläger vorzulegen wären. Die Insolvenztabelle mit den festgestellten Forderungen und die Anmeldung der Darlehensforderung durch die C.bank hat der Kläger als Anlagen K 7 und K 8, den Darlehensvertrag und das Kündigungsschreiben als Anlage K 9 vorgelegt. Dementsprechend war dem Beklagten vorliegend ein konkretes Bestreiten möglich.

Zudem beziehen sich die zitierten Ausführungen des BGH darauf, ob ein pauschales Bestreiten des Kommanditisten überhaupt beachtlich wäre. Letztlich kommt es darauf aber, wie der BGH ausdrücklich erklärt (Tz. 20 a.A. und Tz. 21) ohnehin nicht an, da das – pauschale oder konkrete – Bestreiten der Gläubigerforderungen durch den Kommanditisten aufgrund der widerspruchslosen Feststellung der Forderungen in der Insolvenztabelle ohnehin nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten ist.

2.5. Der Anspruch gegen den Beklagten ist nicht nach § 159 Abs. 1 HGB, § 161 Abs. 2 HGB verjährt. Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach der Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
, sofern der Anspruch gegen die Gesellschaft nicht einer kürzeren Verjährung unterliegt. Vorliegend wurde jedoch die Kommanditgesellschaft erst im Jahr 2014 durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB aufgelöst.

3. Der vom Kläger geltend gemachte und vom Landgericht zugesprochene Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit folgt aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

5. Die Revision war auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 18.04.2018 und vom 23.04.2018 nicht zuzulassen.

Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch höchstrichterliche Entscheidungen, insbesondere das Urteil des BGH vom 20.02.2018, II ZR 272/16 (juris) geklärt.

Schlagworte: Darlegungs- und Beweislast, sekundäre Darlegungslast