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OLG Nürnberg, Urteil vom 25.08.1999 – 12 U 430/99

§ 241 Nr.4 AktG

1. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen einen Gesellschafterbeschluß fehlt, wenn die Aufhebung des Beschlusses die Sach- oder Rechtslage nicht mehr zu ändern vermag, etwa weil der Beschluß folgenlos aufgehoben oder mangelfrei wiederholt worden ist.

Nimmt man an, daß der Stichentscheid vom 12. Juni 1998 einen bestätigenden Beschluß darstellt, wogegen spricht, daß bestätigende Beschlüsse i.d.R. der „Heilung“ (potentiell) fehlerhafter Beschlüsse (Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 45 RN 32) dienen, solche hier aus der Sicht des Beirates jedoch nicht vorliegen, so ergibt sich das Erfordernis der Anfechtung zur Vermeidung der Bindungswirkung aus der analogen Anwendung von § 244 Satz 1 AktG.

2. Wenn während des Rechtsstreits über einen potentiell fehlerhaften Beschluß ein wiederholender Beschluß gefaßt wird, wird dieser nicht ohne weiteres Gegenstand des Rechtsstreites, sondern erst nach Klageänderung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem wiederholenden Beschluß um einen Bestätigungsbeschluß iSd AktG § 244 oder um eine Neuvornahme handelt.

3. Wird ein Beschluß zur Bestimmung des Abstimmungsverhaltens der Gesellschaft bei einer Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft über die Abberufung und Neubestellung von Geschäftsführern gefaßt, bedarf dieser Beschluß keiner qualifizierten Mehrheit. Die Abberufung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft tangiert nämlich nicht das nur mit qualifizierter Mehrheit entziehbare Sonderrecht, zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der herrschenden Gesellschaft bestellt zu werden.

4. Wenn der Geschäftsführer der abhängigen und der herrschenden Gesellschaft eine Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft vorbereitet, die zu einer deutlichen Veränderung der Kapitalanteile zum Nachteil der herrschenden Gesellschaft führt, liegt darin ein wichtiger Grund für seine Abberufung.

5. Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung sind entsprechend § 241 Nr. 4 AktG dann nichtig, wenn sie durch ihren Inhalt gegen die guten Sitten verstoßen. Beschlüsse, bei denen nicht der eigentliche Beschlußinhalt, sondern nur Beweggrund oder Zweck unsittlich sind, oder bei denen die Sittenwidrigkeit in der Art des Zustandekommens liegt, sind lediglich anfechtbar. Insbesondere ist allgemein anerkannt, daß ein sittenwidriger Machtmißbrauch im Abstimmungsverfahren keine Nichtigkeit begründet. Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn der Beschluß in unverzichtbare Rechte des Gesellschafters eingreift oder Gläubiger schädigt, weil diese im Gegensatz zum Gesellschafter kein Anfechtungsrecht haben (BGHZ 101, 116). Der Stichentscheid vom 12. Juni 1998 greift nicht in unverzichtbare Rechte des Klägers ein. Als Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten verliert er keine ihm durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag verliehenen und unverzichtbaren Rechte. Die vom Kläger behaupteten Treupflichtverletzung und Ungleichbehandlung würden allenfalls zur Anfechtbarkeit führen. Dies gilt auch, soweit der Kläger behauptet, in Ausführung des Stichentscheides würden bei der P-C GmbH als abhängiger Gesellschaft wirtschaftliche Nachteile entstehen. Eine Verletzung der Treupflicht des herrschenden Unternehmens könnte zwar zu einer Anfechtbarkeit entsprechender Beschlüsse führen (Scholz/Emmerich, a.a.O., Anh. Konzernrecht, RN 157), nicht aber zur Nichtigkeit.

Schlagworte: Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis bei Bestätigung und Neuvornahme des Gesellschafterbeschlusses, Arten des Bestätigungsbeschlusses, Auswirkung des Bestätigungsbeschlusses auf Anfechtungsklage, Beschlussinhalt allein maßgebend und nicht sittenwidrige Motive, Bestätigung, Bestätigung anfechtbarer Beschlüsse, Bestätigung bei fehlerhafter Feststellung des Abstimmungsergebnisses, Bestätigung von Beschlüssen, Bestätigungsbeschluss, Bestätigungsbeschluss nach § 244 Satz 1 AktG, Grundsätzliche Anfechtbarkeit, Neufassung anfechtbarer Beschlüsse, Sittenwidrige Beschlüsse nach § 241 Nr. 4 AktG analog, Sittenwidrige Schädigung nicht anfechtungsbefugter Dritter, Voraussetzungen an Bestätigungsbeschluss, Wiederholender Beschluss