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OLG München, Urteil vom 11.01.2012 – 7 U 2253/11

BGB § 705; HGB § 161 Abs. 1

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.10.2011 – II ZR 242/09) steht es bei der treuhänderischen Zusammenfassung zahlreicher Geldgeber einer Personengesellschaft den Beteiligten frei, das Innenverhältnis so zu gestalten, als wären die Treugeber selbst Gesellschafter; diese sind dann im Innenverhältnis zur Gesellschaft als deren Gesellschafter zu behandeln.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 3.5.2011 (16 HKO 24897/10), soweit es der Klage entsprochen hat, und im Kostenpunkt aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Der Kläger begehrte in erster Instanz die Feststellung, mittelbar über die T. Beteiligungstreuhand GmbH (im Folgenden Treuhandkommanditistin) an der Beklagten beteiligt zu sein, ferner Auskunft über Höhe und Rechtsgrund aller seit 1.1.2008 aufgrund seiner mittelbaren Beteiligung bestehenden Auszahlungsansprüche sowie Zahlung nach Erteilung der Auskunft.

Der Kläger hat sich im Jahr 2000 als Treugeber mittels Treuhandvertrags mit der Treuhandkommanditistin an der Beklagten, einem geschlossenen Film-Produktions-Fonds, beteiligt. Am 23.6.2006 wurde über das Vermögen des Klägers vom Amtsgericht Köln das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Wirkung zum 1.12.2008 wurde das Verfahren wieder aufgehoben. Mit Schreiben vom 16.8.2006 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten entschieden hat, ihn aufgrund des Insolvenzverfahrens mit Wirkung zum 31.12.2006 aus der Beklagten auszuschließen. Die Treuhandkommanditistin hat infolge dessen ihre Kommanditbeteiligung an der Beklagten im Umfang des vom Kläger gezeichneten Einlagebetrages aufgelöst bzw. reduziert. Eine Kündigung des Treuhandvertrages mit der Klägerin ist durch die Treuhandkommanditistin nicht erfolgt.

Nach § 4 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten werden im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu den Treugebern die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt. Die Regelungen des Gesellschaftsvertrags sollen insoweit entsprechend für die Treugeber gelten, auch wenn die Treugeber nicht ausdrücklich erwähnt sind. Nach § 7 Ziffer 2 Buchstabe e des Gesellschaftsvertrags der Beklagten in der 2006 geltenden Fassung ist der Geschäftsführer in der Gesellschaft der Beklagten berechtigt und bevollmächtigt, einen Gesellschafter durch schriftliche einseitige Erklärung mit sofortiger oder späterer Wirkung aus der Gesellschaft auszuschließen, wenn über das Vermögen dieses Gesellschafters ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Im Treuhandvertrag zwischen dem Kläger und der Treuhandkommanditistin wird wiederholt (etwa § 1 Ziffer 1, § 2 Ziffer 2, § 4 Ziffer 1 und Ziffer 5) auf den Gesellschaftsvertrag der Beklagten Bezug genommen. Nach § 7 Ziffer 5 des Treuhandvertrages sollen die §§ 7 Ziffern 2 bis 5 und 9 Ziffern 2 bis 5 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten entsprechende Anwendung finden mit der Maßgabe, dass der Treuhandkommanditist statt einer Ausschließungserklärung eine außerordentliche Kündigung des Treuhandvertrages ausspricht.

Der Kläger ist der Meinung, nach wie vor über die Treuhandkommanditistin an der Beklagten beteiligt zu sein, weil eine Kündigung des Treuhandvertrages nicht erfolgte. Die Beklagte hielt in erster Instanz den Ausschluss des Klägers seitens ihres geschäftsführenden Gesellschafters für wirksam und beruft sich im Berufungsverfahren vor allem darauf, der Kläger sei schon deswegen nicht mehr an ihr beteiligt, weil sein vom Treuhandkommanditisten für ihn gehaltener Geschäftsanteil untergegangen sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils sowie auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landgericht hat die begehrte Feststellung ausgesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung des Feststellungsausspruchs hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausschlusserklärung des geschäftsführenden Gesellschafters der Beklagten nach § 7 Ziffer 5 des Gesellschaftsvertrags ins Leere gehe, da der Kläger nicht unmittelbarer Gesellschafter der Beklagten war und die Treuhandkommanditistin nicht ausgeschlossen wurde. Auf § 7 Ziffer 5 des Treuhandvertrages könne sich die Beklagte nicht berufen, weil dieser nur zwischen der Treuhandkommanditistin und dem Kläger gelte.

Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Ziel voll umfänglicher Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Auf die Berufung des Klägers war das angefochtene Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

1. Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht den gegenständlichen Feststellungsantrag für zulässig gehalten hat. Die Beteiligung des Klägers an der Beklagten ist schon deshalb ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, weil die über die Treuhandkommanditistin an der Beklagten beteiligten Treugeber im Innenverhältnis zur Beklagten wie Kommanditisten behandelt werden (vgl. dazu näher unten 2.). Das Feststellungsinteresse des Klägers folgt daraus, dass seine Beteiligung an der Beklagten zwischen den Parteien im Streit ist.

2. In der Sache geht das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass im vorliegenden Drei-Personen-Verhältnis die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten (Kläger-Beklagte; Kläger-Treuhandkommanditistin; Beklagte-Treuhandkommanditistin) jeweils isoliert voneinander zu betrachten sind. Die vom Landgericht für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien gezogenen Schlussfolgerungen vermag der Senat jedoch nicht zu teilen.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11.10.2011 – II ZR 242/09, zitiert nach Juris, dort Rz. 16) steht es bei der treuhänderischen Zusammenfassung zahlreicher Geldgeber einer Personengesellschaft den Beteiligten frei, das Innenverhältnis so zu gestalten, als wären die Treugeber selbst Gesellschafter. Dies ist insbesondere regelmäßig anzunehmen, wenn die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vorneherein vorgesehen ist und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Der Anleger muss die ihn betreffenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags, auf den er bei seinem Beitritt Bezug nimmt, regelmäßig so verstehen, dass die Gesellschafter damit schlüssig den Treuhandgesellschafter, mit dem er unmittelbar abschließt, bevollmächtigt haben, ihn wie einen Gesellschafter in das Gesellschaftsverhältnis einzubeziehen, soweit seine Rechtsstellung im Gesellschaftsvertrag angesprochen wird.

Nach diesen Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, war der Kläger ab Abschluss des Treuhandvertrages mit der Treuhandkommanditistin im Innenverhältnis zur Beklagten als deren Gesellschafter zu behandeln. Im Treuhandvertrag wird wiederholt auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen, in welchem die Gesellschafterstellung der Treugeber im Innenverhältnis ausdrücklich statuiert wird (dort § 4 Ziffer 2). Damit ist der Kläger durch Vertrag mit der Treuhandkommanditistin, die dabei namens und in Vollmacht aller übrigen Gesellschafter gehandelt hat, im Innenverhältnis als Gesellschafter in die Beklagte einbezogen worden.

Das hat aber zur Folge, dass auf den Kläger auch die Regelungen des Gesellschaftsvertrags über die Beendigung der Gesellschafterstellung unmittelbar anzuwenden sind. Denn es kann entgegen der Auffassung des Klägers keinem Zweifel unterliegen, dass die Frage der Beendigung einer Gesellschafterstellung das Innenverhältnis und nicht das Außenverhältnis der Gesellschaft betrifft.

Unstreitig wurde über das Vermögen des Klägers am 23.6.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das berechtigte die Beklagte nach § 7 Ziffer 2 Buchstabe e ihres Gesellschaftsvertrags, den Kläger durch schriftliche Erklärung ihres geschäftsführenden Gesellschafters aus der Gesellschaft auszuschließen. Eine entsprechende Erklärung, die den Ausschluss des Klägers zum 31.12.2006 aussprach, ist dem Kläger unstreitig zugegangen. Damit endete seine Beteiligung an der Gesellschaft am 31.12.2006.

b) Nichts anderes lässt sich aus § 7 Ziffer 5 des Treuhandvertrags des Klägers mit der Treuhandkommanditistin entnehmen. Die hieraus zu entnehmende Regelung, wonach im Falle der Insolvenz des Treugebers der Treuhänder die Kündigung aussprechen könne, bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut und der Überschrift der Bestimmung auf den Treuhandvertrag und damit auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Treuhandkommanditistin und nicht auf das hier gegenständliche zwischen den Parteien. Dass die Treuhandkommanditistin von ihrer hiernach bestehenden Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, ist somit für die hier zur Entscheidung stehende Rechtsfrage ohne Belang.

c) Nach allem ist der Kläger an der Beklagten nicht mehr beteiligt. Sein diesbezügliches Feststellungsbegehren erweist sich als unbegründet, so dass das angegriffene Urteil insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die Vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe vorliegen (§ 543 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat sich im Wesentlichen an der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert.

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Schlagworte: Gesellschafter, Mittreugeber, Personengesellschaft, Publikumspersonengesellschaft, Treugeber, Treuhand, Treuhänder, Treuhandkommanditist, Treuhandverhältnis