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Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 30.09.2009 – 5 U 52/09

§ 123 BGB, § 280 BGB, § 311 Abs 2 BGB, § 488 BGB, § 9 Abs 1 VerbrKrG, § 9 Abs 3 VerbrKrG

1. Ein Anleger kann sich in Fällen institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der Bank berufen, wenn er bei Vertragsschluss durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. im Fondsprospekt arglistig getäuscht wurde. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers bzw. Fondsinitiators bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falls objektiv evident ist, so dass sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis von der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH, Urteil vom 24. März 2009, XI ZR 456/07, WM 2009, 1028-1032, Tz. 36).

2. Die „objektive Evidenz“ einer arglistigen Täuschung ist für eine Beweiserleichterung in Form einer widerleglichen Vermutung unverzichtbar. Was unter einer „evident grob falschen Angabe im Prospekt“ zu verstehen ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und damit keine zu generalisierende Rechtsfrage. Eine Differenz zwischen einer der Bank vorliegenden Baukostenschätzung eines Planungsbüros und den im Verkaufsprospekt ausgewiesenen Baukosten von ca. 30 % (hier ca. 4,5 Mio DM) reicht für eine objektiv evidente Falschangabe nicht aus. Toleranzen zwischen einer Kostenschätzung und den tatsächlichen Baukosten sind bei einem Großbauprojekt (hier: Büro- und Geschäftshaus mit Tiefgarage auf gut 5.000 qm) in einem Bereich von 25-30 % hinnehmbar.

Schlagworte: Anlageberatung und Prospekthaftung, Aufklärungspflicht, Publikumsgesellschaft, Publikumspersonengesellschaft