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OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.02.2012 – 12 W 2361/11

HGB §§ 13d ff.; GmbHG § 4a; UmwG §§ 122a ff., 190 ff.; AEUV Artt. 49, 54

1. Die Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes einer ausländischen Kapitalgesellschaft (hier: Société à responsabilité limitée luxemburgischen Rechts) nach Deutschland unter identitätswahrendem Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft deutschen Rechts (hier: GmbH) ist nach deutschem Sachrecht unzulässig. Denn das deutsche Gesellschaftsrecht kennt eine derartige grenzüberschreitende Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes unter identitätswahrendem Formwechsel nicht (vgl. J. Mayer in: MünchKomm-GmbHG, §4a Rn. 21 ff., 66 ff.). Hierfür ergibt sich auch nichts aus § 4a GmbHG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG).

2. Die Zulässigkeit einer solchen grenzüberschreitenden Sitzverlegung bestimmt sich nach dem Kollisions- und dem Sachrecht sowohl des Wegzugs- als auch des Zuzugsstaates (Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 5. Aufl. 2010, IntGesR, Rn. 519). Daher gilt dies auch dann, wenn das Sachrecht des Gründungsstaates eine solche Sitzverlegung zuließe.

3. Eine allgemeine, gemeinschaftsrechtliche Regelung der grenzüberschreitenden Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften besteht nicht. Vielmehr wurden die Arbeiten an der entsprechenden „Vierzehnten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie über die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes von Kapitalgesellschaften“ im Oktober 2007 eingestellt (vgl. Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 5. Aufl. 2010, IntGesR, Rn. 61 und 62 m.w.N.). Mangels rechtlicher Grundlage hierfür ist damit eine identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung einer ausländischen Gesellschaft nach Deutschland unter gleichzeitigem entsprechendem Statutenwechsel nicht möglich. Eine andere Beurteilung des vorliegenden Falles ist auch weder durch die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften (Art. 49 und 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV [vormals Art. 43 und 48 EGV]) noch durch die diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH geboten. Insbesondere folgt aus der von der Beschwerde angeführten „Cartesio“-Entscheidung des EuGH vom 16.12.2008 (Rechtssache C-210/06, Slg 2008 I – 9641 = NJW 2009, 569) nichts anderes.

4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in einem solchen Fall die zuziehende Gesellschaft nach deutschem Recht als rechtsfähige Personengesellschaft zu behandeln (BGH, Urteil vom 01.07.2002 – II ZR 380/00, BGHZ 151, 204 = NJW 2002, 3539; Urteil vom 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 = NJW 2009, 289 – Trabrennbahn).

Schlagworte: Formwechsel, Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft, Satzungs- und Verwaltungssitz, Sitzverlegung