Einträge nach Montat filtern

OLG Stuttgart, Urteil vom 11.05.1983 – 4 U 6/83

BGB § 125

Ein satzungswidrig nicht protokollierter Gesellschafterbeschluss ist unwirksam.

In § 10 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages der V ist bestimmt, daß über die Verhandlungen in der Gesellschafterversammlung vom Leiter der Versammlung ein Protokoll anzufertigen ist, das von allen anwesenden Gesellschaftern zu unterzeichnen ist. Das ist für die Gesellschafterversammlung vom 10.9.1979 nicht geschehen mit der Folge, daß die unaufklärbare Ungewißheit besteht, ob die vorgesehene Geschäftsführerbestellung nur als gemeinsame Absicht oder bereits als konstitutiver Gesellschafterbeschluß festgestellt wurde. In dieser Situation ist in entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB davon auszugehen, daß der Beschluß nicht gefaßt ist, bis die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Protokollierung erfolgt ist.

Zwar begründet die mangelnde Protokollierung keinen Formmangel im Sinne des § 125 S. 2 BGB (RGZ 122, 359 und Baumbach-Hueck Anm. 1 E zu § 48 GmbH-Gesetz). Wenn auf andere Weise als durch Protokollierung geklärt wäre, daß die Gesellschafter die Bestellung von K zum Geschäftsführer am 10.9.1979 als hiermit gefaßten Beschluß festgestellt haben, wäre das trotz § 125 BGB wirksam. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Zeugen K und S konnten nur bekunden, daß man sich darauf geeinigt habe, K zum Geschäftsführer zu bestellen, und daß sie der Rechtsmeinung seien, das sei bereits der erforderliche Gesellschafterbeschluß gewesen. Daran, daß das bereits 1979 die Rechtsmeinung der beiden Zeugen war, bestehen angesichts des späteren Verhaltens der GmbH und insbesondere des Zeugen K anläßlich der Abtretung an die Klägerin erhebliche Zweifel. Insbesondere ist aber zu berücksichtigen, daß keine Anmeldung ans Handelsregister erfolgte und daß die gem. § 39 Abs. 2 GmbH-Gesetz erforderliche Urkunde über die Bestellung nicht gefertigt wurde. Insbesondere Letzteres hätte die Protokollierung ersetzen können.

Es bleibt daher nichts anderes, als auf die Auslegungsregel zurückzugreifen, die für Verträge in § 154 Abs. 2 BGB gesetzlich festgelegt ist. Ihre analoge Anwendung auf Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH, für die der Gesellschaftsvertrag ein Protokoll vorschreibt, ist mindestens dann gerechtfertigt, wenn es sich um Beschlüsse handelt, die wie die Geschäftsführerbestellung zur Vermeidung von schweren Nachteilen für alle Beteiligten klar sein müssen. Wenn weder die Gesellschafter noch Geschäftspartner der GmbH volle Klarheit darüber haben, wer die Gesellschaft als Geschäftsführer vertreten darf, können die Folgen unabsehbar sein, wobei der Schutz Dritter durch § 15 HGB, wie der Fall zeigt, nur unvollkommen ist. Es ist Sinn der Protokollierungsvorschrift des Gesellschaftsvertrages, die erforderliche Klarheit zu gewährleisten, und das rechtfertigt die analoge Anwendung des § 154 Abs. 2 BGB gerade dann, wenn die Protokollierungsvorschrift Beweiszwecken dient.

Schlagworte: Gesellschafterbeschluss, Gesellschaftsvertrag, Nichtigkeitsgründe, Verstoß gegen Beurkundungspflichten laut Satzungsvereinbarung