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OLG München, Urteil vom 27.08.2009 – 23 U 4138/08

HGB § 119; GmbHG § 47

1. Fehlerhafte Beschlüsse sind bei der Personengesellschaft bereits nach §§ 134, 138 BGB nichtig und nicht lediglich anfechtbar (Baumbach/Hopt, aaO., § 119 Rn. 31). Einer eigenen Anfechtungsklage neben der Klage auf Feststellung, dass ein bestimmter Beschluss gefasst worden ist, bedarf es daher nicht.

2. Die den §§ 47 Abs. 4 GmbHG, 43 Abs. 3 GenG und § 181 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken, wonach sich in bestimmten Fällen des Interessenwiderstreits die Gesellschafter der Stimme zu enthalten haben, findet auch auf die Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Anwendung (BGHZ 56, 47, 52). Der Regelung des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG liegt der Gedanke zugrunde, dass von einem selbst am Geschäft beteiligten nicht zu erwarten ist, er werde bei seiner Stimmabgabe die eigenen Belange denen der GmbH nachstellen (BGHZ 51, 219, 215).

3. Der Vorschrift kann jedoch nicht der Rechtsgrundsatz entnommen werden, dass ein Stimmverbot immer schon dann eingreift, wenn ein Interessenkonflikt vorhanden ist (BGHZ 68, 107, 109). Eine solche Auslegung würde zu einem unnötig weitgehenden Eingriff in die Beschlussautonomie der Gesellschafterversammlung führen (Goette, DStR 2001, 1260, 1261). Die Bestimmungen der §§ 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbHG und § 43 Abs. 3 Satz 2 GenG schließen das Stimmrecht aber stets aus, wenn das Mitglied, der Gesellschafter oder Genosse unmittelbar auf der Gegenseite am Vertrage beteiligt ist, mag dies der Form nach auch nur mittelbar geschehen. Ist dagegen Partner des Geschäfts, über das beschlossen wird, eine juristische Person, dann ist das Stimmrecht grundsätzlich auch für ein Vereinsmitglied, einen Gesellschafter oder einen Genossen selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er Mitglied dieser juristischen Person ist. Eine Ausnahme ist allerdings wiederum dann zu machen, wenn er mit der juristischen Person, die Vertragspartner werden soll, wirtschaftlich identisch ist (BGHZ 56, 47, 53). Allein die ehelichen Bindung rechtfertigt nicht die Annahme einer wirtschaftlichen Identität (BGHZ 56, 47, 54; 80, 69, 71; BGH ZIP 2009, 1273 ff.).

4. § 47 Abs. 4 GmbHG ist in bestimmten typischen Fällen sinngemäß anzuwenden, z.B. in denen ein Gesellschafter mit einem als Geschäftsgegner der GmbH in Aussicht genommenen fremden Unternehmen zwar rechtlich nicht identisch, wohl aber wirtschaftlich so stark verbunden ist, dass man sein persönliches Interesse dem dieses Unternehmens völlig gleichsetzen kann (BGHZ 68, 107, 109).

5. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich das Stimmrecht tatsächlich zum Nachteil der Gesellschaft wahrgenommen wurde, ist nicht entscheidend; es kommt vielmehr darauf an, ob typischerweise nicht angenommen werden kann, dass der Betroffene der Versuchung erliegt, seine Interessen zum Schaden der Gesellschaft voranzustellen (Goette, DStR 2001, 1260, 1261; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 47 Rn. 76).

6. Voraussetzung für den Stimmrechtsausschluss ist dabei nicht, dass der Beschluss das Rechtsgeschäft selbst vornimmt, er muss es lediglich betreffen (Zöllner in Baumbach/Hueck, aaO., § 47 Rn. 91).

7. Zwar nimmt das Gesetz nur dem Gesellschafter das Stimmrecht, gegen den die gerichtliche Geltendmachung von ErsatzansprüchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Geltendmachung von Ersatzansprüchen
beschlossen werden soll. Das schließt aber nicht aus, § 47 Abs. 4 GmbHG in vergleichbaren Fällen sinngemäß anzuwenden, wenn nämlich das Interesse und somit auch das Ausmaß des Interessenkonflikts für mehrere Gesellschafter identisch ist. In diesem Zusammenhang kommt der weitere in § 47 Abs. 4 GmbHG zum Ausdruck gekommene Grundgedanke des Stimmverbots zum Tragen, dass nämlich ein Gesellschafter nicht Richter in eigener Sache sein darf. Als solcher ist der Gesellschafter nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GmbHG von der Abstimmung ausgeschlossen, wenn es um seine Entlastung, also Billigung oder Missbilligung seiner Geschäftsführung geht. Das an diesem Fall einer Interessenkollision geknüpfte Stimmverbot ist über den Gesetzeswortlaut hinaus für alle Gesellschafterbeschlüsse generalisierungsfähig, die darauf abzielen, das Verhalten eines Gesellschafters ähnlich wie bei der Entlastung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zu billigen oder zu missbilligen. Um diese Frage, also um Billigung und Missbilligung, geht es regelmäßig auch, wenn die Gesellschafter beschließen, ob sie einen Mitgesellschafter wegen einer Pflichtverletzung zur Rechenschaft ziehen oder nicht (BGHZ 97, 28, 33).

8. Die bloße Beteiligung eines befangenen Dritten an einer Gesellschafter-Gesellschaft genügt zwar alleine grundsätzlich nicht, um ein Stimmverbot begründen zu können (Karsten Schmidt in Scholz, aaO. § 47 Rn. 160). Ein Stimmrechtsausschluss ist aber dann anzunehmen, wenn der vom Stimmverbot betroffene Gesellschafter maßgeblich das Abstimmungsverhalten der Gesellschaft zu bestimmen vermag (Karsten Schmidt in Scholz, aaO. § 47 Rn. 160, Zöllner in Baumbach/Hueck, aaO., § 47 Rn. 96 f; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. § 47 Rn. 35).

Schlagworte: Beschlussmängel, Entlastung der Geschäftsführer, Nichtigkeitsgründe, Personengesellschaftsrecht, Stimmrechtsausschluss