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OLG Naumburg, Urteil vom 20.04.2012 – 10 U 24/10.Hs, 10 U 24/10 (Hs)

GmbHG §§ 60, 61

1. Die mit einer Klage nach §§ 60 Abs. 1 Nr. 3, 61 Abs. 1 GmbHG verfolgte Auflösung einer GmbH kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn mildere Mittel zur Beseitigung etwa vorhandener erheblicher Gesellschaftsprobleme zur Verfügung stehen (Subsidiarität).

2. Ist zwischen den Gesellschaftern eine tiefgreifende unheilbare Zerrüttung anzunehmen, die die Fortsetzung der Gesellschaft unter den bisherigen Gesellschaftern unzumutbar macht, und die nicht durch Ausschließung eines Gesellschafters oder durch Einziehung seines Geschäftsanteils behoben werden kann, ist ein milderes Mittel statt einer Auflösung nicht erkennbar.

3. Persönliche Gründe in der Person der Gesellschafter selbst sind für sich genommen im Regelfall nicht geeignet, eine Auflösungsklage zu stützen. Besteht aber zwischen den Gesellschaftern ein tiefgreifendes und offensichtlich unheilbares Zerwürfnis, das die Willensbildung in der Gesellschaft auf Dauer blockiert und ganz offensichtlich eine Verständigung über wesentliche, für die Fortführung der Gesellschaft zentrale Fragen nicht mehr möglich macht, so begründet dies einen wichtigen Grund für eine Auflösung.

4. Bei einer abschließenden Beurteilung des wichtigen Grundes sind allerdings stets schutzwürdige Interessen der übrigen Gesellschafter mitzuberücksichtigen. Dies folgt aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die auch zwischen Gesellschaftern einer GmbH besteht (dazu schon BGHZ 9, 157 [163]). Die Auflösungsklage kann danach keinen Erfolg haben, wenn den Belangen des Auflösungsklägers in einer für ihn zumutbaren Weise durch eine für die anderen Gesellschafter weniger einschneidende Maßnahme Rechnung getragen werden kann. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Auflösungskläger die Möglichkeit hat, seine Beteiligung zum vollen, nicht hinter dem voraussichtlichen Liquidationserlös zurückbleibenden Wert zu veräußern. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das dem Auflösungskläger zufließende Entgelt dem vollen Verkehrswert seines Anteils entspricht und jedenfalls nicht hinter dem Betrag zurückbleibt, der ihm im Falle der Liquidation zufließen würde.

5. Lassen sich insoweit keine sicheren Feststellungen treffen, so geht dies zu Lasten derjenigen Gesellschafter, die diese Tatsachen darlegen und beweisen müssen, aus denen sich ergibt, dass das grundsätzlich gerechtfertigte Auflösungsverlangen treuwidrig ist (zu alledem schon BGH, Urteil vom 15. April 1985 – II ZR 274/83 m. w. N.).

6. Der Streitwert der Auflösungsklage ist gemäß §§ 47, 48 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO mit dem nominellen Wert des Gesellschaftsanteils des Auflösungsklägers festzusetzen, wenn dieser keine messbaren wirtschaftlichen Vorteile durch die Auflösungsklage hat und der Auflösungskläger andererseits auch keine messbaren wirtschaftlichen Nachteile für sich selbst durch einen etwaigen Fortbestand der GmbH angegeben hat (dazu Dr. Schneider in MDR 1989, 300 ff. [303] m. w. N.).

7. Die Auflösungsklage gibt dem Auflösungskläger keinen vollstreckbaren Titel auf das Auseinandersetzungsguthaben.

Schlagworte: Auflösung, Auflösungsklage, Auseinandersetzung, Ausschluss, Darlegungs- und Beweislast, Einziehung, Fortsetzung, Gesamtwürdigung, Interessenabwägung, Liquidationswert, Rechtsmissbrauch, Streitwert, Treuepflicht, Wichtiger Grund