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OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.02.1997- 20 W 11/97

einstweilige Verfügung

§ 38 GmbHG, § 47 Abs 1 GmbHG, § 47 Abs 4 GmbHG, § 935 ZPO, § 940 ZPO

1. Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung, setzt eine eindeutige Rechtslage oder ein überragendes Schutzbedürfnis zugunsten des Antragstellers voraus. Selbst dann ist eine solche Verfügung nur zulässig, wenn sie nicht am Gebot des geringstmöglichen Eingriffs scheitert (Anschluß OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, 1992-07-06, 8 w 18/92, GmbH-Rdsch 1993, 163).

Die frühere herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur hat den Erlaß einer einstweiligen Verfügung vor Beschlußfassung grundsätzlich mit der Begründung abgelehnt, die Einwirkung auf die Beschlußfassung stelle einen endgültigen Zustand deshalb her, weil der Beschluß im Fall der Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht nachträglich zur Entstehung gelangen könne (OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
BB 1982, 274; OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Celle
, GmbHR 1981, 264; Semler BB 1979, 1536 jeweils m.w.N.). Nach der nunmehr wohl überwiegenden Meinung fehlt es regelmäßig an den Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung, da selbst bei Bevorstehen eines die materielle Rechtsposition eines Gesellschafters mißachtenden Beschlusses sich der betroffene Gesellschafter in der Regel mit einer nachträglichen Beschlußanfechtung behelfen könne. Nur bei eindeutiger Rechtslage oder in Fällen eines besonderen Schutzbedürfnisses könne eine einstweilige Verfügung in Betracht kommen (OLG Stuttgart NJW 1987, 2449; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
GmbHR 1993, 163; OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
NJW 1992, 186 = ZIP 1991, 1428 = GmbHR 1991, 467; Scholz/Karsten Schmidt, 8. Aufl., GmbHG, § 45 Rz. 183; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 47 Rz. 6; Oppenländer DStR 1996, 922, 926 m.w.N.; weiter einschränkend auch OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Koblenz
v. 25.10.1990 – NJW 1991, 1119 = GmbHR 1991 21 = DB 1990, 2413: nur bei besonderen Umständen; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
GmbHR 1993, 161: nur bei besonders schwerwiegenden Beeinträchtigungen; Baumbach/Hueck/Zöller, 16. Aufl., GmbHG Anhang § 47 Rz. 93 k: grundsätzlich keine Einwirkung im Wege der eV auf die Beschlußfassung einer Gesellschafterversammlung).

Der Senat hält mit der Entscheidung des OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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a.a.O. dafür, daß der Erlaß einer einstweiligen Verfügung zwar einerseits voraussetzt, daß zugunsten des Antragstellers eine eindeutige Rechtslage oder ein überragendes Schutzbedürfnis besteht; andererseits ist freilich zusätzlich zu prüfen, ob die einstweilige Verfügung nicht am Gebot des geringstmöglichen Eingriffs scheitert. So bleibt im Ergebnis zu fragen, ob dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, zunächst die Gesellschafterversammlung und den von ihm erwarteten Gesellschafterbeschluß abzuwarten und sich erst dann im Wege einer einstweiligen Verfügung gegen den Vollzug dieses Beschlusses zu wehren (vgl. auch die Anmerkung Michalski zu OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbHR 1993, 164).

Für die Frage der Zumutbarkeit ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die drohende Entwicklung irreversibel wäre und die Versagung des einstweiligen Rechtschutzes faktisch deshalb auf eine Rechtsverweigerung in der Hauptsache hinauslaufen würde (s. v. Gerkan ZGR 1985, 170, 175).

2. Da die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund im Falle einer GmbH, an der nur zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt sind, nicht bis zur Feststellung der Unwirksamkeit wirksam ist, kann es dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugemutet werden, die drohende Abberufung abzuwarten und ggf anzufechten.

Zumindest bei der hier in Rede stehenden Abberufung eines hälftig beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH ist es nach Auffassung des Senats – auch mangels besonderer Umstände des Einzelfalles – zumutbar, den Antragsteller darauf zu verweisen, er könne sich immer noch nachträglich gegen den Beschluß wehren. Der Antragsteller geht nämlich schon zu Unrecht davon aus, seine erwartete Abberufung werde in jedem Fall sofort wirksam. § 84 Abs. 3 S. 4 AktG ist aber jedenfalls dann nicht auf die GmbH übertragbar, wenn an dieser nur zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt sind, einer von ihnen oder beide zu Geschäftsführern bestellt sind und der Widerruf der Bestellung nicht einem anderen Organ als der Gesellschafterversammlung übertragen ist (BGHZ 86, 177, 181 m.w.N.). So liegt der Sachverhalt hier. Die Wirksamkeit der Abberufung hängt in diesen Fällen von der objektiven Rechtslage ab (s. auch Oppenländer DStR 1996, 922, 925). Ist die Abberufung unberechtigt, hat der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretungsmacht nie verloren (Vorwerk GmbHR 1995, 269). Liegt – wie vom Antragsteller dargetan – tatsächlich ein wichtiger Grund nicht vor, so wäre seine Abberufung nicht wirksam (s. auch OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
NJW-RR 1993, 1505 = GmbHR 1993, 154).

In diesen Fällen muß die vorläufige Unsicherheit über die Wirksamkeit der Abberufung hingenommen werden (Scholz/Schneider, a.a.O. § 38 Rn. 67). Bei zu befürchtenden Beeinträchtigungen kann sich ggf. der berufene Geschäftsführer im einstweiligen Verfügungsverfahren die volle Weiterführung seiner Tätigkeit sichern (s. Baumbach/Hueck/Zöller, a.a.O. § 38 Rn. 36; Oppenländer DStR 1996, 926; Vorwerk GmbHR 1995, 269 m.w.N.). Anders als die Einwirkung auf die Beschlußfassung wird die Verhinderung des Vollzugs von Beschlüssen im Wege des einstweiligen Rechtsschutz im Grundsatz allgemein anerkannt (siehe auch Damm ZHR 154, 437; Michalski GmbHR 1991, 13).

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