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OLG München, Urteil vom 18.04.2012 – 7 U 3882/11

GmbHG § 38; BGB §§ 615; 626

1. Nach § 38 Abs. 1 GmbHG kann die Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Bestellung zum Geschäftsführer
Geschäftsführer
jederzeit auch ohne Grund widerrufen werden, allerdings „unbeschadet der Ansprüche aus bestehenden Verträgen“. Dies bedeutet, dass ein Geschäftsführerdienstvertrag unmittelbar mit dem Widerruf der Organstellung nur dann endet, wenn ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorliegt und die Kündigung Frist- (§ 626 Abs. 2 BGB) und formgerecht erklärt wird.

2. Die Androhung und die tatsächliche Anrufung von Aufsichts- bzw. Strafverfolgungsbehörden kann keine Verletzung von Pflichten aus dem Dienstvertrag darstellen; hierbei handelt es sich um das selbstverständliche Recht eines jeden Staatsbürgers, der meint, dass ein Sachverhalt vorliegt, der behördliches Einschreiten rechtfertigt. Dieses Staatsbürgerrecht kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden (§§ 134, 138 BGB).

3. Hingegen stellt die Drohung mit der Einschaltung der Medien nicht nur eine grobe Ungehörigkeit, sondern einen dienstvertraglichen Pflichtverstoß vor. Es gehört zu den selbstverständlichen Pflichten eines Dienstnehmers, Interna des Dienstherrn bzw. vorliegend seines Hauptgesellschafters nicht in der Öffentlichkeit auszubreiten. Die Drohung mit einer pflichtwidrigen Handlung im Rahmen von Vertrags- bzw. Abfindungsverhandlungen stellt ihrerseits eine Pflichtwidrigkeit dar.

4. Nicht jede Vertragspflichtverletzung des Dienstnehmers vermag die außerordentliche Kündigung eines Dienstvertrages nach § 626 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen. Der Pflichtverstoß muss vielmehr unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles so schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bzw. bei befristeten Verträgen bis zum Fristablauf für den Dienstherrn unzumutbar ist (vgl. Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35 Rz. 218 m. N.).

5. Dass der gekündigte Geschäftsführer die ihm seinerseits obliegenden Dienste nicht erbracht hat, steht seinem Vergütungsanspruch nicht entgegen (vgl. § 615 BGB), wenn ihm durch die unberechtigte fristlose Kündigung die Möglichkeit genommen wurde, seine Dienstleistung zu erbringen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 615 Rz. 13 m. N.; vgl. speziell für den Dienstvertrag des Geschäftsführers einer GmbH auch Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35 Rz. 250 ff.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 38 Rz. 6).

Schlagworte: Abberufung, Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, Anstellungsvertrag, Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Einschaltung Medien, Einschaltung Strafverfolgungsbehörden, Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar, Geschäftsführer, Interessenabwägung, Kündigung, Kündigungsgrund, Pflichtverletzung, Tatsachen, Vergütung, Wichtiger Grund