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OLG Stuttgart, Urteil vom 15.02.2012 – 3 U 115/11

ZPO §§ 50 ff.; 66 ff.; BGB §§ 49, 51

1. Der Beitritt zum Rechtsstreit kann mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden werden (§§ 66 Abs. 2, 70 Abs. 1 S. 1 ZPO). Er muss allerdings den inhaltlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 S. 2 ZPO genügen. Danach muss ein Beitrittsschriftsatz die Bezeichnung der Parteien, insbesondere derjenigen, auf deren Seite der Beitritt erfolgen soll und des Rechtsstreits, an dem der Beitretende sich beteiligen will, die bestimmte Angabe des Interesses, das dem Beitritt zugrunde liegt, sowie die Erklärung des Beitritts enthalten. Die Erklärung nach § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO muss nicht wörtlich oder ausdrücklich erfolgen, vielmehr kann eine im Sinne nach eindeutige Äußerung genügen (BGH NJW 1994, 1537). Eine Auslegung hat sich an dem Grundsatz auszurichten, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH NJW 1994, 1537; BGH NJW 1996, 2799).

2. Der Annahme eines Interventionsinteresses steht nicht entgegen, dass der Streithelfer (hier Organ der Beklagten) das Ziel einer Abweisung der Klage auch durch eine Vertretung der Beklagten im Prozess verbunden mit der Einlegung von Einspruch und gegebenenfalls auch Berufung hätte verfolgen können.

3. Die rechtliche Existenz und damit die Parteifähigkeit der an einem Rechtstreit beteiligten Partei ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in den Rechtsmittelinstanzen, von Amts wegen zu prüfen ist und ohne die ein Sachurteil nicht ergehen darf. Eine Prozesspartei, deren Prozessfähigkeit im Streit steht, ist zur gerichtlichen Klärung dieser Frage als parteifähig zu behandeln (BGH NJW-RR 1986, 394). Die Berufung einer nicht existenten Partei gegen ein in erster Instanz ergangenes Sachurteil ist danach nicht nur dann zulässig, wenn die Partei mit der Berufung das Fehlen der Parteifähigkeit geltend macht, sondern auch dann, wenn sie das Rechtsmittel mit dem Ziel eingelegt hat, ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes Sachurteil zu erreichen (BGH, Beschluss vom 31.05.2010 – II ZB 9/09 in NZG 2010, 875). Damit kann auch ein gegen eine nicht existente Partei ergangenes, grundsätzlich wirkungsloses Urteil durch Rechtsmittel beseitigt werden.

4. Wird ein Verein wegen Vermögenslosigkeit im Vereinsregister gelöscht, verliert er seine Parteifähigkeit, sodass eine gegen ihn gerichtete Klage unzulässig ist (vgl. BGH NJW 1979, 1592). Die Parteifähigkeit einer Partei, deren Existenz und damit Parteifähigkeit streitig ist, ist jedenfalls insoweit gegeben als dies zur Klärung der Parteifähigkeit in einem Rechtsstreit erforderlich ist, etwa wenn die Partei in dem gegen sie gerichteten Prozess ihre Nichtexistenz geltend macht (BGH NJW 2008, 527).

5. Zur Vollbeendigung eines Vereins ist nicht nur die Löschung im Vereinsregister erforderlich. Hinzu kommen muss zumindest, dass das Aktivvermögen verteilt ist (sogenannte Lehre vom Doppeltatbestand, vgl. MüKo-Reuter, BGB, 5. Aufl. 2006, § 49 Rn. 19). Die Liquidation erfolgt in der Weise, dass zunächst die bekannten Gläubiger aus dem Vereinsvermögen zu befriedigen sind und nach Ablauf des in § 51 BGB bestimmten Sperrjahres die „Ausantwortung“ der den regelmäßig in der Satzung bestimmten Anfallberechtigten zustehenden Anteile am verbleibenden Vermögen erfolgt. Erhalten etwa die Anfallberechtigten bereits vor Ablauf des Sperrjahres Zuwendungen, ist diese ohne Rechtsgrund erfolgt und kann vom „Liquidationsverein“ kondiziert werden. In einem solchen Fall dürfte ein Verein noch über verteilbares Vermögen verfügen.

Schlagworte: Beitritt, Liquidation, Nebenintervention, Prozessfähigkeit, Vereinsvorstand, Vermögenslosigkeit