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OLG München, Urteil vom 30.06.1993 – 7 U 6765/92

§ 119 HGB, § 161 HGB, § 169 HGB

1. Der Gesellschaftsvertrag einer KG kann bestimmen, daß der Kommanditist neben den erforderlichen Steuern einen dynamisierten Sockelbetrag als Gewinn erhält; die Auszahlung eines darüber hinausgehenden Gewinnanteils kann zugunsten der Erhöhung des Kapitalanteils wirksam ausgeschlossen werden.

2. In einem Gesellschaftsvertrag kann festgelegt werden, daß über den Umfang der Gewinnverwendung durch Mehrheitsbeschluß zu entscheiden ist. Eine solche Regelung ist selbst dann, wenn der Komplementär aufgrund seiner Gesellschaftsanteile “allein” einen Mehrheitsbeschluß herbeiführen kann, kein Eingriff in den Kernbereich der Gesellschafterstellung des Kommanditisten.

Daß nach dem Gesellschaftsvertrag über den Umfang der Gewinnauszahlung durch Mehrheitsbeschluß entschieden werden soll, stellt weder einen Eingriff in den Kernbereich der Gesellschafterstellung der Kl. dar noch können unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit Bedenken erhoben werden. Im Gesellschaftsvertrag ist – legt man ihn aus – genau bestimmt, inwieweit die Gesellschafter ihre Zustimmung zu Mehrheitsentscheidungen geben: Gegen den Willen der Bekl. kann die Kl. neben den erforderlichen Steuern den dynamisierten Sockelbetrag von … DM erlangen, die Auszahlung des darüber hinausgehenden Gewinnanteils aber nicht. Bedenken, diese Frage einer Mehrheitsentscheidung zu unterwerfen, sind nicht ersichtlich (vgl. Schlegelberger/Mertens, HGB, 5. Aufl., § 169 Rdnr. 22; v. Falkenhausen, in: Münchener Hdb. z. GesellschaftsR, KG, § 22 Rdnr. 55).

Ein angemessener Minderheitsschutz der Kl. ist dadurch gewährleistet, daß die Kl. in die Lage versetzt werden muß, ihre gesellschaftsbedingten Steuern entrichten zu können und daß die Kl. daneben einen vertraglich einvernehmlich festgelegten jährlichen Betrag zur freien Verfügung erhält, der einer Dynamisierung unterliegt.

b) Darin, daß die nicht ausgezahlten Gewinnanteile das Kapitalkonto erhöhen, liegt auch keine unzulässige Vertragsänderung durch Mehrheitsbeschluß. Die Überlegungen der von der Kl. ins Felde geführten Entscheidung (BGH, LM § HGB § 119 HGB Nr. 15 = WM 1976, WM Jahr 1976 Seite 661) lassen sich auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragen, da dort der Vertrag nur allgemein festgelegt hatte, daß Vertragsänderungen mehrheitlich erfolgen könnten. Der Gesellschaftsvertrag zwischen den Parteien regelt aber schon, daß nichtentnommener Gewinn den Kapitalanteil erhöht, so daß hierzu ein Gesellschafterbeschluß gar nicht mehr erforderlich ist. Von der Bekl. kann daher nicht verlangt werden, daß sie die kaufmännische Notwendigkeit für diese Kapitalerhöhung, die auf einem Stehenlassen der Gewinnanteile beruht, dartut.

4. Seitens der Bekl. liegt auch kein Treuepflichtverstoß vor. Einen zwingenden, in der Person der Kl. liegenden Grund, wieso ihr von ihrem Gewinnanteil für 1989 eine weitere Million DM zur freien Verfügung ausgezahlt werden sollte, hat die Kl. nicht dargetan. Hinzu kommt, daß die Kl. erst im Jahr vor der jetzt angegriffenen Abstimmung einen Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag abgeschlossen hat, wonach sie über die anfallenden Steuern und den zu dynamisierenden Sockelbetrag hinaus gerade keine weitere Gewinnausschüttung erzwingen kann. Schließlich tätigt auch die Bekl. keine höheren Entnahmen. Die Höhe des von der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinnes und die Höhe der flüssigen Mittel der Gesellschaft allein lassen noch keinen zwingenden Schluß auf die Treuepflichtverletzung der Bekl. dadurch zu, daß diese einer weiteren Gewinnausschüttung nicht zustimmt. Dies wäre nur der Fall, wenn die Gesellschaft an der Beibehaltung ihrer Liquiditätslage keinerlei vernünftiges Interesse haben könnte, wofür jedoch die Kl. beweisschuldig geblieben ist. Auch läßt sich dem Vortrag der Kl. nicht entnehmen, daß die Bekl. bei der Ablehnung des Begehrens der Kl. deren Interessen völlig und einseitig zurückgestellt hätte oder gar auf diese Weise versuchen würde, die Kl. “auszuhungern” bzw. zur Aufgabe der Gesellschafterstellung zu bewegen.

5. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Forderung der Kl. auf weitere Gewinnausschüttung durch eine möglicherweise vor Geltendmachung dieses Anspruchs erfolgte Aufstellung des Jahresabschlusses für das Folgejahr 1990 präkludiert sein könnte (vgl. BGH, LM § 122 Nr. 2; Schilling, in: GroßKomm. z. HGB, 4. Aufl., § 169 Rdnr. 7; Schlegelberger/Mertens, § 169 Rdnr. 10).

Schlagworte: Ergebnisverwendung, Gewinnbezugsrecht, Gewinnentnahmen, Gewinnrücklage, GmbH & Co. KG, Grundlagengeschäft, Kernbereichsrelevanz, Kommanditist, Mehrheitsklausel, Satzungsänderung, Thesaurierung, Treuepflicht